Kaiser Franz Joseph und Sissi – Klischee und Wirklichkeit
Es war die Traumhochzeit des 19. Jahrhunderts, aber es wurde keine Traumehe. Das Traumpaar sind sie nur in der Trivialliteratur und in Ernst Marischkas "Sissi"-Trilogie aus den 1950er Jahren.
Begonnen hatte alles mit einer Überraschung. Als in der Revolution von 1848 der erst 18 Jahre alte Franz Joseph seinem zurückgetretenen und unfähigen Onkel Ferdinand als Kaiser nachgefolgt war, hatte er durch die blutige Niederschlagung der Revolution nicht nur in Italien und Ungarn, sondern auch in Wien und in den liberalen Städten, viel an Sympathie eingebüßt. Er brauchte dringend eine Imagekorrektur. Eine junge, schöne Kaiserin musste her.
Die Wahl der Familie fiel auf seine Cousine Helene, genannt Nené, die älteste Tochter seiner Tante Maria Ludovika im bayerischen Possenhofen. Bei einem dafür arrangierten Familientreffen im Sommer 1853 in Bad Ischl verliebte sich Franz Joseph jedoch nicht in Nené, sondern in die als Begleitung mitreisende, um drei Jahre jüngere, damals noch nicht einmal 16 Jahre alte Schwester Elisabeth, genannt Sissi oder Sisi. Franz Joseph setzte seinen Willen durch. Noch im gleichen Sommer wurde die Verlobung bekanntgegeben.
Hochzeit und erste Bedenken
Ob es Liebe war? "Ich hab den Kaiser so lieb! Wenn er nur kein Kaiser wäre!", soll Sisi gesagt haben. Wirkliche Herrin der Lage war sie zweifellos nicht. Sie fügte sich. Später jedenfalls schrieb sie darüber: "Die Ehe ist eine widersinnige Einrichtung. Als fünfzehnjähriges Kind wird man verkauft und tut einen Schwur, den man nicht versteht und dann 30 Jahre oder länger bereut und nicht mehr lösen kann." Ein halbes Jahr später, am 24. April 1854, fand in der Wiener Augustinerkirche die Trauung statt. Die Hochzeitsfeierlichkeiten zogen sich über eine ganze Woche und belasteten die junge Kaiserin schwer. Der Vollzug der Ehe fand erst in der dritten Nacht statt. Der ganze Hof wusste davon. Eine Ehe begann, die für beide Seiten ein höchst unglückliches Arrangement darstellte. Die Flitterwochen, die in Schloss Laxenburg verbracht werden sollten, wurden durch den Ausbruch des Krimkriegs zunichte gemacht. Franz Joseph war in Staatsgeschäften unabkömmlich. Allmorgendlich musste er von Laxenburg in die Wiener Hofburg eilen.
"Bin erwacht in einem Kerker"
Zwei Wochen nach der Hochzeit schrieb Sisi in einem ihrer Gedichte diesen kleinen, vielsagenden Vers: Ich bin erwacht in einem Kerker, / und Fesseln sind an meiner Hand. / Und meine Sehnsucht immer stärker, / und Freiheit! Du mir abgewandt. Elisabeth hatte Schwierigkeiten, in ihre neue Rolle als Kaiserin an einem von strengem Zeremoniell geprägten Hof hineinzufinden. Die umfangreichen Pflichten und rigiden Vorschriften unterschieden sich sehr von ihrem bisherigen freien Leben im bayerischen Possenhofen. In einem wahren "Schnellsiedekurs" wurde Sissi auf ihre zukünftigen Aufgaben vorbereitet. Die Schwiegermutter und Tante Erzherzogin Sophie versuchte sie in das höfische Dasein einzuführen, offensichtlich mit recht wenig Feingefühl, was das Verhältnis der beiden Frauen für die Zukunft stark belastete.
