Leichtfüßige "Gräfin Mariza" auf Schloss Zell
Die Pramtaler Sommeroperette lädt zu nostalgischer Unterhaltungskunst.
Nach einjähriger Zwangspause schenkt auch der Wettergott der Pramtaler Sommeroperette seinen Segen: Im idyllischen Innenhof von Schloss Zell an der Pram wird mangels Chor (aus Sicherheitsgründen) das Publikum zum freudig fähnchenschwingenden Empfangskomitee für "Gräfin Mariza". Emmerich Kálmáns Operette lädt als pausenlos gestraffte Version der Koproduktion mit dem Theater an der Rott zum dennoch klar nachvollziehbaren und kurzweiligen Abend.
Regisseurin Elke Maria Schwab belässt das Werk in seiner Zeit, versieht aber manches mit einem Fragezeichen, etwa das Wort "Zigeuner". Kann sich politische Korrektheit auch ad absurdum führen? Ihre Gräfin Mariza hat im wahrsten Wortsinn die Hosen an. Ihre "Verlobung auf Distanz" ist nicht Corona geschuldet, sondern ihrer Flucht vor zudringlichen Verehren. Doch dann steht der erfundene Verlobte – welch fatale Namensgleichheit – leibhaftig vor ihr: Baron Koloman Zsupan, dem aus Strauss’ "Zigeunerbaron" entlehnten "Schweinefürsten", zollt Ausstatter Florian Angerer in den Ferkeln Referenz, die anstelle antiker Götterstatuen das herrschaftliche, nostalgische Bühnenbild zieren.
Csardas-Feuer und Melancholie
Auch der verarmte Graf Tassilo hat zu einer List gegriffen: Als Gutsverwalter inkognito will er bei der Gräfin die Mitgift für seine Schwester verdienen, die – welch Zufall – der Gräfin Vertraute ist. Man ahnt, was kommen muss, bis die richtigen Paare zueinander gefunden haben.
Gerald Karl entzündet am Pult der sINNfonietta den musikalischen Funken, den das Salonorchester als ungarisches Csardas- Feuer lodern, aber auch im Glut der Melancholie schwelen lässt.
Auf der Bühne in Spiel- und Sangesfreude entflammt ist das Ensemble: Eva Maria Kumpfmüller vereint als charismatische Gräfin Mariza eine große Stimme mit Temperament und Charme. Gleich und gleich gesellt sich gern: Roman Pichler erobert als galanter stattlicher Graf Tassilo ihr Herz. Zum zweiten glücklichen Paar werden Frauke Burg als quirlig frische Lisa und Intendant Harald Wurmsdobler als geschäftstüchtiger Baron Zsupan. Auch Martin Kiener umgarnt als Fürst Populescu die Gräfin wie die Motte das Licht. Michael Zallinger gibt Tassilos vornehm näselnden Freund Liebenberg. Dem adeligen Tross gegenüber stehen Franziska Blaß als geheimnisvolle "Manja" – und am Ende als von der Regie etwas zu überzeichnete Fürstin – an der Seite von Flamenco-Tänzer Elias Morales Pérez als Berko, der mit seinem Bruder Daniel auch den choreografischen Part innehat. Und, ja, man darf sie "Zigeuner" nennen. Nicht im Märchenland, sondern "im echten Leben" sucht und findet die Gräfin an Tassilos Seite schließlich ihr Glück. Also fast wie im echten Leben.
Das Publikum darf hingegen knappe hundert Minuten eintauchen in einen märchenhaften Abend, der leichtfüßig mit einem hochkarätigen Ensemble durch die Unterhaltungskunst spaziert.
Fazit: Eine straffe, kurzweilige "Gräfin Mariza" mit Nostalgie-Flair und hochkarätigem Ensemble.
Alle Infos
- Spieltage: noch am 18., 19. und 25. Juni, je 19.30 Uhr, und am 20., 26. und 27. Juni, je 18 Uhr (unter freiem Himmel im Innenhof, bei Regen im Festsaal)
- Karten: am Landestheater Linz, 0732/76 11-400 und auf der Website unter www.sommeroperette.at
- Operetten-Dinner: Buchungen unter 0732 / 7720-51200 und www.schloss-zell.at