Israelische Armee meldet Umzingelung von Gaza-Stadt
GAZA/TEL AVIV. Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben Gaza-Stadt umzingelt. "Die Umzingelung der Stadt Gaza" sei erfolgt, erklärte Donnerstagabend ein Militärsprecher.
"Unsere Soldaten haben die Umzingelung der Stadt Gaza, des Zentrums der Terrororganisation Hamas, abgeschlossen", sagte Donnerstagabend Militärsprecher Daniel Hagari. Die radikalislamische Hamas drohte ihrerseits, dass die israelischen Soldaten im Gazastreifen "in Leichensäcken" nach Hause zurückkehren würden. Israel hatte in den vergangenen Tagen seine Angriffe auf den Gazastreifen verstärkt.
"Wir befinden uns auf dem Höhepunkt der Schlacht", ließ Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu durch sein Büro erklären. "Wir haben beeindruckende Erfolge erzielt und sind über die Außenbezirke von Gaza-Stadt hinausgekommen. Wir sind auf dem Vormarsch." Auf einer Wahlkampfveranstaltung im US-Staat Minnesota sprach sich US-Präsident Joe Biden für eine Feuerpause im Gazakrieg aus. "Ich denke, wir brauchen eine Pause", meinte Biden.
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Seit einer Woche waren auch immer mehr Bodentruppen in das von der radikalislamischen Hamas kontrollierte Palästinensergebiet eingedrungen. Am Donnerstag wurden dabei nach Angaben des israelischen Militärs "Dutzende" feindliche Kämpfer getötet.
Die israelischen Soldaten hätten sich in der Region um Gaza-Stadt "direkte Gefechte mit Hamas-Terroristen" geliefert, sagte Hagari zunächst. Die Soldaten hätten "die Terroristen mit Hilfe von Artilleriefeuer und Panzern" bekämpft, auch ein Hubschrauber und ein Marineboot seien im Einsatz gewesen. Am Abend dann verkündete die israelische Armee die Umzingelung von Gaza-Stadt.
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Hamas droht: "Noch mehr Soldaten in Leichensäcken"
Der militärische Arm der Hamas drohte nahezu zeitgleich, dass der Einmarsch in den Gazastreifen sich für die israelischen Truppen zum "Fluch" entwickeln werde. "Noch mehr ihrer Soldaten werden in Leichensäcken nach Hause kehren", erklärte ein Sprecher der Essedin-al-Kassam-Brigaden. Laut Angaben der israelischen Tageszeitung "Haaretz" starben seit Beginn der israelischen Offensive 19 israelische Soldaten.
Angriff auf Flüchtlingslager
Nach Angaben der Hamas wurden bei einem der israelischen Angriffe im Flüchtlingslager Jabalia im Norden von Gaza-Stadt nahe einer UNO-Schule am Donnerstag mindestens 27 Menschen getötet. Außerdem gebe es eine "große Anzahl" an Verletzten, erklärte das von der Hamas geleitete Gesundheitsministerium. Die Zahlenangaben ließen sich zunächst nicht unabhängig verifizieren. AFP-Aufnahmen von dem Vorfall zeigten aber mehrere Verletzte und hinzueilende Rettungskräfte.
Die israelische Armee äußerte sich zunächst nicht zu dem Vorfall. Israel wirft der Hamas vor, Flüchtlingslager sowie UNO-Schulen und Krankenhäuser als Verstecke und Waffenlager zu missbrauchen. Die Hamas weist dies zurück.
Israel hatte das Flüchtlingslager Jabalia bereits zuvor in dieser Woche angegriffen und sein Vorgehen mit einem darunterliegenden Tunnelsystem der Hamas begründet. Nach israelischen Angaben wurden bei den Bombardierungen unter anderem einer der Drahtzieher des Hamas-Großangriffs auf Israel am 7. Oktober sowie zahlreiche weitere Kämpfer der radikalislamischen Palästinenserorganisation getötet. Die Hamas erklärte, dass bei den Angriffen auf Jabalia am Dienstag und Mittwoch 195 Menschen getötet worden seien.
Waffenruhe gefordert
Im Gazastreifen herrscht nach UNO-Angaben inzwischen eine "humanitäre Katastrophe". Die Weltgesundheitsorganisation kritisierte am Donnerstag die unzähligen Hindernisse für Hilfslieferungen in das Gebiet. Es müsse "eine humanitäre Pause, idealerweise eine Waffenruhe" geben, forderte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Angesichts des Elends wollen viele Menschen den Gazastreifen verlassen, dies ist seit Mittwoch zumindest ersten Verletzten und Ausländern möglich.
Am Donnerstag erreichten 102 Lastwägen mit Hilfsgütern den Gazastreifen (im Vergleich zu 55 am Mittwoch). Die Lieferungen bestanden laut Palästinensischem Roten Halbmond aus 46 Lkw mit Lebensmitteln, 11 Lkw mit Wasser, 11 mit medizinischer Ausrüstung und weitere Lkw, die unter anderem mit Medikamenten, Bettwäsche und Kleidung beladen waren. Seit Beginn des Israel-Hamas-Krieges sind somit 374 Hilfslastwägen in den Gazastreifen gelangt. Treibstoff war dabei nicht enthalten.
Abseits des Gazastreifens lieferten sich am Donnerstag die israelische Armee und die libanesische Hisbollah heftige Gefechte: Israel meldete einen "breiten Angriff" auf Stellungen der Schiitenmiliz im Nachbarland, die Hisbollah attackierte nach eigenen Angaben "zeitgleich 19 israelische Stellungen". Es gibt Befürchtungen, dass die Hisbollah eine neue Front zur Unterstützung der Hamas eröffnen und so Libanon in den Krieg hineinziehen könnte.
Die im Gazastreifen herrschende Hamas hatte am 7. Oktober einen groß angelegten Angriff auf Israel begonnen, bei dem nach israelischen Angaben rund 1.400 Menschen getötet wurden, darunter überwiegend Zivilisten. Mehr als 240 Menschen wurden demnach zudem aus Israel von Hamas-Kämpfern in den Gazastreifen verschleppt. Durch Israels Gegenangriffe im Gazastreifen wurden nach nicht unabhängig überprüfbaren Angaben der Hamas bisher mehr als 9.000 Menschen getötet.