"Warum hat man Bruckner nur so genervt?"
Das Bruckner Orchester geht ab 12. Mai mit Werner Steinmetz’ neuer Komposition auf Oberösterreich-Tour.
"Der Titel ist englisch, weil sich ,Geheime Zeichen’ als Name für eine Komposition båchn angehört hätte", sagt Werner Steinmetz im Gespräch mit den OÖN. "Secret Signs" (Unterzeile: "Anton Bruckner, a mystery") heißt sein 20-minütiges Auftragswerk, am 12. Mai wird es beim Start der Oberösterreich-Tournee des Linzer Bruckner Orchesters unter Chefdirigent Markus Poschner im Melodium in Peuerbach uraufgeführt. Außerdem wird Bruckners Sinfonie d-Moll – besser bekannt als die Nullte – zu hören sein. Am 13. Mai geht’s nach Vöcklabruck, am 15. Mai nach Bad Ischl, gestern begannen die Proben im Linzer Musiktheater.
Steinmetz ist Trompeter, seit 1983 verstärkt er das Bruckner Orchester. Für diesen Job ließ er damals das Angebot sausen, Musikschuldirektor in Eisenstadt ("mit zwei Sekretärinnen und 600 Schülern") zu werden. Vor 29 Jahren kam seine erste Komposition ("My Music") im Wiener Konzerthaus zur Uraufführung, seitdem balanciert der in Alberndorf im Mühlviertel lebende Steinmetz seine vielfältigen Begabungen. 54 Werke sind entstanden, viele wurden von ihm selbst dirigiert, unter anderem im Wiener Musikverein, in den Stiften Wilhering, Kremsmünster und im Brucknerhaus uraufgeführt.
Zu "Secret Signs" kam es, weil sich Steinmetz seit einer Ewigkeit über die Einwände und Korrekturen von Bruckners Zeitgenossen an dessen Kompositionen ärgert. Bekanntlich existieren von allen Sinfonien des genius loci mehrere, das Grundwerk verfälschende Fassungen, die vor allem seine Schüler Ferdinand Löwe sowie die Brüder Joseph und Franz Schalk angezettelt haben. "Für mich ist die Urfassung der Vierten die revolutionärste Sinfonie von Bruckner – spätere Fassungen klingen zum Teil wie weichgezeichnet", sagt Steinmetz. "Ich werde nie verstehen, warum man Bruckner nur so genervt hat. Und dass Bruckner trotz so vieler Kritiker weiterhin komponieren konnte, ist für mich ein Mysterium."
Vor gut einem Jahr beauftragte Poschner seinen aufgeschlossenen, vor Ideen sprudelnden Trompeter, das Problem dieser Korrekturen zu vertonen. Also entstand mit "Secret Signs" ein Werk, das sich an weggestrichenen Motiven der dritten und vierten Sinfonie Bruckners entlang schlängelt.
Steinmetz ist ein Bruckner-Berserker. Schon zum 100. Todestag (1996) des Komponisten hatte er einen Bläser-Choral für das Ensemble Pro Brass komponiert. Diesmal stöberte er in Briefen von Löwe und den Brüdern Schalk, um deren Intention auf die Schliche zu kommen, Bruckners Werk zu verfälschen. Schon im Alter von 15, 16 Jahren verschlang er sämtliche Bruckner-Aufnahmen des Dirigenten Bernard Haitink. "Secret Signs" ist demnach auch Steinmetz’ Hommage an einen Lebensbegleiter.
OÖ-Tour des Bruckner Orchesters unter Chefdirigent Markus Poschner, 12. Mai: Melodium Peuerbach, 13. Mai: Stadtsaal Vöcklabruck, 15. Mai: Kongress- und Theaterhaus Bad Ischl (jeweils 19.30 Uhr). Gespielt werden Anton Bruckners Nullte Sinfonie und "Secret Signs" von Werner Steinmetz. Karten-Info unter www.bruckner-orchester.at