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Präsidenten-Stichwahl in Moldau: Cyberangriff auf Wahlkommission

Von nachrichten.at/apa, 03. November 2024, 17:22 Uhr
Amtsinhaberin Maia Sandu bei der Stimmenabgabe Bild: APA/AFP/DANIEL MIHAILESCU

CHISINAU/WIEN. Die Zentrale Wahlkommission (CEC) der Republik Moldau ist während der Stichwahl um das Präsidentenamt von einer Cyberattacke getroffen worden.

Rund 3,3 Millionen Wählerinnen und Wähler sind aufgerufen, das künftige Staatsoberhaupt der Ex-Sowjetrepublik zu bestimmen. Dabei haben die Moldauer die Wahl zwischen der proeuropäischen Amtsinhaberin Maia Sandu und dem russlandfreundlichen Kandidaten Alexandr Stoianoglo.

Die Wahllokale schlossen um 21.00 Uhr Ortszeit (20.00 Uhr MEZ). Nach Angaben der Wahlkommission in der Hauptstadt Chisinau begann die Stimmenauszählung in dem Land mit 2,5 Millionen Einwohnern, das EU-Beitrittskandidat ist. Die Beteiligung ist demnach bereits höher als beim ersten Durchgang am 20. Oktober.

Die Chefin der Wahlbehörde, Angelica Caraman, teilte am Sonntagnachmittag auf einer Pressekonferenz mit, es habe sich um einen DoS-Angriff (Denial-of-Service) gehandelt, wobei die Funktionsfähigkeit des Systems zeitweilig beeinträchtigt gewesen sei. De facto bedeute dies, dass die Wähler in den Wahllokalen langsamer als üblich registriert werden konnten. Mittlerweile sei die volle Funktionsfähigkeit des Systems wiederhergestellt, das Wahlverfahren an sich sei zu keinem Zeitpunkt unterbrochen worden, sagte Caraman.

Der nationale Sicherheitsberater warf Russland massive Einmischung vor. Die Wahleinmischung berge die große Gefahr, das Ergebnis zu verzerren, teilte Stanislav Secrieru auf der Plattform X mit. Die Behörden seien alarmiert. In der von Moldau abtrünnigen Region Transnistrien, wo russische Truppen stationiert sind, gebe es organisierte Wählertransporte zu den Abstimmungen; das sei illegal, sagte er laut dpa.

"Für Moldau gestimmt"

Die 52-jährige Sandu sagte zu Mittag beim Verlassen eines Wahllokals in Chisinau, "für Moldau gestimmt" zu haben - sie vertraue darauf, dass die Bürger wüssten, "was das Beste für das Land ist". Zwar wollten "Diebe unsere Stimmen und unser Land kaufen", doch sei "die Macht der Menschen letztlich weit größer".

Regierungschef Dorin Recean ließ wissen, dass alle für Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden - Innenministerium, Staatsschutz und Polizei - zur Stunde "auf Hochtouren arbeiten, um einen Angriff auf unsere Demokratie zu verhindern". Sämtliche Wahllokale im Land seien bewacht, die Bürger könnten ihre Stimme unbesorgt abgeben. Receans Statement erfolgte, nachdem in den letzten Tagen sowohl unabhängige Journalisten als auch zahllose moldauische Wählerinnen und Wähler Morddrohungen erhalten hatten, sollten sie nicht für den prorussischen Kandidaten stimmen. Zudem wird zurzeit wegen massiven Stimmenkaufs in der ersten Wahlrunde des Präsidentenrennens ermittelt - mindestens 300.000 moldauische Wähler sollen vom Netzwerk des umstrittenen prorussischen Politikers Ilan Shor bestochen worden sein, um für den Moskau-treuen Kandidaten zu stimmen.

