Die Jungweinwelle – Sinn oder Unsinn?
Jetzt erfasst sie uns wieder mit vollem Schwung: Die Jungweinwelle. Umstritten und geliebt zugleich. Dazu eine (nicht ganz) klare Meinung des OÖN Sommeliers.
Generell sollte man dem Wein jene Zeit zum Reifen geben, die dieser auch braucht. Unter normalen Umständen kommen Klassik Weine, also jene im gehaltvollen Alkoholbereich, so um die 12,5 Volumenprozent nicht vor dem 1. Dezember auf den Markt. Reserve Weine, Top Produkte aus den besten Lagen (Rieden) des Landes, brauchen naturgemäß wesentlich mehr Zeit. Da spannt sich der Bogen von Frühsommer bis zum Spätsommer des auf die Ernte folgenden Jahres. Somit kommen die Premiumweine des laufenden Jahrgangs nicht vor Sommer 2024, ja manche sogar im Sommer 2025 zu den Genießern der edlen Tropfen.
Dem gegenüber stehen die Jungweine. Wurde früher der Heurige nicht vor dem 15. November, beim Klosterneuburger Fasslrutschn präsentiert, so werden nunmehr frühreife Rebsorten wie Frühroter Veltliner, Muskateller und Co. bereits ab Mitte August geerntet. Selbige werden kellertechnisch aufgepäppelt, rasch zur staatlich vorgeschriebenen Prüfnummer, so es sich um einen "Qualitätswein" handelt, eingereicht und überschwemmen den Markt bereits ab Mitte September.
In sehr guten Weinjahren ist das halbwegs machbar. In klimatisch schwierigen Jahren haben wir es dann eher mit weinähnlichen Getränken zu tun. Klarerweise ist das zu diesem Zeitpunkt kein veritabler Repräsentant des aktuellen Jahrgangs, aber andererseits eine Marktpositionierung der heimischen Winzer, dem Zeitgeist des raschen Konsums zu entsprechen. Den gibt es seit geraumer Zeit und egal wie Experten dies bewerten, der Markt entscheidet. Und im Vergleich zu vielen "Novello" oder "Nouveau" Produkten aus den großen Weinproduzierenden Ländern wie Italien oder Frankreich, sind unsere Jungweine allemal noch hochwertig. Persönlich will ich allerdings vor März 2024 noch keinen 2023er Jahrgang im Glas haben.