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Die Vogelfänger

Von Von Manfred Wolf, 24. April 2010, 00:04 Uhr
Die Vogelfänger
Im Bild zu sehen: Ein Lockvogel und zwei Netzkloben. Bild: Hörmandinger

Der Vogelfang ist im Salzkammergut eine jahrhundertealte Tradition des „kleinen Mannes“. Diese Woche wurde der Brauch zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Aber was macht den Vogelfang schützenswert?

Der heute umstrittene Vogelfang ist mit dem Salzkammergut fest verwoben. Hier hat sich diese Tradition, die durch kaiserlichen Erlass von 1579 für das gesamte Reichsgebiet des Römischen Kaisers Deutscher Nation galt, als einziges in Österreich bis heute gehalten. Zum einen, weil gerade im Salzkammergut die Bedingungen der Arbeiter besonders hart waren. „Zum anderen, weil der Salzkammergütler stur ist und sich stets gegen die Dummheiten, die aus Wien gekommen sind, gewehrt hat“, sagt der 72-jährige Walter Rieder, Heimatforscher und Hobbyornithologe aus Ebensee.

Das Salzkammergut war lange eines der bedeutendsten Industriegebiete Österreichs. Das weiße Gold wurde zur lukrativen Einnahmequelle für die Habsburger in Wien. Das Salzkammergut war ab dem 16. Jahrhundert quasi ein Staat im Staat – niemand, der für die Salzgewinnung benötigt wurde, durfte ohne Genehmigung des Salzamtmannes, der in Gmunden saß, ausreisen, niemand ohne seine Erlaubnis einreisen.

Die Löhne der Arbeiter, ob Pfannhauser oder Holzknechte, waren niedrig – es gab bis zu 80 Jahre lang keine Lohnerhöhung bei stetig steigenden Preisen. Auf dem Speiseplan standen hauptsächlich Holzknechtnocken aus Mehl, Wasser, Salz und Fett. Hunger war allgegenwärtig, Fleisch war Mangelware und wurde bis zum Ende des 18. Jahrhunderts fast gestrichen.

Vogelfang war Fleischfang

Die Jagd war den Arbeitern verboten, galt sie doch in ganz Europa seit dem Mittelalter als Privileg des Adels und des Klerus. Der Vogelfang wurde also zur einzigen Möglichkeit für die „niederen Stände“, um ohne Geld an Fleisch zu kommen – manche Holzknechte wilderten illegal.

Der Vogelfang diente in erster Linie, aber nicht ausschließlich, dem Fleischfang. Die Strapazen der Arbeit im Bergwerk und in den Sudhäusern, in denen die Sole zu Salz versotten und die Salzfuder getrocknet wurden, waren enorm. Und der Vogelfang in der Natur an den wenigen freien Tagen eine willkommene Abwechslung. Jene Vögel, die besonders schön sangen, wurden nicht getötet, sondern behalten.

„Man muss sich heute in Erinnerung rufen, dass es damals weder Radio noch Fernseher gab“, sagt Rieder. „Der Lockvogel wurde als Stubenvogel zur Unterhaltung behalten. Sie werden sehr schnell gmoa, also zahm, weil sie sich an den Menschen gewöhnen, der sie täglich füttert. Vögel, denen es nicht gut geht, singen nicht.“

Anfangs wurden die Vögel das ganze Jahr über gefangen. Der Fang zur Brutzeit wurde später verboten, um die Vogelbestände nicht zu gefährden. Wurden bis 1870 Vögel aller Arten gefangen, so änderte sich dies am 31. April. Per Landesgesetz wurden die Vögel in drei Gruppen eingeteilt – schädliche (Adler, Falken, Raben ...), eher nützliche (Grünling, Zeisig, Hausspatz ...) und nützliche (Schwalben, Wiedehopf, Zaunkönig ...). Die nützlichen waren seither tabu. Seit 1900 dürfen weder tote noch lebende Vögel verkauft werden. Bis dorthin konnte man auf den Wochenmärkten des Salzkammergutes erlegte sowie lebende Vögel kaufen.

Um dem Vogelfang einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, wurden schon ab 1850 die schönsten Vögel in den Gasthäusern des Salzkammergutes prämiert – immer am Sonntag nach Kathrein (25. November).

Warum jetzt noch?

Mittlerweile ist vieles anders: Die Löhne sind gestiegen, die Versorgung gesichert und dennoch, Vogelfang und Vogelaus-stellungen haben sich gehalten. Warum?

„Weil es Tradition ist. Bei uns gehen heute noch viele in der Tracht zur Kirche – so unterscheiden wir uns von den anderen. Und der Vogelfang ist ein Natur- und Fangerlebnis“, sagt Rieder. „Die Vögel werden meist auf Bergen in aller Frühe gefangen. Der nächtliche Anmarsch mit Laterne, der Sonnenaufgang auf dem Berg und der Vormittag, an dem gefangen wird, sind die wesentlichen Aspekte. Ein Vogelfänger verwendet den größten Teil seines Urlaubes zum Fang, und er geht oft ohne Erfolg wieder heim.“

Gefangen werden die Vögel, indem der Käfig, in dem der Lockvogel sitzt und singt, im Morgengrauen auf einem Ast positioniert wird. Daneben werden mehrere Netzkloben angebracht und mit arttypischer Nahrung (Zapfen ...) bestückt. Sobald der Morgen anbricht, beginnen die Lockvögel zu singen und locken ihre Artgenossen an. Setzt sich ein Vogel auf einen der Netzkloben, so löst er diesen dadurch aus und wird gefangen.

Gehalten werden die Vögel in einer zumindest zwei Mal zwei Mal einem Meter großen Voliere. In der Regel sind es aber ganze Räume, in denen der Halter ein Vogelbiotop aufbaut. Bis 1950 durfte jeder Salzkammergütler Vögel fangen, seither gibt es Vorschriften: Nur wer in einem Verein ist und zwei schriftliche Bewilligungen – von der Bezirkshauptmannschaft und dem Grundbesitzer des Fangplatzes – vorweisen kann, darf von 15. September bis 30. November Vögel fangen.

Heute gibt es gut 500 Vogelfänger im Salzkammergut. Allen liegt die Tradition am Herzen. „Wäre der Vogelfang nicht zum Kulturerbe erklärt, sondern verboten worden, wäre es illegal weitergegangen“, sagt Rieder.

Buchtipp
Schnåbö Heil!: Singvogelfang und Singvogelhaltung im Salzkammergut. Salzkammergut Media, 2002. Bestellung unter Tel: 0664 / 7901 697

Lexikon

Fuder: Salzkegel, der bis zu 80 Kilogramm wog und noch nicht ganz trocken war.

Auspehrkufen: Holzgefäße mit kleinen Löchern, in die das noch nasse Salz gefüllt wurde.

Pfannhäuser: Pfannhäuser und Pehrer schöpften das Salz aus den riesigen Solesud-„Pfannen“ in den Sudwerken in die „Auspehrkufen“.

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1  Kommentar
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gegenstrom (16.154 Kommentare)
am 25.04.2010 21:19

Also gibt es schon den Lockvogel, der im letzten Jahr gefangen wurde, der auf die freifliegenden Vögel angesetzt werden.
Warum ist das nur im ÖO Salzkammergut erlaubt in der Steiermark aber verboten? Weil wir hier und auch in der Steiermark 2 verschiedene Tierschutzgesetze haben - ein Beweis mehr, dass die Landesgesetzgebungen schon längst abgeschafft werden müssten.

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