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Vor 100 Jahren: Angriff auf die Villa Ruston in Gmunden

Von Josef Achleitner, 01. September 2014, 00:04 Uhr

Anfang September 1914 erschien das Versprechen eines kurzen Krieges den Österreichern noch realistisch.

Die Deutschen waren an die Marne, unweit von Paris, vorgedrungen. Die Österreicher hielten das galizische Lemberg bis zur russischen Offensive. Eine Woche später sollte alles anders sein.

Die Stimmung war überhitzt patriotisch. Nicht nur in Österreich, sondern in allen am "Europäischen Krieg" (so die gängige Bezeichnung im ersten Kriegsjahr) beteiligten Ländern. Täglich waren in der Linzer "Tages-Post" Berichte über Übergriffe auf deutsche und österreichische Zivilisten in Frankreich, England oder Russland zu lesen, auch Verhaftungen waren an der Tagesordnung. In Österreich war es umgekehrt nicht anders. Ein kritisches Wort, und es setzte Prügel.

In Gmunden eskalierte nach einer Gerüchtewelle der Volkszorn in einer Demolierungsaktion von etwa 700 Demonstranten gegen den Eigentümer der Traunseeschifffahrt, John Ruston II. Er soll, so die Fama, gesagt, haben: "Die Österreicher und die Deutschen werden’s von den Engländern schon noch kriegen. Die Österreicher sind Trotteln." Ruston bestritt das, es konnte sich auch später niemand finden, der die Aussage wirklich gehört hat. Jedenfalls drang die aufgebrachte Menge in Garten und Villa Rustons in Gmunden ein und zerstörte unter lauten Pfiffen und Hassrufen, was ihr in die Finger kam. Eine Fensterfront war total kaputt, Möbel flogen aus den Fenstern und gingen zu Bruch. Als Ruston tags darauf der Behörde den Schaden zeigen wollte, griff eine Gruppe gleich noch einmal an. Vor Gericht standen im Oktober 25 nach Zeugenaussagen ausgeforschte Täter, sechs fassten Strafen zwischen einem und sechs Monaten Haft aus, wie die "Tages-Post" schrieb. Zuvor hatten die Kollegen vor der Verbreitung von Gerüchten gewarnt, die immer wieder Panik und Zorn auslösten.

Ruston war der Neffe von Joseph John Ruston I., der als einer der Pioniere der Dampfschifffahrt auf der Donau, der Moldau und der Elbe gelten kann. Der in London geborene Schiffs- und Maschinenbau-Industrielle besaß eine Werft bei Klosterneuburg und baute das erste Dampfschiff für den Traunsee für seinen damaligen Chef und Landsmann, den Gründer der Traunsee-Schifffahrt John Andrews. Die Rustons beteiligten sich auch an einem Maschinenbau-Unternehmen nahe Prag, das führend im Bau von großen Industrieanlagen war und später von Skoda übernommen wurde.

John Ruston II., der die englische Staatsbürgerschaft nie zurückgelegt hat, wurde seiner Tage nicht mehr froh. 1917 wurde sein Vermögen unter Zwangsverwaltung gestellt. 1918 verkaufte er die Schifffahrt an den Elektro-Boot-Pionier Rudolf Ippisch, ehe sie der Gmundner Karl Eder übernahm.

Originalseiten der "Tages-Post", Vorgängerzeitung der OÖNachrichten, lesen Sie auf hier:

 

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