Die Frage nach der Sinnhaftigkeit blieb unbeantwortet
Theater an der Wien: szenische Umsetzung von Mendelssohn-Bartholdys "Elias" musikalisch fein, aber mit zu wenig Handlung.
Es mag reizvoll sein, Oratorien szenisch umzusetzen. Felix Mendelssohn-Bartholdys "Elias" ist dafür wie geschaffen. Das Theater an der Wien setzte am Samstag eine lange Tradition fort und engagierte Calixto Bieito für eine szenische Interpretation. Bei genauer Betrachtung gibt es aber keine wirkliche Handlung. Elias ist einer der vielen Menschen, die sich auf der Bühne tummeln, aber keiner, von dem man annehmen würde, dass er etwas Besonderes sei. Ein Revolutionär aus dem Volk, der seine psychische Belastbarkeit kennt und seine Depression im zweiten Teil gehörig ausleben darf. Dennoch könnten die Bilder (Bühne: Rebecca Ringst, Kostüme: Ingo Krügler) zu jedem Stück passen, regten weder auf, noch brachten sie einen anderen Blick auf dieses Stück.
Dafür brillierte das ORF-Radio-Symphonieorchester Wien unter Jukka-Pekka Saraste, der eine romantische Lesart anschlug und die historisierenden filigran-polyphonen Abschnitte breit und bisweilen pompös inszenierte. Solange das derart überzeugend geschieht, muss es mehr als recht sein. In dieses doch dichtere Klangkonzept fügte sich der Arnold Schoenberg Chor (Erwin Ortner) blendend ein, anders wäre ein sinnvolles Durchkommen bei dem immer wieder rumorenden Bühnengeschehen nicht möglich gewesen. Wie immer eine großartige Leistung dieses herausragenden Vokalensembles.
Christian Gerhaher hat die Partie des Elias im kleinen Finger und weiß auch abseits des mehr oder weniger packenden Regiekonzepts seine stimmliche Persönlichkeit perfekt einzubringen und gestaltet einen wortdeutlichen, stimmlich an die Grenzen gehenden Elias, der genau jenen bisweilen hochpolitischen Zuschnitt hat, den Mendelssohn beabsichtigt hatte. Maria Bengtsson (Witwe), Kai Rüütel (Engel) und Carolina Lippo (Seraph) waren nicht nur solistisch ideal besetzt, sondern musizierten auch ein stimmiges Engelsterzett. Maximilian Schmitt (Obadjah), Ann-Beth Solvang (Königin) sowie das restliche Ensemble überzeugten.
Fazit: Ein musikalisch rundum feiner Abend, bei dem sich aber die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der szenischen Umsetzung eines Oratoriums nicht erschloss.