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Der Tag, an dem "Iron Mike" Tyson zu viel Biss zeigte

Von Dominik Feischl und Alexander Zambarloukos, 27. Juni 2017, 00:04 Uhr
Der Tag, an dem "Iron Mike" Tyson zu viel Biss zeigte
Evander Holyfield (li.) und Mike Tyson haben sich versöhnt. Bild: OÖN

LAS VEGAS. Morgen jährt es sich zum 20. Mal, dass Evander Holyfield im Kampf um den WM-Gürtel einen Teil des Ohrs verlor.

In der mit 16.331 Zuschauern ausverkauften MGM Grand Garden Arena in Las Vegas hielt es spätnachts am 28. Juni 1997 niemanden mehr auf den Sitzen. Denn in der Mitte spielte sich gerade jener Skandal ab, der als einer der Größten in die Box-Geschichte eingehen sollte. Hauptdarsteller im Ring: "Iron Mike" Tyson, der im WM-Kampf gegen Evander Holyfield den verloren gegangenen Schwergewichts-Titel unbedingt zurückerobern wollte. Und dabei zu viel Biss zeigte.

Noch etwas mehr als 40 Sekunden waren in der dritten Runde zu absolvieren, als Tyson von Holyfield aus der Umklammerung geschubst wurde und der Weltmeister wild schreiend durch den Ring sprang. Holyfield torkelte zu Ringrichter Mills Lane und deutete mit schmerzverzerrtem Gesicht immer wieder auf sein rechtes Ohr, aus dem ziemlich viel Blut floss.

Wie ein Vampir hatte Tyson mit den Zähnen nach dem Weltmeister geschnappt und Holyfield ein 1,5 Zentimeter langes Stück aus dem Ohr gerissen.

Lane brach daraufhin sofort den Kampf ab, nachdem Tyson seinen Widersacher zuvor bereits ins linke Ohr gebissen hatte. Es wirkte, als wäre alles geplant gewesen. Zur dritten Runde verzichtete Tyson auf seinen Mundschutz, die Trainer wollten ihm das Plastikstück noch reichen, doch der aus dem New Yorker Ghetto groß gewordene "Pitbull" lehnte es ab. Wenig später war dann klar, warum.

500 Millionen Dollar verprasst

Es sollte Tysons Untergang im Boxring besiegeln. Auf den Thron kehrte er nie zurück, landete 1999 wegen mutmaßlicher Vergewaltigung im Gefängnis, ging 2002 gegen Lennox Lewis bei einem Comeback schwer k. o. und hörte nach einer weiteren Pleite gegen Kevin McBride 2005 endgültig auf. Nach 50 Siegen, 44 Knock-outs und sechs Niederlagen blieb nichts. Auch in puncto Geld. "500 Millionen Dollar" habe er verprasst, gestand Tyson später. Zum Beispiel für einen Privatzoo mit Tigern oder einen Fuhrpark mit 62 Autos.

In seinem eben erschienenen Buch "Iron Ambition" würdigt er vor allem seinen Entdecker, Trainer Cus d’Amato. Hätte er zum Zeitpunkt des Kampfes gegen Holyfield noch gelebt, wäre es wohl nicht zum Skandal gekommen, schreibt der mittlerweile 50 Jahre alte Tyson. Unkontrollierbar sei er gewesen, eine Kampfmaschine, für die nach D’Amatos Tod niemand den Aus-Schalter fand. Der legendäre Coach war 1985 verstorben. Ein Jahr später sollte Tyson mit 20 der bis heute jüngste Schwergewichts-Weltmeister werden.

Holyfield schloss mit seinem einstigen Gegner 12 Jahre nach dem Kampf in der "Oprah Winfrey Show" dann auch Frieden. 40 Millionen Dollar Kampfbörse milderten die Schmerzen zudem. Zumindest kurze Zeit. Der 54-Jährige Holyfield soll wie sein Erzrivale ebenfalls bereits in schweren, finanziellen Nöten gesteckt haben.

