NS-Gräuel, Glück und Güte
Theater, das nahegeht: Wie Jehuda Bacon die Shoa überlebte.
Jehuda Bacon hat als Kind Unvorstellbares erlebt, und trotzdem: Sein inneres Kind hat der heute 90-jährige Holocaust-Überlebende, der als berühmter Künstler in Jerusalem lebt, nie verloren.
Am Samstag feierte mit "Würde ich hassen, hätte Hitler gesiegt" ein Stück über diesen besonderen Menschen Uraufführung. Auf der Leinwand der Tribüne Linz schilderte Bacon in Videos, wie er als jüdisches Kind aus dem heutigen Tschechien die KZ Theresienstadt, Auschwitz, Gunskirchen, Mauthausen und die Todesmärsche überlebte.
Man sah aber keinen gebrochenen Mann, sondern einen weisen Charismatiker – humorvoll, oft verschmitzt, das Erlebte sorgsam analysierend und teilend.
Dem Linzer Theaterverein Etty war es ein Herzensanliegen, seine Geschichte zu dramatisieren. Das Regie-Paar Johannes Neuhauser und Bettina Buchholz gelang das auf kluge, stille, gewinnbringende Art. Weil sie und ihr Team Text, Spiel, Kulisse, Licht, Musik, Zeitzeugenbericht und Archivmaterial zu einem großen Ganzen verwoben haben, das um Bacons große Lebensfrage kreist: den "göttlichen Funken" Humanität, der doch in jedem stecken müsste? Die Inszenierung rückte sie elegant, ohne expliziten Fingerzeig in den Fokus, indem man unvorstellbares Grauen, absurdes Glück und intensive Güte gegenüberstellte. So berichtete Bacon von verhungernden KZ-Opfern, die Baumrinde und Wurzeln aßen, in allerletzter Verzweiflung Fleisch von Toten. Genauso erzählte er von jenem US-Soldaten, der kurz darauf ihn, den an Typhus erkrankten Buben, zufällig rettete, indem er ihn gegen jeden Befehl ins Steyrer Spital brachte. Buchholz als Bacon und Tochter Hannah als junger Jehuda gaben den Videos einen darstellerischen, erzählerischen Rahmen – mit viel Sinn für Atomsphäre, solide wie schön.
Fazit: Starkes Stück über wachen Geist und menschliche Größe.
Info: 15., 16., 29. 2., 29. 3., tribuene-linz.at, 50 Werke Bacons: ab 6. 2., Paradigma Linz, Landstr. 79, kunstverein-paradigma.at