Teuerstes Medikament der Welt erstmals in Österreich verabreicht
WIEN/SALZBURG. Eine viermonatige Salzburgerin bekam die fast zwei Millionen Euro kostende Gentherapie.
Über den Fuß der viermonatigen Anastasia Vukmanovic läuft eine Stunde lang eine Infusion in den Babykörper, die Hälfte der Zeit verschläft die kleine Salzburgerin. Anders ihre Eltern, die am Mittwoch der Therapie mit dem sündteuren Medikament Zolgensma entgegenfieberten. Sagenhafte 1,945 Millionen Euro kostet die Infusion, die ein Leben lang wirken soll.
Wie für andere betroffene Mütter und Väter war die Diagnose SMA (Spinale Muskelatrophie) Typ 1 vor drei Wochen für das Paar ein Schock. Schließlich bedeutet diese, dass Kinder unbehandelt nie sitzen, krabbeln oder gehen lernen und meist innerhalb der ersten zwei Jahre sterben. „Als wir den Eltern die neue Genersatztherapie angeboten haben, stimmten sie sehr schnell zu“, sagt der behandelnde Oberarzt Christian Rauscher von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Salzburg.
Erst seit kurzem ist die Gentherapie der Novartis-Tochter Avexis in Österreich zugelassen. Die kleine Anastasia ist die erste Patientin in Österreich, die in den Genuss dieser Behandlung kommt; bei einem weiteren Patienten in der Steiermark laufen Vorbereitungen.
Gendefekt wird ausgebügelt
Acht bis zwölf Kinder kommen in Österreich jährlich mit SMA auf die Welt, in zwei Dritteln der Fälle ist ein schwerer Verlauf (Typ 1) zu erwarten. Auslöser der Krankheit ist ein Gendefekt. Seit 2017 gibt es eine symptomatische Therapie, bei der das Medikament lebenslang immer wieder in den Rücken injiziert werden muss. Bei der neuen Gentherapie schleust ein sogenannter Vektor das fehlende Gen hingegen direkt in die Zellen. „Die Therapie wirkt dort, wo der Fehler besteht. Sie muss nur einmalig durch eine Infusion in die Vene verabreicht werden“, nennt Prof. Günther Bernert, Präsident der Österreichischen Muskelforschung, die großen Vorteile der neuen Behandlungsoption. Die Therapie komme annähernd einer Heilung gleich, hoffen die Experten. Anders als in den USA und in Japan, wo Zolgensma schon länger zugelassen ist, dürfen in Österreich deutlich mehr Kinder behandelt werden – nämlich auch SMA-Patienten des Typs 2 und 3, die wesentlich milder verlaufen. Damit die öffentliche Hand die enormen Summen aufbringen kann, verteilt die Pharmafirma die Forderung von fast zwei Millionen Euro pro Behandlung auf sechs Jahre.
Alle Babys auf SMA testen
Neben dem horrenden Preis gibt es noch einen Haken: Die ideale Wirkung entfaltet sich nur, wenn das Medikament frühzeitig gespritzt wird, im Idealfall bereits bevor erste Symptome zu erkennen sind. Das ist einerseits möglich, wenn es in der Familie bereits ein SMA-Kind gibt. Die andere Möglichkeit wäre ein Neugeborenen-Screening. Das würde bedeuten, dass Babys kurz nach der Geburt getestet werden, wie das bei anderen Erkrankungen in Österreich bereits üblich ist. Doch weil bei SMA dafür eine DNA-Analyse notwendig ist, stehen die Verantwortlichen auf der Bremse. Denn dafür müsste erst das österreichische Gentechnik-Gesetz geändert werden. „Im Herbst 2020 starten wir ein österreichweites Pilotprojekt“, sagt Bernert. Bald könnte das Screening aber fix verankert werden, denn laut Bernert sind alle politischen Parteien dafür.
Alles Gute der jungen Erdenbürgerin, in der Hoffnung, dass dieses Medikament der kleinen Anastasia eine erfüllte und lebenswerte Zukunft ermöglicht.
Und Hochachtung vor unserem sozialen System, welches diese Behandlung unterstützt und finanziert.
Hoffentlich bleibt das auch so......
das Baby hatte glück bei der Werbekampagne für den Pharmagiganten 😉
Bei uns wird dank gutem Sozialsystem auch solchen teuren Extremfällen geholfen!!
In sozialen Entwicklungsländern (zb den USA) wäre das ein Todesurteil oder das Kind wäre bereits als Baby lebenslang verschuldet.
Alles Gute der kleinen Anastasia - ob sie sich aber eines Tages freuen wird, dass ihr kompletter Name veröffentlicht wird?
Wenn es ihr ihre Eltern nicht vorher erzählen, wird sie dann wohl eines Tages im Internet eine interessante Entdeckung machen.
@OÖN: wie argumentiert ihr die Veröffentlichung des Namens in Bezug auf die DSGVO?
Mich würde der Grund interessieren, warum das fast 2 Mio. kostet?
Viel Forschungsarbeit und geringe Stückzahlen vielleicht ? Ein Medikament das viel gebraucht wird ( Kopfschmerzmittel ) ist natürlich billiger als eines das nur sehr selten benötigt wird.
Wahrscheinlich auch komplexe Herstellungsverfahren.
Vermutlich wird dieses Medikament, wenn es in größerem Umfang verwendet wird und damit auch die Wirksamkeit besser bestimmt werden kann, auch billiger werden.
Es gibt also doch wieder gute Nachrichten. Viel Freude mir dem kleinen Spatz wünsche ich den Eltern. Man sieht an diesem Beispiel sehr deutlich was die Wissenschaft in der Lage ist zu leisten. Und das Geld ist besser in der Forschung angelegt als bei Abfangjägern, Panzern, Raketen usw. Mehr Grundlagenforschung hätte uns vielleicht auch bei Sars-Corona so manches erspart. Und so gesehen ist das Medikament sogar noch billig.