Der Feind in meinem Körper
Still und unbemerkt treiben sie im Körper ihr Unwesen: Chronische Entzündungen begünstigen Krebs, Diabetes und Herz- Kreislauf-Erkrankungen.
Entzündungen erfüllen eine wichtige Funktion: Sie bekämpfen Eindringlinge wie Bakterien und mit ihnen wehrt sich der Körper gegen entartete Zellen. In den Fokus der Wissenschaft rücken aber immer mehr jene stillen, chronischen Entzündungen, in denen sich das Immunsystem des Menschen zu seinem Nachteil gegen den eigenen Körper richtet. "Der Körper unterscheidet nicht, sondern er reagiert. Und dann gerät das System außer Kontrolle", sagt Karsten Krüger. Der deutsche Biologe und Sportwissenschaftler setzt sich in seinem Buch "Der stille Feind in meinem Körper" (Scorpio Verlag, 18,50 Euro) mit dem Phänomen chronische Entzündungen auseinander.
Immunsystem gerät aus der Bahn
Die Ursachen für diese stillen Entzündungen, die man weder sieht noch direkt spürt, sind vielfältig. Oft sind der Lebensstil, Übergewicht, zu wenig Sport schuld daran.
"Besonders Bauchfett fördert entzündliche Prozesse. Die Zellen blähen sich auf und senden Botenstoffe in den ganzen Körper, bis ins Gehirn", so Krüger. Raucher setzten sich diesem Risiko ebenfalls vermehrt aus: Sie inhalieren Partikel, auf die der Körper reagiert.
Auch Stress wird vom Immunsystem als Alarmsignal wahrgenommen. Vor allem chronischer Stress setzt dauernd Kortisol frei. "Der Körper wird gegen den Stoff resistent und Kortisol fehlt in der Folge als antientzündlicher Regulator", sagt der Sportwissenschaftler. Auch wer zu wenig schläft, verzichtet darauf, dass Entzündungen, die tagsüber im Körper entstehen, nachts abgebaut werden.
Diese stillen Entzündungen wirken im ersten Moment nicht so bedrohlich. Auf Dauer haben sie aber große Auswirkungen. Hier ein paar Beispiele:
Diabetes: Die Entzündungen tragen zu einer Deregulierung der Insulinproduktion bei.
Arteriosklerose: Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden begünstigt. Denn die Entzündungserreger schädigen die Gefäßwände und führen zu der gefährlichen Plaque-Bildung in den Adern – bekannt als Arteriosklerose. Früher glaubte man ja, dass diese Ablagerungen nur durch Cholesterin entstehen.
Krebs: Oxitativer Stress löst eine Veränderung der DNA aus. Es entstehen entartete Zellen. Bekannt sind Auswirkungen von entzündlichen Prozessen zum Beispiel bei Darm- und Lungenkrebs.
Psychische Erkrankungen: Entzündungssignale gelangen über das Blut ins Gehirn. Das führt zu einer Verhaltensänderung. Depression, Demenz und Parkinson werden mit entzündlichen Prozessen in Verbindung gebracht.
Pflanzliche Nahrung und Bewegung
Mit zunehmendem Alter nehmen Entzündungen im Körper generell zu. "Ob aber Entzündungen die Triebfeder des Alterns sind, wissen wir noch nicht", so der 40-jährige Wissenschaftler. Auf jeden Fall sei es aber sinnvoll, mit steigendem Alter mehr gegen chronische Entzündungen zu tun. Dazu gehört der Verzehr von pflanzlicher Nahrung (Hülsenfrüchte, Gemüse, Obst) und Omega 3- und 6-Fetten genauso wie viel Sport. "Bewegung hat bei chronischen Entzündungen im Körper einen therapeutischen Wert", sagt der frühere Spitzensportler. "Es geht aber generell darum, eine Sensibilität für die wichtigen Dinge im Leben zu entwickeln", ist der Vater von drei Kindern von einem ganzheitlichen Ansatz überzeugt.
Stille Entzündungen befallen Organe
Vielen Menschen ist noch unbekannt, dass Bewegungs- und Schlafmangel, Fehlernährung und chronischer Stress oftmals Entzündungsprozesse im Körper auslösen, die weitreichende gesundheitliche Folgen haben.
Schon länger weiß man, dass Entzündungen Diabetes, Herzerkrankungen und andere schwere Krankheiten bedingen können. Dass sie auch das Gehirn und das Verhalten beeinflussen, ist erst seit Kurzem bekannt. Dies macht uns antriebslos und führt häufig zu sozialem Rückzug.