Philipp Prosenik: "Bin selbstbewusster geworden"
Er ist jung, talentiert und zählt zu Österreichs größten Nachwuchs-Hoffnungen. Stürmer Philipp Prosenik (16), seit dieser Saison bei Chelsea unter Vertrag, gewährt bei sportnet.at Einblick in seine neue Welt.
Bald ist es geschafft. Noch eineinhalb Stunden Aqua-Jogging, eine 60-minütige Einheit auf dem Ergometer und abschließend noch einmal eine dreiviertel Stunde in die Kraftkammer.
Seit seiner bereits zweiten Operation am Meniskus ist dieses Programm für den 16-Jährigen Philipp Prosenik täglich Brot. Passiert ist es beim Training mit den Profis, Übeltäter niemand Geringeres als Michael Essien. “Er hat sich aber sofort entschuldigt”, erzählt Philipp.
Harte Gangart und ihre Folgen
Dass “englische Härte” keineswegs nur eine leere Worthülse ist, hat der 1,88-Meter-Hüne am eigenen Leib erfahren. Gehirnerschütterung mit Gedächtnisverlust und diverse Knöchelverletzungen machten in den letzten Monaten neben dem Meniskus zu schaffen.
“Meine Leistung habe ich trotzdem immer gebracht”, erzählt der seit gut einem halben Jahr in Cobham lebende Simmeringer. “Die Trainer sind jedenfalls sehr zufrieden mit mir.”
Obwohl des Öfteren von Verletzungen zurückgeworfen, hat sich Philipp bislang “sehr gut eingelebt. Auch wenn das hohe Tempo am Anfang gewöhnungsbedürftig war.” Ein Treffer (per Kopf) bei sieben Einsätzen stehen im Herbst auf der Haben-Seite.
Größter Konkurrent im Angriff: Ein 17-jähriger Schwede namens Marko Mitrovic. “Er ist schon ein Jahr länger beim Klub als ich, aber wir sind ungefähr am selben Level.”
Früh übt sich: Wenn TV-Kameras Alltag werden
Auf dem fast militärisch abgeriegelten Trainingsgelände fehlt es den Youngsters der “Blues” an nichts.
“Jedes unserer Spiele wird aufgezeichnet und ist via Chelsea TV zu sehen. Zudem werden die guten und schlechten Szenen aller Spieler auf fünf, sechs PC’s hochgeladen, wo sie mit uns analysiert werden.”
"Komisch, plötzlich alleine dazustehen"
Auch privat hat sich der sympathische Linksfuß mittlerweile an das neue Umfeld gewöhnt, obzwar es zu Beginn nicht leicht war.
“Die ersten beiden Wochen waren schlimm. Es ist komisch, plötzlich ganz alleine dazustehen. Inzwischen genieße ich es aber sogar ein bisschen, dass keine Mama da ist, die sagt ?mach dieses und jenes’”, lächelt der Torres-Bewunderer. “So kann ich mich total auf meine Ziele fokussieren.”
Britischer Humor gewöhnungsbedürftig
Dabei geholfen wird dem mittlerweile perfekt englisch sprechenden Prosenik vor allem von seiner Gastfamilie. “Die machen eigentlich alles für mich. Ich bin ziemlich nett zu ihnen, und so sind sie im Gegenzug auch zu mir.”
Die Gastmutter arbeitet in einer Bank, während der Gastvater, einst in der Finanzbranche tätig, heute als Autor sein Geld verdient. “Beide haben diesen trockenen, britischen Humor. Vor allem beim Vater ist er sehr stark ausgeprägt. Mittlerweile bin ich aber damit vertraut.”
Im Humor liegt jedoch nicht der einzige Unterschied zur alten Heimat. “Auf der Insel sind sie unglaublich freundlich. Jeder wird respektiert. Das Ansehen der Putzkräfte ist hier beispielsweise gleich hoch wie jenes der Trainer.”
Welche Chelsea-Stars haben es Prosenik besonders angetan? Durch welches Motto tankt das Stürmer-Talent zusätzlich Kraft? Lesen Sie weiter auf Seite 2!
Besonders angetan haben es dem ÖFB-U17-Teamspieler die Stürmerstars, Didier Drogba und Nicolas Anelka.
“So etwas habe ich noch nicht gesehen. Die treffen wirklich jeden Ball ins Tor”, schwärmt Philipp. “Und wenn du etwas wissen möchtest, nehmen sie sich Zeit und erklären es dir geduldig.”
Etwa zwei Monate soll es noch dauern, ehe “Prose” wieder in den Match-Betrieb einsteigen kann. Bis dahin heißt es vor allem hart arbeiten und Geduld bewahren. “Success ist the sum of small efforts, repeated day in and day out?, lautet nicht umsonst sein Motto.
Nach getaner Arbeit wird gebüffelt
Doch nicht nur sportlich warten Tag für Tag neue Herausforderungen. Auch schulisch. Im Juni stehen die nächsten Prüfungen an.
“Momentan kriege ich noch täglich Hausaufgaben und Lernstoff via Internet zugeschickt”, so der Gymnasiast. “Bis jetzt habe ich immer alles pünktlich zurückgeschickt.”
"Bin selbstbewusster geworden"
Überhaupt sei es sein Ziel, durch das Auslands-Engagement auch menschlich einen Schritt vorwärts zu machen.
“Man verändert sich, auch wenn es einem selbst nur bedingt auffällt. Ich finde, ich bin selbstbewusster geworden. Auch meine Mutter hat das gesagt, als ich während der Weihnachtsfeiertage zuhause war.”
"Vom Nachtleben noch nichts mitbekommen"
Sofern Zeit bleibt, greift Philipp gerne mal zur PlayStation oder fährt zum Shoppen. “London ist eine wunderschöne Stadt, die richtig lebt. Vom Nachtleben habe ich bislang allerdings nichts mitbekommen. Im Normalfall muss ich bis spätestens 22:30 Uhr zuhause sein.”
Aber das sei ohnehin alles nicht so wichtig, denn wie sagte Philipp schon vor seinem Wechsel zu Chelsea im sportnet.at-Interview: “Ich lebe Fußball.”