Massive Kritik am Secret Service nach Trump-Anschlag
WASHINGTON. Donald Trump lobt im Interview mit der "New York Post" den Secret Service für einen "fantastischen Job". Damit steht er aber weitgehend alleine da.
Der Ex-Präsident meint Geschwindigkeit und Präzision, mit welcher der Sicherheitsdienst bei dem versuchten Mordanschlag auf ihn den mutmaßlichen Täter erschoss. Der 78-jährige Präsidentschaftsbewerber der Republikaner steht mit seinem Lob allerdings weitgehend allein, denn der Secret Service sieht sich nach dem Anschlag mit massiver Kritik konfrontiert.
Vor allem stellen Experten die Frage, wie der mit einem halbautomatischen Gewehr vom Typ AR-15 bewaffnete Täter unbemerkt auf das Fabrikdach in Butler im Bundesstaat Pennsylvania gelangen konnte, von wo aus er am Samstag die Schüsse auf Trump bei dessen Wahlkampf-Auftritt abfeuerte. Trump wurde dadurch leicht am Ohr verletzt. Das Gebäude, auf dem sich der mutmaßlichen Schütze befand, lag außerhalb der vom Secret Service für Trumps Wahlkampfkundgebung eingerichteten Sicherheitszone.
Dabei befindet sich das Gebäude aber nur 150 Meter von der Stelle entfernt, wo das Podest für Trump errichtet wurde. Und von seinem Dach aus bestand ein freier Blick in Richtung des Ex-Präsidenten.
"Ungeheuerliches Sicherheitsversagen"
"Der Schütze befand sich außerhalb der Secret-Service-Zone. Was für eine Zone ist denn das?" fragt Richard Painter, Mitarbeiter des Weißen Hauses unter dem früheren Präsidenten George W. Bush und heute Jus-Professor an der University of Minnesota. Er sieht ein "ungeheuerliches Sicherheitsversagen" und fordert eine detaillierte Untersuchung.
Wenn sich ein Dach innerhalb der Reichweite eines Gewehrs bis zu einem Präsidenten oder Präsidentschaftskandidaten befinde, "dann ist es der Secret Service, der auf diesem Dach sein sollte", sagt Painter. "Haben die jemals vom Texas Book Depository gehört?" Das ist das Gebäude im texanischen Dallas, von dem aus der Attentäter Lee Harvey Oswald 1963 mit einen Gewehr Präsident John F. Kennedy erschossen hatte.
Sicherheitskräfte in Fabrikgebäude
Auch der Oberstaatsanwalt des Landkreises Butler, Richard Goldinger, ist verblüfft, dass der mutmaßliche Schütze auf das Fabrikdach gelangen konnte. Wie Goldinger dem Sender MSNBC sagte, befanden sich sogar Sicherheitskräfte in diesem Fabrikgebäude.
Unter Druck bringen den Secret Service auch Berichte von Augenzeugen. Sie sagten, sie hätten den bewaffneten Mann auf dem Dach gesehen und die Sicherheitskräfte darauf hingewiesen. Diese hätten aber nicht reagiert. Ein Beamter der örtlichen Polizei ging den Zeugenhinweisen aber durchaus nach - dies sagte jedenfalls der Polizeichef von Butler County, Michael Slupe.
Örtliche Polizei zuständig
Der Polizist sei zum Dach hinaufgestiegen. Der Schütze habe seine Waffe auf den Beamten gerichtet, der sich daraufhin vom Dachrand zu Boden fallen gelassen habe, sagte Slupe der "Washington Post". Der Polizist habe sich zurückgezogen, "weil er nicht getötet werden wollte". Danach habe der Schütze das Feuer in Richtung Trump eröffnet.
Der "Washington Post" zufolge war die örtliche Polizei für die Kontrolle des Geländes zuständig, das an die Sicherheitszone des Secret Service angrenzt. Es werde nun untersucht, ob es ein Versagen in der Kommunikation zwischen dem Secret Service und der Polizei von Butler gegeben habe, sagte ein hochrangiger Behördenmitarbeiter der Zeitung.
Die Sicherheitspannen in Butler werden voraussichtlich vom Kongress in Washington untersucht werden. Bereits kurz nach dem Anschlag rief der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Trumps republikanischer Parteikollege Mike Johnson, Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas an. Der für die Sicherheit der Präsidenten, Ex-Präsidenten und Präsidentschaftskandidaten zuständige Secret Service ist dem Heimatschutzministerium unterstellt.
Er habe dem Minister "einige gezielte Fragen" gestellt, berichtete Johnson im Sender NBC News. Unter anderem habe er gefragt, ob Überwachungsdrohnen eingesetzt worden seien. Drohnen hätten den Schützen auf dem Dach sichten müssen, sagte Johnson. Eine Antwort habe er von dem Minister aber nicht erhalten.
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