Stefan Kraft: "Natürlich will ich wieder einer der Besten sein"
LILLEHAMMER. 13 Tagessiege, Gesamt-Weltcupchampion und Skiflug-Weltmeister: Stefan Kraft hatte 2023/24 eine tolle Saison. Der mittlerweile 31-jährige Salzburger geht gelassen und davon "unbeeindruckt" am Freitag in Lillehammer in die neue Saison
Auch mit den Regeländerungen, wonach man nur noch eine beschränkte Anzahl von Anzügen verwenden darf sowie einer verschärften Telemark-Benotung, kann Kraft gut leben. Genaue Ziele definiert er nicht.Lillehammer.
APA: Kribbelt es vor dem Weltcup-Auftakt immer noch nach all den Jahren?
Stefan Kraft: "Voll. Ich freue mich richtig. Nach dem vielen Training denkst du dir, es wird Zeit, dass es losgeht. Du weißt, wofür du trainierst, wenn es um etwas geht."
Sie hatten eine überragende Saison, die man weder erwarten noch planen kann. Mit welchem Gefühl gehen Sie in die kommende?
Kraft: "Sehr unbeeindruckt und neutral. Das letzte Monat war nicht ganz leicht. Ich habe springerisch einen Mega-Sommer gehabt. Es hat alles funktioniert wie noch nie. Im Herbst habe ich mich schon wieder sehr geplagt, aber das kenne ich auch schon sehr gut. Normal auf Schnee ist eh wieder alles anders. Ich bin sehr gespannt, die Vorbereitungen waren gut."
Wie sind die Bedingungen in Lillehammer - ein Winter Wonderland?
Kraft: "Sehr gut, aber gar nicht winterlich, es ist alles grün. Die Schanze ist in einem perfekten Zustand. Schnee ist leider gar keiner, das habe ich (in Norwegen, Anm.) auch noch nie gesehen."
Zuletzt hat Ihr Rücken wieder etwas gezwickt. Sind das nur übliche Wehwehchen, die auch mit der steigenden Anspannung zu tun haben?
Kraft: "Da bin ich mir ganz sicher. Immer wenn es kälter wird und dann haben wir mal wieder die ganze Einheit der Sprunganzüge an, die haben sehr viel Spannung drauf. Dann zieht es im Kreuz ein bisserl zusammen und es ist das erste Mal kalt, das Training ist auf letzter Rille zum Schluss. Aber es hat sich schon wieder sehr gut entwickelt, es war drei, vier Tage ein bisserl hart. Stand heute fühle ich mich wieder sehr gut. Ich weiß mittlerweile, was mir hilft und stehe sicher besser da als letztes Jahr."
Es gibt zwei Regeländerungen, darunter die limitierte Zahl der Anzüge. Man darf auch zwischen den Durchgängen nicht mehr wechseln. Erschwert es das?
Kraft: "Eigentlich ist es einfacher für uns, weil ich mir (im Bewerb) keine Gedanken machen muss. So habe ich oft gedacht, wenn ich nach dem ersten Sprung nicht ganz happy war, der andere Anzug 'hebt' vielleicht ein bisserl mehr - jetzt hast du die Option gar nicht mehr. Vorher muss man sich echt Gedanken machen, für welche Variante man sich entscheidet. Im Endeffekt ist es während des Wettkampfs aber einfacher für uns."
Erlaubt sind acht Anzüge plus zwei für die WM. Wie viele haben Sie da schon ausgewählt?
Kraft: "Ich suche mir jetzt den besten Anzug raus und dann lasse ich ein bis zwei chippen. Einen Favoriten habe ich schon vom Trainingskurs."
Wie sehen Sie die geplante Aufwertung des Telemarks?
Kraft: "Es soll derjenige gewinnen, der auf die Hillsize runterspringt und da einen perfekten Telemark macht. Das ist für mich Skispringen, das wollen die Zuschauer sehen. Von dem her finde ich es okay. Ich bin Einer, der einen sehr guten Telemark kann und macht, es kommt mir vielleicht ein wenig entgegen. Aber du darfst dir nichts erlauben. Es ist oft ruppig und du wirst beinhart bestraft. Ich finde schon, dass es gut ist, weil manchmal hast du (in der Benotung) keinen Unterschied gesehen."
Kann es Springer daran hindern, eine Schanze richtig auszureizen?
Kraft: "Genau das ist die Kunst, dass du da unten auch noch einen machst, finde ich. Der soll gewinnen. Aber es ist natürlich schwerer."
Das ÖSV-Team war zuletzt sehr stark. Ist es angenehm zu wissen, dass die ganze Last der Erwartungen nicht nur auf Ihnen ruht?
Kraft: "Ja. Natürlich will ich selber wieder einer der Besten sein. Ich will oben stehen und wissen, okay, wenn ich jetzt zwei geile Sprünge mache, kann ich gewinnen. Ich schau schon in erster Linie auf mich selbst und wäre auch nicht glücklich, wenn alle anderen Österreicher vor mir sind und ich einen 'Schaß' hupfe. Wir haben ein super-starkes Team und das ist auf alle Fälle cool, man kann von jeden was lernen. Das ist fürs Gemüt gut."
Sie werden immer wieder gelobt, ein ausgezeichneter Teamplayer zu sein.
Kraft: "Ich sag immer: ich bin immer so zu den Leuten, wie ich möchte, dass sie zu mir sind. Es kann jeder herkommen und einen Rat haben, da gibt es überhaupt keine Hierarchie bei uns. Bei einem Team-Meeting habe ich vielleicht mehr zum Sagen, weil mich vielleicht auch mehr stört, weil ich älter bin (lacht). Bei uns rennt der Schmäh, da kann jeder alles haben. Das ist schon etwas, was der Michi (Hayböck, Anm.) und ich damals ins Team gebracht haben. Sicher braucht es auch den richtigen Chef dazu."
Sind die Vierschanzen-Tournee und die WM in Trondheim für Sie gleich wichtig?
Kraft: "Stand jetzt ist gar nichts wichtig. Jetzt interessieren mich mal die ersten zwei Wochen, jetzt ist nur das in meinem Kopf. Ab Wisla, ab dem dritten Wochenende habe ich nur die Tournee in meinem Kopf. Sobald die Tournee vorbei ist, ist nur noch die WM das Wichtigste. Du musst eh in dem Moment in Form sein und wenn es gar nicht funktioniert, dann musst du davor eh alles umkrempeln. Es wird sich alles weisen, oder man muss sich nie Gedanken darüber machen, weil man eh so einen Lauf hat wie letztes Jahr."
Welchen Stellenwert geben Sie dieses Jahr der Weltcup-Gesamtwertung?
Kraft: "Das nehme ich wie es kommt. So was kannst du erst nach vier, fünf Wochen sagen, ob das Thema werden kann."
Sie waren zuletzt auch Gast beim Abschied von Dominic Thiem. Flirten Sie manchmal mit dem Gedanken an das Danach oder machen Sie sich Gedanken über den richtigen Zeitpunkt?
Kraft: "Nein. Es ist mir egal, wenn ich den Zeitpunkt verpasse. Weil ich das für mich mache: So lange ich Spaß habe, so lange ich mich in Rif so gern zerstöre in der Kraftkammer, gerne zwei Wochen von daheim weg bin und mit meinen Kollegen vier geile Wettkämpfe springe... Wenn ich weiß, wenn ich jetzt zwei geile Sprünge mache, kann ich wieder aufs Stockerl springen, werde ich das machen."
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