"Einen Sagan hätte beim Giro jeder Sportdirektor gerne mit dabei"
Der Trauner Pömer darf bei der Italien-Rundfahrt ab heute im Betreuerauto schwitzen. Der Marchtrenker Felix Großschartner ist Oberösterreichs fahrerischer Beitrag beim 101. Giro d'Italia. Die OÖN haben mit beiden gesprochen.
Im Radfahrersattel schaffte er nie die Teilnahme bei einer Grand Tour wie dem Giro d’Italia. Im Betreuerauto des deutschen Bora-hansgrohe-Teams ist der Trauner Christian Pömer dagegen längst in der Weltklasse angekommen. Als Sportdirektor bei der heute in Jerusalem startenden Italien-Rundfahrt (live auf Eurosport, ab 12.45 Uhr) ist sein Arbeitstag fast so anstrengend wie der seiner Fahrer. Im OÖN-Gespräch verrät der 40-Jährige, warum.
OÖNachrichten: Wie kann sich der Laie die Arbeit eines Sportlichen Leiters bei so einer Rundfahrt vorstellen?
Christian Pömer: Die Vorbereitung darauf beginnt wie für die Sportler Monate davor. Ich mache seit Vorstellung der Strecke im Herbst letzten Jahres unter anderem ein genaues Studium der Route. Und während dem Giro ist mein Tag ohnehin lang, von der Renntaktik bis zur Versorgung mit Trinkflaschen reicht meine Aufgabenliste. Nach so einem drei Wochen dauernden Rennen bist du auch leer.
Sie haben 2011 als Aufbauhelfer im Welser Team begonnen. Hätten Sie es sich ausgemalt, jemals so weit zu kommen?
Daran habe ich damals nicht gedacht. Ich bin einfach in diese Aufgabe dann über die Jahre hineingewachsen und war wohl einige Male zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Es war nicht unbedingt eine Lobby da. Vielleicht musste ich auch härter arbeiten als so manch anderer Sportdirektor, der diese Aufgabe schon in seiner Zeit als Rennfahrer besser kannte. Als ich 2013 bei Bora bei meinem ersten Rennen als Leiter, dem GP Zottegem, gleich den Sieg einfahren konnte, hat es noch einmal klick gemacht und seither bin ich mit der Mannschaft mitgewachsen und konnte auch die Österreicher-Fraktion bei Bora Stück für Stück vergrößern.
Peter Sagan ist Teil des Bora- Teams, beim Giro aber traditionell nicht dabei. Würden Sie sich ein Kaliber wie ihn in Ihrem Aufgebot wünschen?
Einen Sagan hätte beim Giro jeder Sportdirektor gerne dabei, weil er einfach so eine Ausnahmeerscheinung darstellt und Erfolg fast garantiert ist. Aber ich bin auch nicht beleidigt, dass er andere Pläne hat. Ich bin gerne mit Rohdiamanten wie einem Felix Großschartner oder einem Patrick Konrad unterwegs, die noch ein wenig den letzten Schliff brauchen und ihn sich bei solchen Rennen holen können.
Was ist Konrad und Großschartner nun beim Giro zuzutrauen?
Das bergige Profil kommt beiden entgegen. Patrick ist in einer Leaderrolle, Felix ein wichtiger Helfer. Aber wenn er an einem Tag gute Beine hat, werde ich ihm keinen Beißkorb anlegen. Es ist viel möglich.
Österreichs Fahrer sind sportlich stark im Kommen. Ist auch ein heimisches Weltklasse-Team irgendwann einmal möglich?
Das wäre schön, aber dafür müsste sich einiges ändern. Der Radsport ist heute eine Mehrklassen-Gesellschaft. Da gibt es die World-Tour mit den ganz großen Rennen und dann denn Rest, der für solche Bewerbe keine Einladungen bekommt. Dazwischen ist nichts. Und in die Eliteklasse kommt man nicht nur mit dem nötigen finanziellen Background. Das Umfeld muss professionell sein. Viel eher wäre denkbar, dass einmal ein Development Team entsteht, das die Lücke zwischen World-Tour und der Continental-Ebene als eine Art B-Mannschaft schließt.
Heute geht's los
Mit einem Zeitfahren über 9,7 Kilometer in der Innenstadt von Jerusalem wird heute der 101. Giro d’Italia gestartet. Und auch wenn es nur ein erstes Abtasten sein wird. Felix Großschartner hat mit der welligen Kursführung seine Freude. Bei ähnlichen Bedingungen überraschte der Marchtrenker heuer bereits bei der Fernfahrt Paris–Nizza, als er in einem Weltklasse-Feld Vierter beim Kampf alleine gegen die Uhr wurde.
OÖN-Video: Felix Großschartner vor dem Giro-Start
Der Marchtrenker Felix Großschartner ist Oberösterreichs fahrerischer Beitrag beim 101. Giro d'Italia. Der 24-Jährige fährt für das deutsche World-Tour-Team Bora-hansgrohe und will wie schon im Vorjahr bei seiner Premiere überraschen.
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