Wie das Linzer Stadtarchiv die Corona-Krise für die Nachwelt festhält
LINZ. Viele Akten und Bilder: Ein Mitarbeiter fotografiert coronatypische Szenerien und Plakate.
Leer gefegte öffentliche Orte, Menschen, die Masken tragen, plakatierte Sicherheits- und Hygienevorschriften: Das sind nur einige der typischen Bilder der Corona-Krise, die in den vergangenen Wochen unseren Lebensalltag mehr oder weniger stark geprägt haben.
Und es sind auch jene, die das Linzer Stadtarchiv für die Nachwelt sammelt und aufbewahrt. Denn die Frage "Wie und vor allem womit werden sich die Menschen in 100 Jahren zurückerinnern?", beschäftigt Walter Schuster, Leiter des Linzer Stadtarchivs, und seine Mitarbeiter schon jetzt.
Gerade den Fotografien kommt dabei – getreu dem Spruch "Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte" – große Bedeutung zu, wie Schuster weiß: "Bilder machen diese historischen Ereignisse viel plastischer." Und stehen heute, allen voran wegen der Handyfotografie, in viel größerer Zahl zur Verfügung: "Früher war Fotografieren etwas Außergewöhnliches, mittlerweile ist es etwas Alltägliches." Eine Tatsache, die Archivare vor neue Herausforderungen stellt: "Heute gibt es mehr Fotos, aber auch Akten, als man archivieren kann."
Was die Auswahl, was nun aufbewahrt werden soll, nicht unbedingt einfacher macht: "Wir müssen uns auf das Wichtigste konzentrieren." Auch die digitale Archivierung selbst birgt so manches Risiko: "Es gilt, in Formaten, abzuspeichern, von denen man ausgeht, dass diese auch in Jahrzehnten noch lesbar sind."
Corona vs. Spanische Grippe
Die Corona-Krise fordert von den Archivmitarbeitern besonderen Einsatz: So ist einer von ihnen, ausgestattet mit einer Kamera, in der Stadt unterwegs, "um gezielt Fotos im öffentlichen Raum zu machen", mit denen die Archiv-Fotosammlung erweitert wird. Neben Bildern von Zelten vor Spitälern finden dort auch Corona-Plakate von politischen Parteien ihren Platz. Ebenso werden die mediale Berichterstattung und stadteigene Kommunikationsmaterialien zum Thema gesammelt.
Corona sei auch Teil der täglichen Arbeit: "In erster Linie archivieren wir ja die Unterlagen der Stadt Linz und des Magistrats. Und dort spielt Corona, angefangen von den Akten des Bürgermeisters bis zu den Protokollen des Krisenstabs, eine große Rolle."
Die Vergleichbarkeit der Corona-Pandemie mit anderen Krisen, wie der Spanischen Grippe, sei aber, nicht zuletzt wegen des nur spärlich erhaltenen Datenmaterials aus dieser Zeit, schwierig: "In den Gemeinderatsprotokollen von damals war die Spanische Grippe zudem kein Thema." Bezogen auf Linz war die Krankheit, auch wegen anderer Herausforderungen (Stichwort Ende Erster Weltkrieg, Unterernährung) und fehlender Statistiken weniger im Alltag und den Medien präsent: "Das hat bei weitem nicht so dominiert wie Corona heute."
Ein Unterschied sei aber dennoch offensichtlich: "Zum Höhepunkt der Spanischen Grippe hat es, im Gegensatz zu jetzt, keine Versammlungsvorgaben gegeben. Große Menschenansammlungen waren da, etwa bei den Hungerdemonstrationen, keine Seltenheit", sagt Schuster.
"Nichts Vergleichbares"
Was die Corona-Krise betreffe, stehe bereits jetzt eines fest, so der Historiker weiter: "Im 20. und 21. Jahrhundert gibt es in Friedenszeiten, was die Eingriffe ins öffentliche Leben betrifft, nichts Vergleichbares – das ist etwas ganz Außergewöhnliches."
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