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Warum sich wieder mehr Österreicher bei der Polizei bewerben

Von nachrichten.at/apa, 06. August 2024, 12:26 Uhr
Polizist in Braunau gewürgt: Attacke wurde gefilmt
Symbolbild Bild: VOLKER WEIHBOLD

WIEN. Die heimische Polizei hatte in den vergangenen Jahren durchaus Schwierigkeiten, ausreichend Nachwuchs zu bekommen.

In Pension gehende Babyboomer, andere Lebensplanungen unter jungen Menschen, die Corona-Pandemie und nicht zuletzt für viele immer schwieriger zu erfüllende Anforderungen für den Job: Die heimische Polizei hatte in den vergangenen Jahren durchaus Schwierigkeiten, ausreichend Nachwuchs zu bekommen. Die Verantwortlichen reagierten mit einer Rekrutierungskampagne, und die scheint Früchte zu tragen: Im ersten Halbjahr bewarben sich rund 10.000 Menschen für den Polizeiberuf.

"Ich freue mich schon, demnächst die 40.000ste oder den 40.000sten Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter im Ressort zu bekommen", sagte der für Personalfragen zuständige Leiter der Präsidialsektion (I) im Innenministerium, Karl Hutter, im Gespräch mit Journalisten. "32.635 davon sind Polizisten, ein Allzeithoch." Dass natürlich nicht jede und jeder, der oder die sich bewirbt, auch in der Polizeischule aufgenommen wird, räumte Hutter ohne Umschweife ein, machte aber darauf aufmerksam, dass die Aufnahmequote deutlich besser geworden ist, vor allem auch wegen mancher Erleichterung bei den Kriterien. "Wie ich begonnen habe, lag die Quote bei 1:7, sprich, von sieben Bewerberinnen und Bewerbern wurde eine oder einer aufgenommen. Jetzt liegt sie bei 1:3, 1:4."

Lockerung der Tätowierungsvorschriften

Das liege einerseits daran, dass einiges, was früher vorab bei der Aufnahme verlangt wurde, nun während der Ausbildung gemacht wird, die Schwimmprüfung zum Beispiel. Viel hat Hutter zufolge die Lockerung der Tätowierungsvorschriften gebracht. "Das war ein echter Showstopper." Früher durften angehende Polizistinnen und Polizisten keine sichtbaren Tattoos aufweisen, was dem Sektionschef zufolge nicht mehr zeitgemäß war. Eine Tätowierung ist jetzt nur mehr dann ein Ausschließungsgrund, wenn "sie auf die Zugehörigkeit zu einer verfassungsgefährdenden Gruppe schließen lässt oder sie geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der angestrebten dienstlichen Aufgaben zu erschüttern", wie es in den Bewerbungsvoraussetzungen heißt. Dazu kommen Anreize wie ein Gratis-Klimaticket, Prämien, wenn Beamte sich Bewerbende bringen, oder in Wien die Möglichkeit, eine günstige Startwohnung zu erlangen.

Mehr als 3.000 der 10.000 Bewerbungen im ersten Halbjahr entfielen auf die Bundeshauptstadt, was nahezu eine Verdreifachung der Zahlen gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutete. Was die Wiener Exekutive auch dringend benötigt, denn durch die Babyboomer, die jetzt in Pension gehen, verliert die Polizei in der Stadt jedes Jahr etwa 180 bis 190 Beamte, und das bis 2028, erläuterte Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl. Derzeit versehen in der Bundeshauptstadt rund 7.200 Beamtinnen und Beamte ihren Dienst. Sie haben ein gutes Drittel des österreichweiten Kriminalitätsaufkommens zu bewältigen. Dazu kommen heuer - im Wahljahr - etwa 20.000 Versammlungen sowie zahlreiche Sport- und andere Großveranstaltungen. In Wien befinden sich die Sitze vieler internationaler Organisationen und aller diplomatischen Vertretungen. "Die Großstadt ist eine sicherheitspolizeiliche Herausforderung", betonte Pürstl und verwies auf Brennpunkte in den Flächenbezirken, insbesondere Favoriten, Ottakring, Rudolfsheim-Fünfhaus oder auch Floridsdorf.

