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Lars Eidinger in Diensten Bert Brechts

Von Peter Grubmüller, 29. Jänner 2024, 00:04 Uhr
Lars Eidinger in Diensten Bert Brechts
Lars Eidinger Bild: PETRA MOSER

Nach 65 Minuten entschuldigte sich Lars Eidinger, weil er in weißem Leiberl und Jogginghose vor sein Publikum getreten war: "Das ist kein Berliner Understatement, nur die Verlegenheit, dass mein Koffer noch in Frankfurt steht."

Machen wir’s kurz, im ausverkauften Linzer Schauspielhaus war es am Freitag allen wurscht, in welchem Kostüm der 48-jährige Bühnen- und Filmstar seine Aufwartung machte. Hauptsache, "der Eidinger ist da"!

Der quirligste "Jedermann" (2021–22) aller Salzburger Sommer und für seinen Richard III. auf Händen getragene Ensemble-Spieler der Berliner Schaubühne ist mitunter verdächtig, bloß den Eidinger zu spielen. In Linz tritt er ein, zwei Schritte zurück, um Bertolt Brecht und seinen unter dem Titel "Hauspostille" zusammengefassten Versen die Bühne zu überlassen. Vor einer vertikalen grünen Fläche liest und singt Eidinger in der ihm eigenen Intensität, ohne sich über Brecht zu erheben. Ihm zur Seite hat Hans-Jörn Brandenburg blendend geschärfte Sinne für die Vertonung von Brechts Wort und Sinn: Zart bis hart wechselt der Bühnenkomponist von Theater-Kapazundern wie Frank Castorf, George Tabori und Robert Wilson von Elektroorgel zu Piano, Cembalo oder Melodica, wenn der Abend zur einzigen Zugabe "Kinderhymne" einbiegt, die sich stufenlos in eine Woge von John Lennons "Imagine" einfügt. Eidinger endet mit den Worten "I hope some day you’ll join us".

Bis das wie im Flug vergangene Programm ebendort aufschlägt, läutet Michael Jackson den "Choral vom großen Baal" ein. Brechts "Lob des Kommunismus" hat die Menge aufgewärmt, weil die Tatsache, dass die da unten mehr sein müssen als die da oben – sonst kippt die Kapitalismus-Schaukel –, erfährt auch ob Inflation und Energieteuerung gewisse Wahrhaftigkeit.

Brecht inszenierte sich als Anarchist mit Zigarre. Bei manchen Texten fragt man sich, was der Mann ob verwesender Leichen und Körperausscheidungen sonst so geraucht haben mag. Aber wie Eidinger/Brandenburg zwischen diese Gedanken "The Fool on the Hill" von den Beatles einflechten, gehört zu den großen Kunststückerln dieses starken Abends. Langer Applaus.

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Autor
Peter Grubmüller
Ressortleiter Kultur
Peter Grubmüller

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