Festivalseelsorge: Keine Therapie, aber eine erste Hilfe
LINZ. Zum zweiten Mal geht ab Donnerstag das Lido Sounds Festival am Urfahraner Marktgelände in Linz über die Bühne. Heuer zum ersten Mal mit dabei: ein 20-köpfiges Team der Festivalseelsorge.
Wozu man bei einem Musikfestival einen Seelsorger braucht? "Gerade in dieser Stimmung, wenn man aus dem Alltag draußen ist, kommen manchmal Themen auf, die sonst nicht an die Oberfläche kommen", sagt Florian Baumgartner. Die Festivalbesucher würden ihm häufig ganz persönliche Geschichten erzählen, die sie mit Freunden oder Familie nicht teilen können oder wollen.
Auf acht Festivals unterwegs
"Von psychischen Problemen wie Erfolgsdruck oder Depressionen, Schwierigkeiten in Beziehungen oder im Beruf bis hin zu Suizidalität im Freundes- oder Familienkreis sind alle Themen dabei. Ich hatte auch schon junge Rettungssanitäter, die Bilder eines Einsatzes einfach nicht mehr aus dem Kopf bekommen", sagt der 43-jährige Innviertler. Es handelt sich bei den Gesprächen nicht um eine Therapie, sondern ein erstes Ansprechen von Problemen. "Wir vermitteln die Leute weiter, wenn wir merken, dass es mit dem einen Gespräch nicht getan ist. Wir sagen ihnen, dass es in Ordnung ist, sich Hilfe zu holen."
Auf acht Festivals in ganz Österreich ist die Festivalseelsorge inzwischen vertreten. "Es kommen jährlich neue dazu." Das Team zählt heuer rund 150 ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter. Je nach Größe des Festivals seien fünf bis neun Seelsorger vor Ort oder, wie am vergangenen Wochenende am Donauinselfest in Wien, ein 40-köpfiges Team.
Zu erkennen sind die Seelsorgerinnen und Seelsorger an ihren hellgrünen Warnwesten mit der Aufschrift "Festivalseelsorge – Für die Zwischentöne des Lebens". Sie haben einen fixen Standplatz mit Stehtischen und Liegestühlen. "Menschen kommen vorbei, bleiben stehen, reden uns an. So kommt man ins Gespräch."
Außerdem sind die Seelsorger in Zweierteams vor den Bühnen und – wenn es denn welche gibt – auf den Campingplätzen unterwegs. "Da spazieren wir quasi durch ihre Wohnzimmer." So würden sich oft spannende Gespräche entwickeln. "Manche dauern nur drei, vier Minuten, andere eine halbe Stunde oder länger."
Mehrere hundert Gespräche kämen so pro Festival-Tag zusammen. Beim Woodstock der Blasmusik im vergangenen Jahr waren es an den vier Tagen 1600 Gespräche. "Etwa 400 waren zwischen 15 und 60 Minuten lang, knapp 100 Gespräche waren noch intensiver und dauerten länger."
Einmaliges Gespräch
Das Besondere an der Festivalseelsorge: Man trifft die Menschen, mit denen man spricht, nur einmal. "Ich bekomme Lebensgeschichten mit und weiß nicht, wie es mit dem Menschen weitergeht. Das ist im normalen pastoralen Alltag anders, da sehe ich die Person wieder. Am Festival kann ich nur hoffen, dass ich vielleicht einen guten Gedanken mitgegeben habe."
Seit 2018 gibt es Festivalseelsorge unter diesem Namen in Österreich. Florian Baumgartner begann mit einem kleinen Team bei einem Festival im Innviertel, schon ein Jahr später waren Salzburger Kollegen beim Electric Love Festival dabei.
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