"Das Leben spielt sich viel mehr im öffentlichen Raum ab"

Die Bevölkerung in der Bundeshauptstadt ist durch die Zuwanderung in den vergangenen Jahren zudem stark angewachsen und liegt nun an der Zwei-Millionen-Schwelle. Dabei haben viele der Zugewanderten aus ihren Herkunftsländern eine kulturelle Eigenheit mitgebracht, die man in Mitteleuropa nicht so gewohnt war. "Das Leben spielt sich viel mehr im öffentlichen Raum ab", sagte Pürstl. Das führt dem Polizeipräsidenten zufolge auch zu mehr öffentlich wahrnehmbaren Auseinandersetzungen. Er verwies in dem Zusammenhang auf die jüngsten, ethnischen Konflikte zwischen Menschen syrischer und afghanischer Abstammung auf der einen sowie tschetschenischer Abstammung auf der anderen Seite.

Bei Stufe-eins-Einsätzen - etwa die beinahe tödliche Messerstecherei in Favoriten am Wochenende - betrage die Anfahrtszeit der Wiener Polizei aber zwei Minuten, "ein internationaler Spitzenwert", wie Pürstl bemerkte. "Eines ist aber klar: Wir brauchen mehr Polizei, und dann ist alles gut - das ist natürlich nicht so." Die Ursachen für kriminelles Verhalten könne die Polizei nicht maßgeblich beeinflussen, sondern sei auf die Zusammenarbeit mit ihren Partnern - zum Beispiel Familien, Sozialorganisationen und -behörden, Schulen - angewiesen. "Wenn Bildung und Beschäftigung da sind, ist schon vieles gemacht."

Mehr Personal

"Ich wäre aber ein schlechter Präsident, wenn ich nicht mehr Personal wollen würde", sagte Pürstl. Dabei gehe es um die Frage der Belastung der Beamtinnen und Beamten. Vor allem Überstunden sind dabei ein Kriterium. Wobei nicht jede Überstunde gleich ist, räumten Hutter und Wiens Polizeichef ein. Sie führten eine Mitarbeiterbefragung ins Treffen, wonach die Überstunden an sich nicht so ein Problem wären, "aber die unvorhergesehenen". Pürstl konkretisierte: "Wenn man um 17.00 Uhr auf der Dienststelle erfährt, dass man die Nacht über da bleiben muss."

Die Drop-out-Rate unter Polizisten sei aber nicht so hoch wie medial kolportiert: "Im ersten Halbjahr heuer quittierten 105 Beamtinnen und Beamte den Dienst. Inklusive Polizeischüler", sagte Hutter.

Der Wiener Polizeipräsident äußerte sich zu Kritik von anderer Seite, etwa von Bezirksvorstehern in der Bundeshauptstadt, die immer wieder beklagen würden, dass es zu wenig Beamte auf den Dienststellen in ihrem Bezirk gebe. "Einsätze in einem Bezirk müssen nicht allein von den Bezirkskräften bewältigt werden, sie werden auch von anderen Einheiten unterstützt", betonte Pürstl. Es gebe die Diensthundeeinheit, die Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (WEGA), die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS), die ordnungspolizeilichen Einsatzeinheiten (EE) und die Bereitschaftseinheit (BE), "die wir so einsetzen, wie wir sie gerade brauchen". Wie etwa auch bei der Messerstecherei in Favoriten: "Da waren auch nicht Bezirkskräfte die ersten am Tatort, sondern eine Einheit der EE."

