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"Stille Nacht" mitten im Krieg

24. Dezember 2016, 00:04 Uhr
"Stille Nacht" mitten im Krieg
Als 19-Jähriger musste der Linzer einrücken. Bild: VOLKER WEIHBOLD

Ein Frauenchor bescherte dem heute 95-jährigen Linzer Friedrich Steininger 1943 im amerikanischen Kriegsgefangenenlager das schönste Weihnachtsgeschenk.

Dezember 1943, im Zweiten Weltkrieg. Im POW (Prisoner of War) Camp Livingston im US-Bundesstaat Louisiana sind rund 4000 deutsche Kriegsgefangene aus dem Afrika-Feldzug interniert. 200 kommen zur Zuckerrohr-Ernte in ein Lager nach Baton Rouge.

Einer von ihnen ist der heute 95-jährige Linzer Friedrich Steininger, der im April 1946 aus der Gefangenschaft heimkehrte und von seinem Vater das Textilgeschäft in der Herrenstraße 6 übernahm. Er hat sein Weihnachtserlebnis von 1943 für die OÖNachrichten niedergeschrieben:

"Stille Nacht" mitten im Krieg
Friedrich Steininger (95) lebt seit zehn Jahren in Hellmonsödt. Bild: VOLKER WEIHBOLD

Friedrich Steininger (95) lebt seit zehn Jahren in Hellmonsödt.

"An einem Sonntag kurz vor Weihnachten saßen wir in der Sonne und warteten auf das Mittagessen, während wir – wie immer an einem Sonntag – unsere Uniformen in Ordnung brachten. Es war ein wunderschöner Tag mit Temperaturen um die 27 Grad Celsius, als ein Autobus zum Tor unseres Camps kam. Drei Frauen stiegen aus und sprachen mit den amerikanischen Wachposten. Der Kommandant wurde geholt, es wurde verhandelt.

Wir sind natürlich aufmerksam geworden – was wollten die Damen? Der Captain schüttelte den Kopf, und die Frauen kehrten zurück zum Bus. Eine rief ein paar Worte hinein ins Fahrzeug, und alsbald kamen an die 25 Frauen heraus und stellten sich vor dem Stacheldraht des Lagers auf. Aha, ein Chor!

Die Frauen sangen ein paar Weihnachtslieder in französischer und englischer Sprache, worauf es mucksmäuschenstill wurde. Und dann erklang ein Lied. ,Stille Nacht, Heilige Nacht!’, vom Chor auf Englisch und Französisch, und von den rund 200 Soldaten innerhalb des Zaunes auf Deutsch – mit einem Würgen im Hals und Wasser in den Augen. Beim Posten wurden noch Lebkuchen und Kekse für uns abgegeben. Danach bestieg der Chor wieder den Bus und entfernte sich mit Winken und Rufen: ,Frohe Weihnachten!’ und ,A Happy New Year!’

Wir waren wie in Trance: Das gibt es doch gar nicht! Da kommen mitten im Krieg Frauen aus einem Feindland zu uns Kriegsgefangenen, um uns ,frohe Weihnachten’ zu wünschen und mit uns gemeinsam in verschiedenen Sprachen ,Stille Nacht’ zu singen. Was ein Lied ausmachen kann! Da fühlten wir so richtig: Das ist Weihnachten! Es gibt zwar keinen Schnee, sondern 27 Grad bei Sonnenschein – aber es ist Weihnachten. Stille Nacht, Heilige Nacht!

Seither sind 73 Jahre vergangen, aber an dieses Erlebnis werden wir uns ewig erinnern. Es gibt in jedem Volk gute und schlechte Menschen. Sie sind aber auch im Krieg Menschen geblieben.

Danke dem Frauen-Chor 'Baton Rouge', unseren Weihnachtsengeln!"

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3  Kommentare
3  Kommentare
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rudolfa.j. (3.979 Kommentare)
am 24.12.2016 15:48

Ja das war nur möglich weil sich Usa an die genfer konvention strickt hielten,zumindest bis 1944

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Orlando2312 (22.929 Kommentare)
am 24.12.2016 14:22

....Das gibt es doch gar nicht! Da kommen mitten im Krieg Frauen aus einem Feindland zu uns Kriegsgefangenen, um uns ,frohe Weihnachten’ zu wünschen und....
....Es gibt in jedem Volk gute und schlechte Menschen. Sie sind aber auch im Krieg Menschen geblieben.

Worte eines 95jährigen der viel schlimmere Zeiten erlebt hat als wir. Worte, die nachdenklich machen und die wir beherzigen sollten. Heute verfeindet man sich wegen geringer Meinungsverschiedenheiten. Jeder der anders denkt, wird beschimpft.

Vielleicht sollten wir in uns gehen und versuchen, uns zu ändern.

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( Kommentare)
am 24.12.2016 15:02

frohe Weihnachten, Orlando

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