"Der Glaube ist von Woche zu Woche größer geworden"
EITZING/FRANKFURT. Eintracht Frankfurts Co-Trainer Michael Angerschmid spricht im OÖN-Podcast unter anderem über den Europapokalsieg.
Gestern erfolgte beim deutschen Bundesliga-Verein Eintracht Frankfurt der Trainingsauftakt nach der Winterpause. Michael Angerschmid, Co-Trainer von Oliver Glasner, nahm sich kurz vor seiner Rückreise nach Frankfurt sehr viel Zeit für ein ausführliches Podcast-Gespräch mit den beiden OÖN-Redakteuren Markus Prinz und Thomas Streif.
Angerschmid (48) gewann im Jahr 2022 an der Seite von Cheftrainer Oliver Glasner aus Riedau die Europa League. In der Champions League steht Frankfurt im Achtelfinale, wo es gegen Neapel geht. In der Bundesliga liegen die Hessen auf dem vierten Platz. Den Podcast finden Sie online unter nachrichten.at/podcasts und auf allen gängigen Plattformen wie Spotify, Deezer, Apple Podcasts, Google Podcasts und Amazon Music.
Michael Angerschmid im OÖN-Podcast über:
Heimaturlaub zu Weihnachten: Der Terminplan ist zwar meistens ziemlich voll, aber ich genieße die Tage daheim und besuche auch Freunde, die ich sonst nur selten sehe. Im Herbst hatten wir sehr viele Spiele, da haben wir es nicht oft heim nach Oberösterreich geschafft. Zum Glück besuchen mich meine Frau und meine Kinder sehr regelmäßig in Frankfurt.
das Jahr 2022 mit Eintracht Frankfurt: Es hat 2022 wirklich nicht viele negative Sachen gegeben. Sportlich war es mit dem Europa-League-Sieg und dem Einzug in das Champions-League-Achtelfinale natürlich ein Wahnsinn. Generell war und ist der Zusammenhalt sehr groß. Es macht einfach jeden Tag Spaß, in die Arbeit zu gehen. Nicht nur, weil es sportlich so gut läuft, auch das Zwischenmenschliche könnte nicht besser sein. Darauf legt Oliver Glasner großen Wert. Nach dem Europa-League-Sieg ist das ganze Betreuerteam in den Flieger eingestiegen und nach Mallorca geflogen, zuletzt waren wir gemeinsam Ski fahren. Das schweißt zusammen.
Europa League: Nach dem Siegestor im Achtelfinale gegen Betis Sevilla kurz vor Schluss hat man gemerkt, dass etwas passiert. Der Glaube, auch in der Region, dass wir tatsächlich einen Europacuptitel holen können, war spürbar. Dieser Glaube ist von Woche zu Woche größer geworden.
das Duell gegen den großen FC Barcelona: Wir haben uns die Auslosung mit den Spielern live im Fernsehen angesehen. Als uns der FC Barcelona zugelost wurde, hat die Hälfte gejubelt, weil man nicht oft gegen einen solchen Klub spielt. Die andere Hälfte hat einmal tief durchschnaufen müssen. Bei der Analyse von Barcelona ist uns dann schon die eine oder andere Schwäche aufgefallen. Nach dem Unentschieden im ersten Spiel daheim war uns bewusst, dass wir auswärts durchaus gewinnen können. Vor dem Viertelfinal-Rückspiel gegen Barcelona hatte ich dann eine sehr interessante Begegnung mit einer Dame in der Frankfurter Innenstadt. Sie sagte zu mir, dass sie jetzt die Reise zum Finale nach Sevilla gebucht habe. Daraufhin habe ich gesagt, dass wir vorher aber schon noch eine Partie in Barcelona und möglicherweise das Halbfinale gewinnen müssen. Sie hat dann gesagt, dass sie felsenfest von unserem Finaleinzug überzeugt ist. Sie hatte recht. Ich kann mich noch erinnern: Nach unserem Treffer zum 3:0 in Barcelona ist Oliver Glasner zu mir hergekommen und hat mich gefragt, ob es das überhaupt gibt. Das Feiern mit den zehntausenden Frankfurt-Fans war unglaublich, so etwas vergisst man sein ganzes Leben nicht mehr.
das Elfmeter-Drama beim Endspiel in Sevilla gegen die Glasgow Rangers: Wir haben vor dem Elfmeterschießen die Spieler zusammengeholt. Die Schützen wurden nicht bestimmt, wir haben gefragt, wer sich gut fühlt. Da haben sich relativ viele gemeldet. Oliver Glasner hat dann zu den Schützen noch gesagt, dass sie es mit voller Überzeugung machen sollen. Dass die Spieler die Elfmeter dann so überzeugend verwandelt haben, ist schon aller Ehren wert. Die Anspannung beim Elfmeterschießen war riesengroß. Man weiß, dass man einen Europacuptitel holen kann. Vor dem fünften Elfmeter von Rafael Borré hatte ich das Gefühl, dass es ewig dauert, bis er einmal beim Elferpunkt ist. Ich habe nur gehofft, dass er den Ball irgendwie reinhaut. Im Anschluss war es Jubel pur, es ist so viel Last von unseren Schultern gefallen. In der Emotion läuft man wild und völlig unkontrolliert in der Gegend herum.
den schönen Ort auf Erden: Bei mir daheim.
das Champions-League-Achtelfinale gegen Neapel: Möglich ist alles. Wenn wir die Dinge gut umsetzen, können wir jeder Mannschaft in Europa Probleme bereiten. Neapel ist eine richtig gute Mannschaft, die im Herbst einen sehr starken Lauf hatte. Ich erwarte ein Duell mit hoher Intensität, auch was die Lautstärke der Fanlager betrifft.
Ziele mit Eintracht Frankfurt: Wir wollen die Mannschaft Schritt für Schritt weiterentwickeln. Wenn das passiert, kommen die dementsprechenden Ergebnisse. Beim Fußball weiß man nie, was passiert. Wenn ich vor einem Jahr gesagt hätte, dass wir die Europa League gewinnen, wäre ich ausgelacht worden.
die Zusammenarbeit mit Glasner: Unsere Zusammenarbeit ist sehr, sehr gut. Wir kennen uns ewig, mittlerweile schon seit mehr als 35 Jahren. Er ist besessen von Erfolg, er treibt die anderen an, hat einen klaren Plan im Kopf und gibt dann die Richtung vor. Da kann es schon einmal passieren, dass es die eine oder andere Auseinandersetzung gibt. Das ist aber auch gut, denn so etwas gehört in der Emotion auch dazu.
prägende Trainer: Prägend war natürlich vor allem die lange Zeit unter Klaus Roitinger, unter dem wir damals mit der SV Ried sowohl in die zweite Liga als auch in die Bundesliga aufgestiegen sind. Auch Heinz Hochhauser hat mich sicher geprägt.
den Reiz des Cheftrainerpostens: Momentan habe ich danach überhaupt kein Verlangen. In der deutschen Bundesliga in einem tollen Umfeld arbeiten zu dürfen, macht großen Spaß.
Das war ein tolles Interview. Vielleicht kommt Angerschmid irgendwann zur SVR als Trainer zurück. Das ist zwar nicht realistisch aber die Hoffnung stirbt zuletzt.