Darwin Day: Überlebensstrategien der Langsamen
Die Evolutionsforschung an alpinen Schnecken enthüllt spannende Taktik zur Fortpflanzung.
Davonlaufen, wenn es zu kalt oder zu heiß wird, kann naturgemäß keine Überlebensstrategie von alpinen Schnecken sein. Wie aber gingen die hochspezialisierten Tiere mit der Eiszeit vor 10.000 Jahren um und wie reagieren sie auf den Klimawandel heute? Biologen des Naturhistorischen Museums (NHM) gehen diesen Fragen nach, indem sie in entlegenen Gebirgsregionen der Alpen forschen. Priv.-Doz. Elisabeth Haring vom NHM wird darüber am kommenden "Darwin Day" in Linz einen Vortrag halten mit dem Titel "Strategien der Langsamen – Evolutionsforschung an alpinen Landschnecken" (siehe Textende).
Anhand der Zylinder-Felsenschnecke (Cylindrus obtusus), die über 1400 Meter Seehöhe in den Kalkalpen lebt, lässt sich vermuten, wie die Tiere die letzte Eiszeit überstanden haben. "Viel deutet darauf hin, dass diese Art in besseren Lagen überlebt hat", sagt Biologin Haring. Doch dürften die Populationen damals auf sehr kleine Zahlen zusammengeschrumpft sein. Das wiederum dürfte zu überraschenden Überlebensstrategien geführt haben.
Landlungenschnecken sind Hermaphroditen (Zwitter), also doppeltgeschlechtliche Individuen. Sie bilden sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsorgane aus. "Genanalysen haben gezeigt, dass sich die östlichen Populationen der Zylinder-Felsenschnecke fast ausschließlich durch Selbstbefruchtung vermehren", berichtet Haring. Westlich der Veitsch-Alm allerdings setzen die Zylinder-Felsenschnecken auf geschlechtliche Vermehrung. Dieser Unterschied sei rätselhaft, könnte aber auf eine Überlebensstrategie kleiner Populationen zur Eiszeit hinweisen, so Haring.
Hingegen schränke der Klimawandel die Möglichkeiten der alpinen Schnecken gegen null ein. "Höher hinaufwandern als die Berge hoch sind, können sie nicht", sagt Haring. "Wir zerstören ihre Rückzugsgebiete."
Der Vortrag von Elisabeth Haring findet am Fr., 14. 2., 19 Uhr, im Schlossmuseum Linz statt. Die Ausstellung " Streck die Fühler aus – Schnecken in ihrer vollen Pracht" im Biologiezentrum Linz wurde bis 8. März verlängert.