Als Schärding Opfer der Flammen wurde
SCHäRDING. Es war der 18. Juni 1724, der die Stadt Schärding für immer verändern sollte. Die Bevölkerung feierte an diesem Tag mit Fronleichnam eines der Hochfeste der katholischen Kirche. Damals wie heute zog die kirchliche Gemeinde anlässlich der Fronleichnamsprozession von Altar zu Altar. Mit ihnen auch eine Abordnung der Bürgergarde, die zum sakramentalen Segen an jedem Altar Böllerschüsse abgab. Eine Tradition, die auch heute noch in vielen Gemeinden Bestand hat.
In Schärding führte dieser an sich harmlose, kirchliche Anlass jedoch vor genau 300 Jahren zu einer großen Katastrophe. Intensiv damit auseinandergesetzt hat sich der Schärdinger Historiker Rudolf Lessky. "Es war eine Verkettung vieler unglücklicher Umstände, die zum Brand geführt hat", sagt Lessky. Die Bürgergarde schoss beim vierten Stationsaltar, der sich am oberen Stadtplatz befand, mit Böllern. Ein glühender Patronenpfropfen fiel dabei zufälligerweise durch ein offenes Dachbodenfenster und von dort in ein ebenfalls offenes Pulverfass. Dieses explodierte mit einem zweiten und setzte den verheerenden Brand in Gang. "Eigentlich war die Aufbewahrung von Pulver in privaten Dachböden verboten. Dafür gab es das Arsenal im damaligen Schlossturm. Der war damals aber gerade abgebrochen worden, weshalb das Pulver vorübergehend in privaten Häusern verstaut wurde", erzählt Lessky.
Sehbare Auswirkungen
Der ausgelöste Brand verbreitete sich – angetrieben von einem anhaltenden Ostwind und dem seit Wochen trockenen Wetter – rasend schnell auf mehr als 30 Häuser in der Innenstadt und griff auch auf die damalige Schärdinger Wehranlage über. Diese fiel den Flammen nahezu vollständig zum Opfer. "Die gesamte Bevölkerung hat geholfen, den Brand zu löschen, die Feuerwehr war damals ja noch sehr unterentwickelt", sagt Historiker Lessky. Vom Inn sei Wasser geschöpft und über eine Menschenkette hinauf in die Stadt transportiert worden. Drei Menschen kamen beim Brand ums Leben, der insgesamt zwei Tage und zwei Nächte andauerte.
Die Auswirkungen sind aber noch bis heute seh- und spürbar. Die Wehranlage wurde beispielsweise nie mehr wieder aufgebaut. Heute erinnern nur noch Restbestände im Schärdinger Schlosspark an die mächtige Burg. "Es ist schwer zu sagen, wie sich die Stadt Schärding mit der Burg weiterentwickelt hätte, weil sie vor dem Brand ständig ausgebaut wurde", sagt Lessky.
"Hohe Bedeutung"
Generell sei das Mittelalter für Schärding eine stolze und reiche Epoche gewesen, da man durch den regen Salzhandel am Inn eine wichtige Drehscheibe gewesen sei. "Klar ist jedenfalls, dass der Brand die Entwicklung der Stadt maßgeblich geprägt und beeinflusst hat." Dank der gut erhaltenen historischen Bestände aus der damaligen Zeit ist die Barockstadt trotzdem bis heute noch ein beliebtes Domizil für Touristen. Um diese kümmert sich auch Rudolf Lessky, der als "Stadt- und Nachtwächter" seit mehr als 20 Jahren Führungen durch die Stadt anbietet.
Dabei beleuchtet der rüstige 88-Jährige die Stadtgeschichte an den verschiedenen Schauplätzen mit spannenden Details. "Viele Leute kommen gern nach Schärding, weil hier die vielen historische Bauten noch gut erhalten sind. Diese Restbestände aus der Geschichte haben daher nach wie vor eine hohe Bedeutung für die Stadt."
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