Die Kaiserin litt an Heimweh nach Possenhofen. Ich sehn’ mich nach der Heimat Sonne/ Ich sehn mich nach der Isar Strand, schrieb sie in einem ihrer Gedichte. Elisabeth erfüllte zwar die wichtigste Pflicht, die von ihr verlangt wurde: einen Thronfolger zu liefern. Sie gebar in rascher Abfolge drei Kinder: Zunächst kamen mit Sophie und Gisela zwei Mädchen, 1858 endlich der ersehnte Sohn. Mit 21 Jahren war Sisi bereits dreifache Mutter. Doch ein herzliches Familienleben entstand nie.
Ein Paar der Gegensätze
Von einer ehelichen Gemeinschaft des Kaiserpaars konnte ab den 1860er Jahren keine Rede mehr sein. Gegensätzlicher kann man sich ein Paar kaum vorstellen: Er seit Kindheit an das strenge Hofzeremoniell gewohnt, sie in ländlicher Ungebundenheit erzogen. Er ein bis zur Langweiligkeit pedantischer Bürokrat, streng konservativ und abseits der Jagd ohne viel Interessen, sie die schöne, "freigeistig denkende Kaiserin", unkonventionell bis zur Exzentrik, die den Großteil ihres Lebens mit Reisen verbrachte. Bei einer Größe von 172 Zentimetern hielt sie ihr Gewicht auch nach vier Schwangerschaften und brachte selten mehr als 47 bis 48 kg auf die Waage.
Seit dem Selbstmord von Kronprinz Rudolf soll sie nur noch Trauerkleider getragen haben und litt unter einer immer stärker werdenden "Todessehnsucht". So war es vielleicht Fügung, dass sie 1898 am Genfer See von einem italienischen Anarchisten, der eigentlich ein Attentat auf den dann nicht anwesenden Prinzen Henri Philippe Marie d’Orléans geplant hatte, mit einer Feile erstochen wurde. "Sie wissen gar nicht, wie sehr ich diese Frau geliebt habe", soll Franz Joseph nach Elisabeths Ermordung ausgerufen haben.
PR-Aktion: Der Brautzug durch Oberösterreich
Sisis Brautreise per Schiff von Passau nach Wien wurde zur gigantischen PR-Aktion. Von der Grenze bei Jochenstein an waren alle Burgen, Schlösser, Ortschaften, Häuser und bemerkenswerten Punkte mit Kränzen und Blumengirlanden geschmückt, die Ufer voller Schaulustiger, in Brandstatt ein 15 Meter hoher Tempel mit den Figuren der Austria und der Bavaria, in Asten am sogenannten Reigerhaufen ein Festtempel, in Enns an der fliegenden Brücke ein großer Fries mit der Goldinschrift: „Bella gerant alii, tu felix austria nube“ – Kriege mögen andere führen, du glückliches Österreich heirate.
In Linz hatte man eine 20 Meter hohe Ehrenpforte aufgestellt. Um 6 Uhr abends kam der Konvoi hier an. Franz Joseph war außer Protokoll angereist. Im Landestheater wurde das Festspiel „Die Rosen der Elisabeth“ besucht, dazu gab es die ersten Akte von Rossinis „Wilhelm Tell“ und Bellinis „Norma“. Der Sängerbund brachte die Kantate „Rose von Baiernland“.
Die Nacht verbrachte Sisi im Landhaus, während Franz Joseph schon um vier Uhr früh nach Wien zurückkehrte. Sisi folgte ihm um acht Uhr nach der Frühmesse mit dem Eildampfer „Franz Josef I.“. Adalbert Stifter schrieb darüber in der Augsburger Allgemeinen Zeitung, es übertreffe alles, was man bislang hier gesehen habe. Die Kosten waren beträchtlich. Über die Aufteilung zwischen den Gemeinden und Stellen kam es zu heftigen Kontroversen.
Doch die Erinnerung blieb: Das Schlafzimmer im Landhaus, heute ein Sitzungssaal, wurde nach ihr benannt. Bis 1938 gab es in Linz auch ein Elisabeth-Denkmal. Und das Kaiserfenster im Neuen Dom zeigt im untersten Teil die Brautfahrt auf der „Franz Joseph“.
Allah sieht Wohlwollend zu...
das gibt's auch heute noch-Weltweit...