"Schönfärberei"

Einen Wunsch hatten beide Spitzenbeamten an die Politik, egal, wer nach den Nationalratswahlen im September die Regierung bilden und welcher Innenminister in der Herrengasse sitzen wird: "Die Rekrutierungskampagne unbedingt fortsetzen."

Eine ganz andere Sicht der Dinge hat allerdings die Polizeigewerkschaft: Das Innenministerium betreibe weiter "Schönfärberei" und informiere "einseitig", betonte der stellvertretende Vorsitzende des Zentralausschusses und der Polizeigewerkschaft, Hermann Greylinger von der Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG), in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Wenn Hutter von einem "Allzeithoch" mit über 32.600 Polizistinnen und Polizisten spreche, verschleiere er mit dieser "nackten Zahl" viele Hintergründe. "In dieser Zahl sind alle Polizeischülerinnen und -schüler enthalten, alle Bediensteten in den Logistik- und anderen Innendienstbereichen, alle Kolleginnen und Kollegen in den Zentralstellen BMI (Innenministerium), BK (Bundeskriminalamt), DSN (Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst), DSE (Direktion für Spezialeinheiten), alle Bediensteten mit Herabsetzung der Wochendienstzeit, alle Karenzierungen, alle Auslandsverwendungen, alle Dauerkrankenstände, die Aufzählung ist nicht vollständig."

"Immer dann, wenn in den oa. Bereichen Personalbedarf besteht, wird auf die 'Basisdienststellen'(Polizeiinspektionen) zurückgegriffen. Diese Dienststellen werden immer mehr ausgedünnt, dort wird aber der Großteil der Polizeiarbeit für die Bevölkerung geleistet", kritisierte Greylinger. Es sei auch "Nonsens", mit den Bewerberzahlen zu argumentieren: "Was wirklich zählt, sind die tatsächlichen Aufnahmen, die Zahl der Ausmusterungen und die Zahl derjenigen, die dann auch wirklich langfristig bleiben. So wurden in Wien 2024 bisher 393 Aufnahmen getätigt, davon sind bereits wieder ca. 20 Prozent ausgetreten. Das 'Attraktivierungs-Paket' (Klimaticket, kostenloser Führerschein - übrigens Ideen der Personalvertretung - Nachsicht bei Tätowierungen) greift bei der Aufnahme, eine Attraktivierung des Berufsbildes an sich lässt (leider) weiter auf sich warten", sagte der Gewerkschafter.

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10  Kommentare
10  Kommentare
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vogelhans (163 Kommentare)
am 06.08.2024 17:26

Wahlen kommen - merkt man, die Propagandamaschinerie wurde angeworfen - wie es wirklich ausschaut interessiert niemanden aus den Hochdenkerzentralen……….

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zlachers (9.213 Kommentare)
am 06.08.2024 16:37

Mittagspause heute, ich saß auf der Bank draußen wie immer bei schönem Wetter - auf der Straße daneben fuhren sie vorbei-ich dachte nur, warum habt ihr mich hier allein gelassen. Dieser Beruf wäre genau meins. Beworbenen hatte ich mich schon mal gehabt, erhielt dafür ein Haus Besuch von einen Polizisten der stürmte hinein in meine Wohnung und schrie; Sie haben sich bei uns beworben, guckte mich von oben bis unten wütend an, sind sie österreichischer Staatsbürger, trinken sie Alkohol - weil er ein paar leere Bierflaschen bei mir sah. Dann müsste ich ihm erklären das die Bewerbung nicht nur meine sondern die Idee von einen seiner Kollegen war, ich war bei ihm und hab ein Fall fast alleine gelöst, zumindest die Polizisten auf die Spur von Verbrechern gebracht, und der alte Polizist sah das ich gut war, und das mir diese Arbeit sehr viel gab, er sagte; Sie sollen sich bei uns bewerben, dann bekommen sie ein größeres und besseres Handy z.B. das sagte er weil ich den Fall übers…

