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Pariser Klimaziele drohen laut UNO-Bericht zu scheitern

Von nachrichten.at/apa, 24. Oktober 2024, 16:40 Uhr
Symbolbild
Im vergangenen Jahr war ein Rekordwert an Emissionen verzeichnet worden. Bild: (AFP)

NAIROBI. Die Pariser Klimaziele drohen nach einem Bericht des UNO-Umweltprogramms UNEP zu scheitern, wenn nicht vor allem die Industriestaaten massive Maßnahmen einleiten.

Um das Ziel einer Erderwärmung von 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu erreichen, müssten die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 42 Prozent gegenüber dem Stand von 2019 sinken, betonte UNEP-Exekutivdirektorin Inger Andersen bei der Vorstellung des sogenannten Emission Gap Reports.

Höchststand an Treibhausgasen

Wenn die Pariser Klimaziele keine Utopie bleiben sollen, muss schnell gehandelt werden – mit viel Geld und noch mehr Maßnahmen. Den Berechnungen zufolge wurden 2023 weltweit Treibhausgase mit einer Klimawirkung von 57,1 Gigatonnen Kohlendioxid (Kohlendioxidäquivalenten) ausgestoßen – ein Höchststand. Bereits im vergangenen Jahr war ein Rekordwert an Emissionen verzeichnet worden. Nun sei der Wert noch einmal um 1,3 Prozent gestiegen, heißt es. Zum Vergleich: In der Dekade vor der Corona-Pandemie stiegen die weltweiten Treibhausgasemissionen noch jährlich durchschnittlich um 0,8 Prozent.

Wie schon in den Vorjahren entstanden die meisten Emissionen mit einem Anteil von 26 Prozent im Energiesektor, etwa bei der Stromerzeugung, gefolgt vom Bereich Transport mit 15 Prozent sowie Landwirtschaft und Industrie mit einem Anteil von jeweils elf Prozent.

Hitzewellen, Stürme, Überflutungen

In der alljährlichen Bestandsaufnahme, die wenige Wochen vor der Weltklimakonferenz in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku veröffentlicht wird, geht es um die Lücke zwischen den real zu erwartenden Emissionen von Treibhausgasen in den kommenden Jahren und den Werten, die für ein Erreichen der Pariser Klimaziele notwendig wären. Treibhausgase in der Atmosphäre, insbesondere Kohlendioxid, spielen eine Rolle beim weltweiten Temperaturanstieg.

Wegen der Erderwärmung gibt es in vielen Regionen häufiger und öfter extremes Wetter, also Hitzewellen und Dürren, Stürme und Überflutungen. Dies kann ganze Regionen unbewohnbar machen, Ernten zerstören und damit Hungerkrisen verschärfen. Außerdem steigt der Meeresspiegel, was Küstenregionen und kleine Inselstaaten bedroht.

Industriestaaten gefordert

Gefordert sind vor allem die großen Industriestaaten, die den größten Beitrag zum Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen in die Atmosphäre und damit zu globalen Temperaturanstieg leisten. "Im Wesentlichen bräuchten wir eine globale Mobilisierung in einem noch nie da gewesenen Ausmaß und Tempo", fordert UNEP-Chefin Inger Andersen.

Dem Bericht zufolge drängt die Zeit: Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssten sich die Staaten der Welt gemeinsam dazu verpflichten, die jährlichen Treibhausgasemissionen bis 2030 um 42 Prozent und bis 2035 um 57 Prozent im Vergleich zu 2019 zu senken. Derzeit liegen die Zusagen weit darunter.

"Schwerstarbeit" für G20-Staaten

Um diese globalen Reduktionsziele zu erreichen, müssten vor allem die G20-Staaten – mit Ausnahme der Afrikanischen Union – "Schwerstarbeit" leisten, sagte Andersen. Der Titel des UNEP-Berichts, "No more hot air, please" (Bitte keine heiße Luft mehr) klingt doppeldeutig und mahnend zugleich: Die Erderwärmung soll gestoppt werden - und die Zeit für schöne Worte ist vorbei.

Der Bericht nimmt die G20-Staaten wenige Wochen vor der UN-Klimakonferenz im aserbaidschanischen Baku in die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen und zu investieren, um Emissionen zu senken: Diese Gruppe sei noch nicht einmal auf Kurs, um die aktuellen nationalen Beitragsziele zu erfüllen, heißt es. Die Mitglieder mit den höchsten Emissionen müssten "die Führung übernehmen, indem sie jetzt und in den neuen Zusagen ihre Maßnahmen und Ambitionen drastisch erhöhen."

Für 77 Prozent der Emissionen verantwortlich

Denn die G20-Mitglieder ohne die Afrikanische Union waren den Angaben zufolge im Jahr 2023 für 77 Prozent der Emissionen verantwortlich. Die Aufnahme der Afrikanischen Union als ständiges G20-Mitglied erhöhe den Anteil nur um fünf Prozent auf 82 Prozent. Dies zeige die Notwendigkeit differenzierter Verantwortlichkeiten zwischen den Nationen.

Die Pro-Kopf-Berechnungen der Kohlendioxid-Emissionen für verschiedene Länder und Regionen machen die globalen Unterschiede deutlich: So betrug dem Bericht zufolge der Wert in Russland im vergangenen Jahr 19 Tonnen Kohlendioxidäquivalente pro Einwohner, in den USA 18 Tonnen, in China 11 Tonnen und in den EU-Staaten durchschnittlich 7,3 Tonnen. Die 55 Staaten der Afrikanischen Union dagegen erreichten einen gemeinsamen Pro-Kopf-Wert von 2,2 Tonnen und die 47 am wenigsten entwickelten Staaten gar nur 1,5 Tonnen.

"Klimaschutzmaßnahmen sind mangelhaft"

"Seit Jahren warnen die Vereinten Nationen vor der großen Kluft zwischen den Versprechen und den tatsächlichen, konkreten Plänen im Klimaschutz. Nach wie vor sind die Klimaschutzmaßnahmen der Staaten mangelhaft. Das birgt die Gefahr, dass das Pariser 1,5-Grad-Ziel gesprengt wird", wurde Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich in einer Aussendung zitiert. Die Staats- und Regierungschefs müssten ihre Klimapläne mutiger und entschlossener gestalten, den letztjährigen Beschluss der Klimakonferenz ernst nehmen und sich endgültig von den fossilen Energien verabschieden - dafür müssen klare Pläne und Ausstiegstermine für Kohle, Öl und Gas auf den Tisch gelegt werden."

"Wir müssen dringend den Ausstieg aus den fossilen Energien vorantreiben, sonst gelangen immer weitere gigantische Mengen an CO2 in unsere Atmosphäre und befeuern die Erderhitzung", sagte Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland, zu dem UNEP-Bericht. "Alles, was wir jetzt nicht dafür investieren, müssen wir später doppelt und dreifach ausgeben."

Die Erkenntnisse müssten sich in der weltweiten Finanzierung niederschlagen genau wie im deutschen Haushalt. "Wir brauchen mindestens die zugesagten sechs Milliarden Euro aus Deutschland für den Klimaschutz weltweit, wir brauchen die zugesagten 100 Milliarden US-Dollar jährlich von den Staaten des Globalen Nordens bis 2025 und wir brauchen in Baku die Einigung auf ein höheres Finanzierungsziel ab 2026", forderte Raddatz.

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