Auslandsmoldauer für Sandu

Für Präsidentin Sandu dürfte es diesmal rein rechnerisch knapp werden - summiert ergeben die vor zwei Wochen im ersten Wahlgang für die proeuropäischen Kandidaten abgegebenen Stimmen 47,5 Prozent, während das prorussische Lager auf insgesamt 53,5 Prozent kam. Den Ergebnissen einer jüngsten, vom Meinungsforschungsinstitut iData erhobenen Umfrage zufolge dürfte Stoianoglo zwar auch in der Stichwahl im Inland die meisten Stimmen einfahren. Schlussendlich würde er jedoch trotzdem verlieren, weil die Auslandsmoldauer massiv für Sandu stimmen werden. Die Demoskopen von iData rechnen dabei mit einem recht knappen Ergebnis - um die 52 Prozent für die Amtsinhaberin, rund 48 Prozent für den prorussischen Herausforderer.

Die EU hatte nach dem ersten Wahldurchgang Mitte Oktober massive russische Angriffe gegen die Demokratie als erwiesen angesehen. Die Leiterin der Wahlbeobachtungsmission der parlamentarischen Versammlung des Europarates, die SPÖ-Nationalratsabgeordnete Petra Bayr, berichtete von einer "intensiven, vom Kreml unterstützten Einmischung in den Wahlprozess". Präsidentin Sandu hatte am Wahltag erklärt, es gebe Beweise, dass 300.000 Stimmen gekauft worden seien. Dutzende Millionen Euro seien von kriminellen Gruppierungen im Zusammenspiel mit ausländischen Mächten ausgegeben worden, um Lügen und Propaganda zu verbreiten.

Brandstätter (Neos) als Wahlbeobachter im Einsatz

Der ebenfalls als Wahlbeobachter im Einsatz befindliche Neos-Europaabgeordnete Helmut Brandstätter warnte am Sonntag: "Moldaus Weg nach Europa darf nicht durch russische Einmischung gefährdet werden." Es sei "unsere demokratische Pflicht, jegliche Manipulationsversuche aufzudecken und für Transparenz zu sorgen". "Russische Einschüchterungen und Desinformationskampagnen dürfen die europäische Zukunft Moldaus nicht untergraben."

Die Lage im EU-Beitrittskandidatenland Moldau ist äußerst angespannt: Staatsschutz und Polizei ermitteln auf Hochtouren - inzwischen auch wegen einer Reihe von telefonisch oder per Textnachricht erfolgten Morddrohungen sowohl gegen unabhängige Journalisten als auch gegen Wähler. Wie der moldauische Ministerpräsident Dorin Recean am Freitagabend mitteilte, wurden in den letzten Tagen zahllose moldauische Wählerinnen und Wähler mit dem Tode bedroht, sollten sie nicht für den prorussischen Kandidaten stimmen. Derlei Drohungen würden ausschließlich darauf abzielen, die Menschen zu verängstigen und von den Wahlurnen fernzuhalten, sagte Recean, der Bürgerinnen und Bürger ersuchte, unbesorgt abstimmen zu gehen.

Auch der in der ersten Wahlrunde drittplatzierte, gleichfalls prorussische Kandidat Renato Usatii erklärte, Morddrohungen erhalten zu haben, sollte er keine ausdrückliche Wahlempfehlung zugunsten Stoianoglos abgeben - was er unter diesen Umständen partout nicht tun werde, stellte Usatii klar.

"Demokratie retten"

Staatspräsidentin Sandu selbst forderte die Moldauer auf, nicht zuzulassen, "dass gekaufte Stimmen das Schicksal unseres Landes bestimmen" - beim Urnengang von 3. November gehe es de facto darum, "die Demokratie zu retten". Die 52-Jährige versicherte zudem, "die Stimmen der Menschen vernommen" zu haben, weswegen sie eine umgehende Regierungsumbildung anregen werde, sollte sie für eine weitere Amtszeit bestätigt werden.

Die Ex-Sowjetrepublik grenzt an die Ukraine und an Rumänien. Seit dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine im Februar 2022 befürchten viele Moldauer, dass Russland ihr Land als nächstes angreifen könnte. Sorge bereitet vielen auch die Lage in der russischsprachigen Region Transnistrien, die sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 von Moldau abgespalten hatte. Nur Russland hat den schmalen Landstreifen als unabhängig anerkannt und dort Soldaten stationiert.

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