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zlachers (9.213 Kommentare)
am 06.08.2024 16:54

Mit meinem Handy übers Internet fand, und damit auch fast löste.
Der eine Schreihals sah aber nichts gutes in mir, ich weiß gar nicht mehr wie lange er bei mir war, hab sein quatschen nach einiger Zeit ausgeblendet, hat mich nicht interessiert. Aber er wusste ja auch schon das ich eigentlich für und nicht gegen die Polizei war, der eine Fall war nicht der einzige der ohne mich wahrscheinlich niemals gelöst gewesen wäre. Und nur weil ich mich bewarb.
Seit dem hab ich‘s sat bekommen, alles für sie zutun, und nichts zurück zu bekommen. Ich gucke mittlerweile einfach weg, wenn was nach der Polizei schreit. Interessiert mich einfach nicht mehr.
War aber am Anfang schwer mir das abzugewöhnen, früher sah ich überall Fälle, ich hatte ein Auge dafür, unermüdlich meldete ich alles der Polizei.
Oder machte mich selbst unermüdlich an die Arbeit so zu sagen. Und jetzt bin ich Gottseidank geheilt, nicht zu letzt wegen der Bewerbung und dem Polizisten der bei mir war.

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zlachers (9.213 Kommentare)
am 06.08.2024 17:06

So kann’s im Leben auch gehen, du fühlst und weißt es genau du bist für irgendwas berufen, aber du kannst diesen Beruf nicht ausüben, wegen deinen schlechten Genen, wegen deiner Herkunft, wegen der Dummheit die dich innerlich stoppt. Irgendwas in dir hält dich immer klein, hält dich fest sozusagen damit du ja nicht aus dir rauskommen kannst.
Das werden kannst wozu du normalerweise geboren worden bist. Spaß darfst du nicht haben. Und manchmal denkst du dann, du fühlst dich wie gefangen. Kannst aber nicht aus!

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faun (680 Kommentare)
am 06.08.2024 14:21

Wenn man die Anforderungen so extrem nach unten schraubt, kein Wunder.

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2good4U (20.236 Kommentare)
am 06.08.2024 12:40

Zusammengefasst wurde Qualität gegen Quantität getauscht, indem man die Anforderungen gesenkt hat.

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NeujahrsUNgluecksschweinchen (30.588 Kommentare)
am 06.08.2024 12:44

Nicht jeder braucht ein junger, großgewachsener Spitzensportler und eierlegende Wollmilchsau sein.
Das mit (unverfänglichen) Tattoos war überfällig.

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2good4U (20.236 Kommentare)
am 06.08.2024 15:47

Von Spitzensportler kann keine Rede sein.
Und halbwegs Deutsch sollte man auch können.

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Orlando2312 (22.931 Kommentare)
am 06.08.2024 16:01

Wieviele Polizisten haben Sie denn schon angehalten und dabei nicht gscheit Deutsch können?

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zlachers (9.213 Kommentare)
am 06.08.2024 17:21

Wenn so-etwas passieren würde - und selbst wenn die Uniform wie echt aussieht - wäre das höchstwahrscheinlich kein echter Polizist.
Am besten wenn man bei anhalte Versuch das schon merkt, und wenn man noch im Auto sitzt einfach weiter fahren, und die echte Polizei anrufen.
Wenn man als Fußgänger von so einen abgehalten wird, Passanten ansprechen und um Hilfe bitten, wenn keine da sind, stehen bleiben um sich nicht selbst weiter in die von ihm ausgehende Gefahr zu bringen, zuhören was er will, falls es Geld ist - hergeben, damit er nicht auf blöde Ideen kommt, sich dabei sein aussehen gut merken. Lieber nicht nach der Marke fragen - könnte ihm Stressen oder man müsste länger in seiner Gegenwart bleiben.
Wenn’s dann vorbei ist; 133 und der wird sich nie wieder als Polizist ausgeben.

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