Vergängliches Zähneklappern und ein Dunkelkammer-Experiment
"Kunst zur Fastenzeit" lädt zum Rundgang in die Linzer Ursulinenkirche – von der Krypta bis zum Dachboden – und in den Bischofshof.
Eine lebensgroße Skulptur empfängt den Besucher in der Linzer Ursulinenkirche. Erschrocken weicht man zurück: Wer dem wie der Dalai Lama Lächelnden zu nahe tritt, erntet Zähneklappern. "Chattering Teeth" von Adam Ulen ist eine von fünf Arbeiten, mit denen der Diözesankunstverein unter dem Motto "Memento Mori" (gedenke des Todes) bis Karfreitag zur "Kunst in der Fastenzeit" lädt, diesmal gemeinsam mit der Kunstuniversität Linz anlässlich deren 50-Jahr-Jubiläum. Auf dem von Martina Gelsinger (Diözese Linz) und Anja Ellenberger (Kunstuni Linz) kuratierten Rundweg, der von der Krypta bis zum Dachboden führt, sind Abschlussarbeiten Studierender und Werke von Förderpreisträgern des Diözesankunstvereins Linz (2018-2022) zu sehen. Sie alle spüren der Fragilität der Schöpfung, ökologischem Wandel, aber auch der Corona-Zeit nach.
Am seidenen Faden hängt die Welt in der Krypta: Gepresste Waldpflanzen hat Ruth Größwang zu einem filigranen Globus verarbeitet. Ihre Arbeit "Symbiotic Matter" spürt der Symbiose im Ökosystem Wald nach, von dem sich der Mensch entfremdet hat.
Vor der Orgelempore lädt Martina Jäger in einer Druckgrafik ein, der "Resonanz als Essenz des menschlichen Lebens" – angelehnt an die Resonanztheorie des Soziologen Hartmut Rosa – nachzuspüren. Hände, die einander berühren und einander zugleich auf Abstand zu halten scheinen, erinnern an Sehnsucht nach und Angst vor Nähe während der Corona-Zeit. Zu Letzterer hat die Künstlerin Linzer und Linzerinnen interviewt und die Erfahrungen in 26 kurze Erzählungen einfließen lassen.
In eine Dunkelkammer verwandelt ist der Dachboden: Mit Taschenlampen bestückt, erwartet einen ein Experiment von Moritz Matschke. In künstlicher Dunkelheit hat er 72 Stunden in der Turmstube im Mariendom seine innere Vorstellung der ihm zu Füßen liegenden Stadt gezeichnet. In einer Kirche mitanzusehen, wie eine solche abgerissen wird, ist beklemmend: "Ende Gelände" nennt Christel Kiesel de Miranda ihre skulpturale Rauminstallation, mit der sie die Folgen des Braunkohleabbaus in ihrer Heimat Lausitz thematisiert. Was es für Bewohner bedeuten mag, wenn ihr Ort der Industrie geopfert wird, lässt der in Zeitlupe im Video in sich zusammenstürzende Kirchturm nur erahnen.
Zum Innehalten in der Kapelle im Bischofshof lädt ein Fastentuch als kollektive Stickerei: Über mehrere Wochen hinweg hat Cécile Belmont Interessierte zu gemeinsamen Sticktreffen und Gesprächen über Gott und die Welt eingeladen.
Infos: Heute, 18 Uhr: Gespräch mit den Kuratorinnen und Kunstschaffenden; 19 Uhr: Aschermittwoch-Liturgie mit Musik von J. S. Bach (Tenor Karl Brandstötter, Organist Anton Reinthaler) und Eröffnung. Geführte Rundgänge ab morgen bis 6. April jeweils donnerstags und freitags, 16 und 17 Uhr, und nach Vereinbarung: 0732 / 2440 11-4571