Poetische Sprachzerlegung
Lyrikband "Signat" von Erich Josef Langwiesner.
Die lyrische Produktivität von Erich Josef Langwiesner, vielen als Regisseur und ehemaliger Landestheater-Schauspieler bekannt, ist beeindruckend. Zu seinem 70. Geburtstag im September erschien als zweiter Band eines Triptychons die umfangreiche Sammlung "Signat", eine Art lyrisches Tagebuch, das der Autor ab November 2018 innerhalb eines Jahres niedergeschrieben hat. Einzelne Motive verweisen eindeutig auf Tages- und Jahreszeiten, auf Situationen, Orte, auch Stimmungen. Ansonsten ist die Mehrdeutigkeit das Kennzeichen dieser Gedichte. Langwiesner macht es seinen Lesern nicht ganz einfach: "raben aus / der blauen / stunde / herausklauben / regens herbst / schmerz in / moped genüsse / gepeitscht / gequält / verschliss malades / aus dreck / moab dunkles / hineinfiltern / sekunden / brüche die / zu krähen." Was will uns der Dichter damit sagen? Er zerlegt brachial die Satzstrukturen, knallt Satzelemente in seine Verse und fragmentiert auf diese Weise den Sinn. Seine Verse sind reduziert, oft auf ein einziges Wort und seine Klangwirkung: "stillglühen", "fegefrost", "kitschgestrandet".
Gemäß einem Prinzip der Avantgarde kann der Text so viele verschiedene Bedeutungen annehmen, wie er Leser findet. Nur selten legt sich Langwiesner aphoristisch fest: "der spiegel / bleibt zu / der dir dein / gesicht aus / der sicht / des anderen / kontinents / hätte zeigen / können." Davon hätte man gerne mehr, denn das lyrische Verfahren der Sinnfragmentierung mag künstlerische Konsequenz signalisieren, auf 290 Seiten besteht aber die Gefahr, dass es sich als Manier verbraucht. (schach)
Erich Josef Langwiesner: "Signat", Verlag Nina Roiter, 290 Seiten, 18 Euro
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