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Osteuropas Abschied von der "verlängerten Werkbank"

Von OÖN, 13. Juli 2023, 02:31 Uhr
Osteuropas Abschied von der "verlängerten Werkbank"
Für Osteuropa ist die Abhängigkeit von der Autoindustrie ein Problem. Bild: EPA

WIEN. Studie fordert mehr Industrie und Innovation in diesen Ländern – Ostasien könnte als Vorbild dienen

EU-Staaten in Ostmitteleuropa bräuchten "ein neues, innovationsbasiertes Wirtschaftsmodell", das bisherige Modell als "verlängerte Werkbank" westlicher Konzern stoße an seine Grenzen. Zu diesem Ergebnis kommt eine 148-seitige Studie, die das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) erstellt und gestern, Mittwoch, präsentiert hat.

Auch auf große strukturelle Veränderungen wie Dekarbonisierung und Digitalisierung müssten die Länder reagieren. "Nur dann werden diese Staaten in der Lage sein, bei Produktivität und Lebensstandard mit Westeuropa gleichzuziehen", sagte wiiw-Ökonomin Zuzana Zavarska. Die Studienautoren haben ein Grundproblem für die ostmitteleuropäischen EU-Staaten identifiziert: Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Rumänien, Bulgarien und die baltischen Staaten seien nach wie vor auf arbeitsintensive Produktionen spezialisiert. Die Arbeitsprozesse mit der höchsten Wertschöpfung befänden sich aber weiter in Westeuropa. Dies begrenze die Aussichten, mit dem Westen wirtschaftlich gleichzuziehen.

Für Osteuropa könnte vor allem der Wandel in der Autoindustrie zum Problem werden, weil in diesen Ländern nach wie vor viele Autofabriken stehen. "Bekanntermaßen ist die Produktion von Elektroautos viel weniger arbeitsintensiv als jene von herkömmlichen Modellen mit Verbrennungsmotor. Dazu kommt die voranschreitende Automatisierung in der Industrie", sagte Zavarska.

Taiwan, Südkorea und Singapur

In der wiiw-Studie wird den Ländern geraten, verstärkt auf die Industriepolitik Wert zu legen, und empfohlen, sich als Inspiration die Staaten Ostasiens genauer anzusehen. Taiwan oder Südkorea hätten gezeigt, wie effizient eine gut durchdachte strategische Industriepolitik sein könne, sagte die Ökonomin. Singapur etwa sei erfolgreich beim Anlocken ausländischer Direktinvestitionen in Bereichen, die dem industriellen Potenzial des Landes und seinen Entwicklungszielen entsprachen.

Auch wenn die Schaffung eines echten "unternehmerischen Staates" nach dem Vorbild Ostasiens laut wiiw-Studie für die meisten EU-CEE-Länder "in den kommenden Jahren unrealistisch sein dürfte", empfehlen die Studienautoren folgende Maßnahmen: eine maßgeschneiderte Industriestrategie für jedes Land, die Schaffung eines nationalen Innovationssystems, die volle Inanspruchnahme von EU-Geldern und die Identifikation von vielversprechenden Nischen.

Weitere Empfehlungen der Studie sind die strategische Förderung von Investitionen ausländischer Unternehmen anstatt pauschaler Gießkannenförderung, institutionelle Reformen, soziale Abfederung des Strukturwandels und möglichst gleichmäßige Verteilung der Wohlstandsgewinne.

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