In zwei Semestern zum Wunschstudium

Wer sich während seiner Schulzeit entschieden hat, anstelle der Matura eine Berufsausbildung zu beginnen oder eine Fachschule zu besuchen, ist nicht automatisch von der Möglichkeit, zu studieren, ausgeschlossen. Mit dem zweisemestrigen Studienbefähigungslehrgang ermöglicht die Fachhochschule OÖ Personen ohne Matura den Zugang zum Studium. Organisiert ist das Ganze berufsbegleitend. Im September startete wieder ein neuer Lehrgang. Mit dabei: Nurhan Altaai, Mitarbeiterin der Anzeigenabteilung der OÖNachrichten. Wir haben mit der 24-Jährigen über ihre Motivation, etwas Neues zu lernen, und ihr Wunschstudium gesprochen. 

Kannst du uns einen kurzen Überblick über deinen Ausbildungsweg geben?

Mit 18 Jahren habe ich angefangen, in Teilzeit zu arbeiten und wechselte daher von der Tages- auf die Abendschule, um meine Matura neben dem Beruf ablegen zu können. Da ich aber irgendwann auf Vollzeit aufstockte, wurde der Besuch des Abendgymnasiums neben dem Beruf zu einer Doppelbelastung, die mir einiges abverlangte. Dann habe ich von der Möglichkeit zur außerordentlichen Lehrabschlussprüfung erfahren. Diese kann man ablegen, wenn man noch keine abgeschlossene Berufsausbildung hat, aber über eine einschlägige Praxis verfügt. Die Chance nutzte ich und absolvierte die Lehrabschlussprüfung zur Bürokauffrau. Danach habe ich mir meine weiteren Optionen angesehen. Nach wie vor hatte ich den großen Wunsch, zu studieren. Ich bin auf den FH-Studienbefähigungslehrgang gestoßen, der Personen mit Lehr- oder Fachschulabschluss offensteht. Ich habe mich dann dafür entschieden, diesen Lehrgang zu machen, anstatt weiterhin die Abendschule zu besuchen.

Seit September machst du nun also den Studienbefähigungslehrgang an der FH in Linz.  Was sind für dich die Vorteile?

Da ich mich in Bezug auf mein späteres Studium bereits für eine Richtung entschieden habe, ist dieses Angebot für mich sehr passend. Der Studienbefähigungslehrgang ist modular aufgebaut. Welche Module man benötigt, hängt von den Vorkenntnissen ab und von der gewünschten Studienrichtung. Ich muss also nicht alle Matura-Fächer absolvieren, sondern erhalte eine gezielte Vorbereitung auf ein FH-Studium in nur zwei Semestern. Somit kann ich mich beim Lernen – neben meinem Vollzeit-Job – auf weniger Fächer, auf diese dafür aber gezielt fokussieren.

Wie erfolgte der Zugang? Hattest du vorab eine Art Aufnahmegespräch?

Ich habe mich online für den FH-Befähigungslehrgang beworben und wurde zum Infoabend eingeladen. Dort wurde uns dann alles genau erklärt. Danach wurden wir in Online- und Präsenz-Gruppen eingeteilt. Ich habe mich für Präsenzunterricht entschieden, weil es mir persönlich einfach lieber ist, wenn die Lehrperson direkt anwesend ist und ich mich vor Ort mit den Kolleginnen und Kollegen austauschen kann. Uns wurde auch empfohlen, Lerngruppen zu bilden, um den Stoff zu verinnerlichen und die Inhalte zu besprechen.

Wie oft pro Woche und in welchen Fächern wirst du unterrichtet?

Ich werde in Mathematik, Deutsch und Business-Englisch unterrichtet. Englisch wurde mir angerechnet, da ich dieses Fach schon in der Abendschule abgeschlossen habe. Montags und dienstags besuche ich derzeit von 17.30 bis 21.30 Uhr die Fachhochschule, jede zweite Woche kommt noch der Mittwoch – zu denselben Zeiten – dazu. 

Wie viele Personen seid ihr im Lehrgang und welche beruflichen Ziele verfolgen die anderen?

In meiner Gruppe sind wir ca. 20 Personen von 18 Jahren bis Mitte 30. Die Gründe für die Teilnahme am Lehrgang sind unterschiedlich. Manche wollen sich beruflich umorientieren und mit einem Studium eine neue Richtung einschlagen, andere möchten sich in dem Bereich, in dem sie tätig sind, weiterentwickeln.

Du arbeitest nach wie vor in Vollzeit. Wie bringst du Lernen und Arbeiten unter einen Hut?

Zum Glück hat mein Arbeitgeber viel Verständnis und ermöglicht mir eine gewisse Flexibilität und Gleitzeit. Das macht es leichter. Auch die Lerngruppen helfen mir sehr. Wir treffen uns ca. einmal pro Woche und tauschen uns aus.

In welchem Zeitraum finden die Prüfungen statt?

Das Studium ist in Module unterteilt und jedes Modul muss man mit einer Prüfung abschließen. Wie viele Module man benötigt, hängt vom gewünschten Studiengang bzw. vom späteren Schwerpunkt (technisch, sozial etc.) ab. Im Fach Mathematik zum Beispiel gibt es insgesamt fünf Module. Für mein Wunschstudium benötige ich aber nur vier Mathematik-Module, die ich positiv abschließen muss. Ende November hatte ich bereits eine Prüfung in Mathe und Ende Jänner folgt die nächste.

Welches Studium möchtest du im Anschluss gerne beginnen und warum?

Mit meinen Modulen stehen mir mehrere Studiengänge offen. Ich weiß aber schon, dass ich gerne Prozessmanagement studieren möchte, da ich mich sehr dafür interessiere, Abläufe und Prozesse innerhalb einer Firma zu optimieren. Ich finde es spannend, wie man vorhandene Ressourcen nutzen und die Stärken von Unternehmen und Arbeitnehmenden optimal einsetzen kann.

Was würdest du anderen sagen oder raten, die auch den FH-Studienbefähigungslehrgang besuchen möchten?

Ich finde, dass es eine tolle Möglichkeit für Berufstätige ist, die vielleicht nicht die Möglichkeit hatten, die Matura zu machen, aber trotzdem ihr Wunschstudium absolvieren wollen. Man ist dort in einem Umfeld mit lauter Gleichgesinnten. Alle sind aus freien Stücken dort und mit dem Ziel, sich beruflich und akademisch weiterzuentwickeln. Auch wenn man nicht den linearen Bildungsweg eingeschlagen hat, stehen einem später noch alle Türen offen. Es gibt viele Angebote und Optionen – man muss sich nur informieren.