Schwieriges, das bis zur letzten Sekunde faszinierte
Cellistin Julia Hagen und das City of Birmingham Symphony Orchestra begeisterten im Brucknerhaus.
Ein gut zweieinhalb Stunden langes, nicht einfaches Programm präsentierte das City of Birmingham Symphony Orchestra unter seiner Chefdirigentin Mirga Grazinyte-Tyla am Donnerstag dem Abonnementpublikum. Dennoch gelang es, die Spannung bis zur letzten Minute zu halten und zu faszinieren.
Mieczyslaw Weinberg, der mit 21 vollendeten Werken zu den großen Symphonikern des 20. Jahrhunderts zu zählen ist, hat eine abenteuerliche Biographie, die von Flucht, Unterdrückung, ständiger Angst um das Leben und künstlerischer Einschränkung gekennzeichnet ist. Ähnlich der Situation seines Mentors und Freundes Dmitri Schostakowitsch, der durch die unvorhersehbaren Klippen eines totalitären Regimes navigierte und sich auf verblüffende Weise innere Freiräume schuf. So auch in seinem zweiten Cellokonzert, das nachdenklich in einer nostalgischen Grundstimmung schwelgt.
Julia Hagen war die ideale Interpretin, die den technisch herausfordernden Solopart großartig in Klang und Emotion transformierte und jene düstere Stimmung evozierte, die genauso die Facetten des menschlich Herzlichen zeigt. Ein Werk, das unglaublich schwer – auch für das Orchester – zu realisieren ist, aber diesmal restlos überzeugte. Das lag nicht nur an der überragenden Musikalität von Julia Hagen, sondern auch am präzisen, äußerlich höchst konzentriert besonnen wirkenden, aber innerlich emotional überkochenden Dirigat von Mirga Grazinyte-Tyla. Sie hat jene faszinierende Gabe, mit nur wenigen kleinen Zeichen einen Vulkan an Klangentfaltung ausbrechen zu lassen, ohne dabei selbst in körperliche Ekstase zu geraten. Sie bleibt der ruhende Pol, der haargenau die Abläufe steuert.
Auch in Mieczyslaw Weinbergs 3. und 4. Symphonie – intensiv, technisch brillant und klanglich perfekt ausgewogen musiziert. Der Auftakt war ebenso eigenwillig – mit Julia Hagen und sechs der 24 Präludien für Violoncello, in denen Weinberg mit musikalischen Zitaten spielt, und mit Schostakowitschs erstem Cellokonzert. (wruss)
Fazit: Ein intensiver, aber nachhaltiger Abend.