Tote und kranke Lämmer, Ziegen und Rinder: Landwirt vor Gericht
SANKT PÖLTEN. Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) sieht erneut Missstände in einem bereits zuvor beanstandeten Mastbetrieb im Bezirk St. Pölten-Land. Aufnahmen zeigen wie bereits zuletzt im September 2022 verstorbene und kranke Lämmer, Ziegen und Rinder.
Gefordert wurde in einer Aussendung ein Tierhaltungsverbot. Dieses wird nach Angaben der Bezirkshauptmannschaft (BH) geprüft. Dem Landwirt wird indes heute, Mittwoch, wegen Tierquälerei am Landesgericht St. Pölten der Prozess gemacht.
"Tote Lämmer, Ziegen und Rinder liegen zwischen den Lebenden - ein Kitz liegt bewegungsunfähig am Boden im Sterben. Die Leichentonnen am Betrieb sind randvoll und stehen teilweise direkt neben den Stallbuchten", berichtete der Verein in einer Aussendung. "In diesem Betrieb sterben offensichtlich unheimlich viele Tiere. Fällt das den Behörden oder der Tierkörperverwertung nicht auf?", fragte Lena Remich vom VGT und forderte Konsequenzen.
Junge Rinder mit schweren Hautproblemen
Aufnahmen von Februar und April 2023 zeigen VGT-Angaben zufolge u.a. "junge Rinder mit schweren Hautproblemen" und eine "zentimeterhohe Gülleschicht am Boden". Insgesamt wirke die Haltung "nach wie vor stark verwahrlost", was angesichts der bereits zuvor aufgedeckten Missstände und Anzeigen gegen den Betrieb (auch schon 2022 und 2013) "höchst bedenklich ist", hieß es. Der VGT sah ein Versagen des Kontrollsystems. Anzeigen wurden laut Aussendung nun erneut an die Bezirkshauptmannschaft und die Staatsanwaltschaft St. Pölten erstattet.
Landwirt sprach von massiver Überforderung
Der Fall hatte im September des Vorjahres für Aufsehen gesorgt. "Die mehrmals durchgeführten unangekündigten tierärztlichen Kontrollen haben zwischenzeitlich immer wieder Verbesserungen gezeigt, auch angeordnete Sofortmaßnahmen wurden vom Betrieb immer umgesetzt", teilte Bezirkshauptmann Josef Kronister auf APA-Anfrage mit. Der Betrieb scheine aber den erforderlichen hohen Standard nicht halten zu können. Es seien gerichtliche und verwaltungsrechtliche Verfahren anhängig. "Ein Tierhalteverbot wird ebenfalls geprüft, wobei das aktuelle Tierschutzrecht dafür sehr hohe inhaltliche und formale Anforderungen vorsieht", hieß es. "Die BH St. Pölten unternimmt jedenfalls alles, um eine dauerhafte Lösung im Sinne des Tierwohls zu erreichen", wurde betont.
Der Landwirt hatte vergangenen September laut Medien von massiver Überforderung gesprochen. Der damalige Tierschutz-Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) kündigte als Reaktion auf den Fall ein zusätzliches Kontrollsystem des Landes Niederösterreich an.
Nach einer Anzeige hat die Staatsanwaltschaft St. Pölten Strafantrag wegen Tierquälerei gegen den Landwirt eingebracht. Die Einzelrichterverhandlung findet heute, Mittwoch, statt. Dem 1974 geborenen Mann wird in der Anklage vorgeworfen, von 16. August bis 9. September Tiere bei Krankheit nicht ordnungsgemäß betreut, nicht von den anderen Tieren abgesondert und ihre Erkrankungen unbehandelt gelassen zu haben. Der Landwirt soll Schafe, Ziegen und Rinder in Buchten gehalten haben, die vollständig mit einer flüssigen Schicht aus Gülle bedeckt waren, die bis zum Fesselgelenk reichte. Vor Verhandlungsbeginn protestierten mehrere Teilnehmer vor dem Gerichtsgebäude. Auf einem VGT-Transparent wurde u.a. gefordert, Tierquälerei zu beenden.
Die Grünen sahen am Mittwoch in einer Aussendung ein "Versagen der Behörden" sowie ein "System des Schweigens und Wegschauens". Dominic Hörlezeder, Tierschutz- und Landwirtschaftssprecher der NÖ Grünen, verlangte eine "umfassende Aufarbeitung des Falls". Die Partei kündigte eine Anfrage an die zuständigen Landesregierungsmitglieder an.