"Jack Unterweger steckt in uns allen"
Burgtheater-Star Johannes Krisch über die aufreibende Arbeit als Hauptdarsteller für den Kinofilm "Jack" (Start: Freitag)
Fünf Jahre lang hat sich Johannes Krisch auf seine Rolle in "Jack" vorbereitet. Jetzt lernt er, sie hinter sich zu lassen.
OÖNachrichten: Wie nähert man sich einem Mann, über den bis zuletzt so viel im Dunkeln blieb, dessen autobiografische Geschichten teilweise widerlegt wurden und der sich 1994 mit Suizid nach dem Schuldspruch wegen neunfachen Mordes einem rechtskräftigen Urteil entzog?
Ich habe mir alles durchgelesen, was es über diesen Mann zu lesen gibt, darunter Gesprächsprotokolle und psychologische Gutachten. Mit raren Bilddokumenten habe ich versucht, einen Mix zu kreieren, ihn mir anzuziehen. Das war ein schleichender Prozess: Man liest und liest und liest, und es verfestigt sich dann in einem. Je mehr sich das verdichtet, umso mehr schlüpft man hinein. Irgendwann ist er dann einfach mal da.
Was hat das mit Ihnen gemacht?
Man wird sehr sensibel, die Nerven sind sehr angespannt. Und man hat bestimme Reaktionen auf Situationen, die man – wenn man es selbst wäre – vielleicht anders lösen würde. Und wenn es vorbei ist, versucht man, ihn wieder loszuwerden.
Haben Sie sich in manchen Aspekten in der Person Unterweger wiedergefunden?
Gott sei Dank hat sie nichts mit mir zu tun, aber das ist ja das Schöne an dem Beruf. Das ist eine große schauspielerische Herausforderung und war auch das Spannende an diesem Projekt für mich: Jemanden zu spielen, der mit mir nicht viel zu tun hat. Aber Jack Unterweger steckt natürlich – das hat sich auch in diesen Protokollen gezeigt – in uns allen so wahnsinnig drinnen. Diese Punkte aus sich selbst herauszuholen, war das Interessante.
Verinnerlicht haben Sie auch Unterwegers Bücher: Teilen Sie die Ansicht , dass die Qualität nach dem autobiografischen Roman "Fegefeuer" nachgelassen hat?
Sagen wir so: Ich glaube nicht, dass das ein Klassiker wird. Ich weiß nicht, ob sich jemals jemand für seine Schriften interessiert hätte, wenn nicht dieses Paket verurteilter Mörder/Schriftsteller gewesen wäre. Ich glaube fast: Nein. Ich könnte auch gar nicht sagen, was aus ihm geworden wäre, wenn all das nicht passiert wäre. Ich habe oft darüber nachgedacht, was für einen Beruf er dann gehabt hätte. Mir ist nichts eingefallen, weil er nur in diesem Gesamtpaket zu verkaufen war. Er hat sich nur so verkaufen können, ist dabei ja wahnsinnig vor sich selbst geflohen.
Wie speziell war der Dreh selbst, nachdem Sie die Rolle derart verinnerlicht haben?
Der Dreh selbst war eigentlich schnell vorbei. Den Text habe ich komischerweise nie lernen müssen, weil ich alle fünf, sechs Drehbuchversionen mitgetragen habe, da manifestiert sich das in einem selbst so sehr, dass es abgespeichert ist. Das ist mir so noch nie passiert. So sollte es eigentlich sein: Dass man so viel Zeit hat, dass sich die Bücher in einem ausbreiten können. Es ist ein absoluter Glücksfall, so arbeiten zu können, nicht getrieben. Es war wie eine schöne Wanderung: Man ist danach erschöpft, aber beglückt.
Peinklich, wie ihm damals das "Kulturetablishement" in den A... gekrochen ist. Und jede Kritik als "hinterwäldlerisch" abgeschmettert wurde - obwohl Resozialisierungsexpertinnen und -experten gewarnt haben.
Nicht in allen!
richtig.
denn die wiener schickeria sucht sich ihre lieblinge sehr sorgfältig aus. frodl, proksch, und eben unterweger und mehr...