Das "Enfant terrible" der Modewelt feiert seinen 70er
Jean Paul Gaultier: Röcke für Männer, Korsetts mit Kegel-BH, Matrosenanzüge – seine Entwürfe haben Geschichte geschrieben
Jean Paul Gaultier hat die Vorstellung von Schönheit revolutioniert und mit seinen Event-Defilees die Grenzen zwischen Mode und Spektakel verschoben. Mit einer Haute-Couture-Parade, die ihresgleichen sucht, verabschiedete sich der Stardesigner vor zwei Jahren überraschend von der Welt der hohen Schneiderkunst. Doch nicht ganz. Mit neuen Projekten mischt Gaultier, der morgen 70 Jahre alt wird, weiter mit. Nur wenige Wochen nach seinem Abschied kündigte er ein neues Konzept an: die Neuinterpretation seiner Kreationen durch verschiedene Designer.
Schräge Mode, normale Models
Tutus für Männer, Korsetts mit Kegel-BH, Matrosenanzüge und Minimal-Outfits für die Frau: Der Couturier war schon immer seiner Zeit voraus. Mit seinen exzentrischen Kreationen brach er Tabus, hinterfragte Konventionen und den Begriff von Schönheit. Dazu gehörte auch, dass er nicht nur langbeinige Models auf den Laufsteg holte, sondern normale Menschen von der Straße: Dicke, Dünne, Alte, Junge, Schwarze und Weiße. Gaultier galt lange Zeit als "Enfant terrible" der Modewelt.
Viele seiner Entwürfe vermitteln politische Botschaften über die Gleichstellung der Geschlechter und Freiheit. "Als ich einen Rock für Männer vorschlug, sah ich, dass sich die Männer veränderten und bereit waren, ihre feminine Seite zu zeigen", sagte er. Gaultier wurde am 24. April 1952 nahe Paris geboren. Die Mutter war Sekretärin, der Vater Buchhalter. In der Schule war er nicht gerade ein Ass, zur Mode kam er über das Zeichnen. Kaum 18-jährig, schickte er seine Skizzen den berühmtesten Modeschöpfern in Paris. Pierre Cardin erkannte als Erster sein Talent und engagierte ihn als Assistenten. Als 24-Jähriger stellte Gaultier seine eigene Linie vor und 1978, nur zwei Jahre später, gründete er sein nach ihm benanntes Modehaus. International zum Star wurde er mit dem Korsett mit kegelförmigem BH-Teil, das er 1990 für Madonna entwarf.
Heute hat Jean Paul Gaultier alles erreicht, was man in der Welt der Mode erreichen kann. Seine Haute-Couture-Kollektionen haben Geschichte geschrieben, ebenso wie seine spektakulären Modeschauen.
Make-up für Männer
Im Parfümsegment brachte Gaultier einen Klassiker nach dem anderen auf den Markt, er lancierte eine Make-up-Serie mit Kajalstift und Puderdose für den Mann.
Warum Gaultier sich vor mehr als zwei Jahren von der Haute-Couture verabschiedet hat? Er habe sein Haus in einer Zeit gegründet, in der Kleidungsfreiheit herrschte, sagte er. Das sei lustig, erfinderisch und kreativ gewesen. Für ihn hat die politische Korrektheit alles dem Erdboden gleichgemacht. Mode sei heute leider "aalglatt".