Urin in der Hose, Schmerzen: Wenn der Beckenboden Probleme bereitet
Bei körperlichen Belastungen im Alltag, beim Sport, Sex oder bei der Körperhaltung: Der Beckenboden spielt in vielen Bereichen des Lebens eine wichtige Rolle. Dennoch ist dieses Geflecht aus Muskeln, Bändern und Bindegewebe, das das Becken nach unten abschließt, für viele ein unbekannter Teil des Körpers. Erst, wenn Probleme wie Harnverlust oder Schmerzen im Unterleib auftreten, wird der Beckenboden zum Thema.
Darüber reden fällt aber schwer: "Viele leiden dann im Stillen, weil das Schamgefühl sehr groß ist. Welche Frau gibt schon gerne zu, dass sie Slipeinlagen braucht, weil sie beim Lachen oder Husten Tröpfchen verliert?", sagt Physiotherapeutin Magdalena Rechberger. Die Steyrerin hat zusammen mit Judith Sacher aus Wartberg ob der Aist "PelviQueens" gegründet – eine Plattform, die Onlinekurse zur Unterstützung des Beckenbodens anbietet (pelviqueens.at). Mehr als 300 Betroffene haben die beiden schon begleitet, ein Fragebogen hilft dabei, das passende Programm für sich zu finden. "Unser Ziel ist es, allen Frauen die Möglichkeit zu geben, sich ohne Scham und flexibel um ihren Beckenboden kümmern zu können."
Wie das tägliche Zähneputzen
Wie ein Körbchen trägt der Beckenboden die inneren Organe und ermöglicht eine aufrechte Haltung. Die flexiblen Muskeln haben aber auch eine öffnende Funktion, die man bei einer Geburt oder beim Sex braucht. Umso wichtiger sei es, so die beiden Physiotherapeutinnen, dass man sich schon in jungen Jahren mit dem Beckenboden beschäftige: "Beckenboden-Training sollte dazugehören wie das Zähneputzen." Tägliche Routinen, die den Beckenboden belasten, sollten vermieden werden, etwa das Pressen beim Harnlassen oder beim Stuhlgang. "Ein weiterer Tipp ist, beim Niesen oder Husten den Kopf zur Seite zu drehen. So bleibt der Oberkörper aufrechter."
Häufige Beschwerden
Mit einfachen Übungen lässt sich die Muskulatur aktivieren und kräftigen, aber auch entspannen und dehnen. Denn nicht nur ein schwacher Beckenboden bringt Probleme mit sich, auch zu viel Spannung kann zu Beschwerden führen. Zu den häufigsten Symptomen zählen Urinverlust, Stuhl- oder Windabgang, starke Periodenschmerzen oder Schmerzen beim Sex. "Ein Gefühl, als hätte man einen Fremdkörper im Unterleib, oder ein starkes Druckgefühl nach unten können Anzeichen von Senkungsbeschwerden sein. Auch Rückenschmerzen können auftreten", erklärt Rechberger. Eine bedeutende Rolle kommt dem Beckenboden in der Schwangerschaft zu. Die Muskulatur muss dem steigenden Gewicht des Babys standhalten, gleichzeitig wird sie durch die Hormone weich und elastisch, um sich bei der Geburt gut öffnen zu können. "Früher sagte man, dass Beckenboden-Training während der Schwangerschaft schlecht sei, weil dieser dann zu fest für die Geburt sei. Mittlerweile weiß man, dass dadurch die Muskeln besser versorgt und gestärkt werden." Gezielte Übungen können Geburtsverletzungen vorbeugen oder reduzieren und der Schwangeren eine bessere Körperwahrnehmung verleihen.