Ein erhabenes und erhebendes musikalisches Kunstwerk
Brucknertage: Das Altomonte Orchester begeisterte unter Remy Ballot mit Bruckners "Vierter" in der Stiftsbasilika St. Florian.
Verhangene Schatten, die Entstehung eines Kunstwerks löst sich transzendent von seiner irdischen Umgebung, ein aus Klangschleiern steigendes Hornsolo, ein Choralspruch – so formt sich die Introduktion zu Bruckners Vierter Symphonie ("Romantische"). Remy Ballot präsentierte mit dem Altomonte Orchester aus diesem Beginn heraus in der Stiftsbasilika St. Florian nicht deren gängige "Zweitfassung", sondern die 2004 neu edierte "Drittfassung". Form und Orchestrierung setzte Bruckner in neue Dimensionen, rasche Tempobezeichnungen strich er zugunsten "ruhiger" Spielart.
Vertrauen ins Orchester
Ballot ist ein Könner darin, genau aus dieser Ruhe heraus dem Orchester im Augenblick zu vertrauen, um die klug ausgearbeiteten Details ohne Druck und in musikalischer Logik erwachsen zu lassen. Die Natürlichkeit des Orchesters ist bezeichnend; da kam im ersten Satz das zweite Thema der Geigen frei und homogen, mahnend war das Unisono-Pizzicato im elegischen Andante-Trauermarsch.
Nach dem im Bläserklang pochenden Scherzo, dessen Ländlerpartie so frisch erheiterte, wurde der Finalsatz zur erschütternden Quintessenz: Der abwärts gerichtete Oktavsprung schien alles zwischen Himmel und Erde zusammenzufassen, jähe Ausbrüche, zerfahrene Stimmungswechsel und immer wieder ein Herunterkippen ins totale Nichts, aus dem Ballot ohne viel Zutun zum nächsten Monument ansteigen ließ. Mächtig die Blechbläser, farbig die Holzbläser, so menschlich die Streicher.
Wie wohltuend dann die mystische Überhöhung am Ende: Sie kam ganz ohne jede Selbstinszenierung des Dirigenten aus, sodass der Schlussklang dieses Kunstwerk voller Demut der langanhaltenden Stille übergab. Erhaben und erhebend. (kw)
- Fazit: Ein phantastisches Werden und Vergehen, aus der inneren Dynamik eines Werks heraus!