 

Extreme "Ausraster" der Sportgeschichte

  • Tyson vs. Holyfield

    Am 28. Juni 1997 beißt Mike Tyson, nach eigenen Angaben von mehreren Kopfstößen provoziert, Evander Holyfield im legendärsten Boxkampf der Historie ein Stück des rechten Ohrs ab. Zunächst kassiert Tyson in Las Vegas „nur“ einen Punkteabzug, vor Beginn der vierten Runde tritt aber das Kampfgericht zusammen und beschließt die Disqualifikation.
     
  • „Kung Fu“ Cantona

    Am 26. Jänner 1995 wird Eric Cantona, damals Fußball-Stürmerstar von Manchester United, im Premier-League-Match gegen Crystal Palace ausgeschlossen. Beim Abgang beleidigt Matthew Simmons, Fan des Londoner Vereins, den Franzosen und bespuckt ihn. Cantona springt über eine Werbebande und streckt seinen Widersacher mit einem Kung-Fu-Tritt nieder. Die Folge: Sperre für ein halbes Jahr. Zeigt Cantona Reue? Nein. „Ich hätte härter treten sollen“, sagt der heute 51-Jährige.
     
  • Suarez vs. Chiellini

    Im entscheidenden WM-Gruppenmatch am 24. Juni 2014 beißt Uruguays Stürmer Luis Suarez Italiens Verteidiger Giorgio Chiellini in die Schulter. Der Übeltäter wird daraufhin vier Monate von allen Fußball-Aktivitäten ausgeschlossen. Uruguay gewinnt 1:0, Italien scheidet aus.
     
  • Zidane vs. Materazzi

    Im WM-Finale 2006 in Berlin verpasst der Franzose Zinedine Zidane dem Italiener Marco Materazzi, der zuvor Zidanes Schwester beleidigt hat, einen Kopfstoß. „Zizou“ sieht in seinem letzten Spiel als aktiver Fußballer Rot und muss zusehen, wie Italien im Elfmeterschießen Weltmeister wird.
     
  • Krieg der Eisprinzessinnen

    Nancy Kerrigan gewinnt am 25. Februar 1994 Olympisches Eiskunstlauf-Silber. Es ist ein Wunder, hat sie doch nur sechs Wochen zuvor ein Handlanger ihrer schärfsten Rivalin Tonya Harding mit einer Eisenstange am Knie verletzt. Hardings Ehemann Jeff Gilloly hatte den perfiden Plan mit deren Bodyguard Shawn Eckardt geschmiedet. Die Bilder der schreienden Kerrigan („Warum ich?“) gehen um die Welt.
     
  • Die Ehefrau als Rächerin

    Ausgerechnet beim Tennis-Grand-Slam-Turnier in Wimbledon, wo gutes Benehmen in der Hitliste an oberster Stelle steht, fällt Jeff Tarango völlig aus der Rolle. Der US-Amerikaner beschimpft im Juni 1995 in der Drittrundenpartie gegen den Deutschen Alexander Mronz den französischen Referee Bruno Rebeuh nach einer vermeintlichen Fehlentscheidung wüst und wird daraufhin disqualifiziert. Tarangos Ehefrau ohrfeigt daraufhin den Schiedsrichter zweimal. Der Tarango wird für zwei Grand-Slam-Turniere gesperrt und hat auch im darauffolgenden Jahr Hausverbot im elitären „Club“ in Wimbledon.
     
  • Ein Olympiasieger dreht durch

    Bei der Taekwondo-Olympia-Premiere im Jahr 2000 krönte sich Angel Matos zum Olympiasieger. Acht Jahre später bei den Sommerspielen in Peking endet seine Karriere mit einem Eklat. Im Halbfinale wird der Kubaner disqualifiziert, weil er eine Behandlungspause überzogen hat. Daraufhin tritt Matos in das Gesicht des schwedischen Referees Chakir Chelbat. Der Sünder wird für diese Aktion lebenslang gesperrt.
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