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Jihadisten-Prozess: Islam-Experte nahm Predigten auseinander

05. Mai 2021, 14:21 Uhr

LINZ. Die Vorträge des angeklagten Predigers seien "nicht als Teil der verbindlichen islamischen Lehre anzusehen", so der Gutachter. Der Angeklagte widersprach wortreich.

Im Linzer Jihadisten-Prozess, in dem drei Männer wegen des Verbrechens der staatsfeindlichen Verbindung auf der Anklagebank sitzen, ist am Mittwoch der Professor für islamische Religionspädagogik der Uni Wien, Ednan Aslan, als Sachverständiger zu Wort gekommen. 

Er begutachtete insgesamt vier von zahlreichen Predigten zum Freitagsgebet im Linzer Verein. Er analysierte sie danach, ob sie eine Anwerbung von Kämpfern für den Jihad in Syrien darstellten, den "Islamischen Staat unterstützten" und sich gegen die Republik Österreich richteten.

Seine Wiedergabe der in den Predigten vorgetragenen und mit dem Koran begründeten Inhalte: Dem Gesetz Gottes sei zum Durchbruch zu verhelfen. Alle, die sich dagegen stellten, seien Feinde und zu bekriegen. Auch Zorn sei eine Eigenschaft Gottes. Den Islam als Religion des Friedens darzustellen sei falsch. Er sei eine offensive Religion. Gegen seine Feinde sei militärisch vorzugehen und unter ihnen Angst und Schrecken zu verbreiten.

Die Feinde würden nur auf Schwächen der Muslime warten. Diese seien selbst dafür verantwortlich, wenn sie nicht den wahren Glauben lebten. Der Angeklagte kritisierte laut Gutachten auch solche Anführer, die Verräter und Betrüger seien und beispielsweise die Entschleierung der Frauen zulassen. Eine dringliche Warnung habe er an die muslimischen Zuhörer vor Zuneigung zu Nichtgläubigen gerichtet, auch wenn diese Entgegenkommen zeigten, sowie vor Christen und Juden. Die Verwestlichung habe diese Menschen durch Alkohol, Homosexualität, sexuelle Beziehungen zu Tieren und Frauen, die man arbeiten lasse, verdorben. Eine ausdrückliche Distanzierung von Demokratie und vom säkularen Verfassungsstaat in Österreich sei nicht ausgesprochen worden, aber ableitbar. Eine eindeutige direkte Anwerbung zur Teilnahme am Jihad oder ein konkreter Aufruf zum Terror sei den Vorträgen nicht zu entnehmen.

Richter musste Angeklagten einbremsen

Der Prediger habe Al-Kaida-Chef Osama bin Laden namentlich nicht genannt aber einen Mann gelobt, der sein enormes Vermögen und sein Leben für den Islam geopfert habe. Der Angeklagte habe die Kritik an der Islamisten-Miliz Boko Haram in Nigeria zurückgewiesen. Deren Geiselnahmen seien als Voraussetzung für einen Gefangenenaustausch legitim.

Insgesamt handle es sich um eine radikal islamistische Ideologie, lautete die Einschätzung des Gutachters. Der Prediger habe sie verinnerlicht und wolle sie auch verwirklichen. Dies sei "nicht als Teil der verbindlichen islamischen Lehre anzusehen" und entspreche auch nicht der Haltung der Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), betonte Aslan.

Der Verteidiger des Predigers fragte den Gutachter, ob vier Vorträge von zahlreichen seines Mandanten für eine Gesamtbeurteilung ausreichen würden und wies daraufhin, dass wesentliche in der Anklage genannte Vorwürfe der staatsfeindlichen Gesinnung nicht konkret ausgesprochen worden seien. Danach nahm der Angeklagte Stellung. Darin und in Fragen an den Gutachter legte er seine Deutung der Predigten dar. Der Vorsitzende Richter musste ihn mehrmals einbremsen, weil er zu schnell für die Protokollierung sprach. Zudem hielt er erneut fest, dass dies kein Prozess über islamische Themen sei.

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