Radeln von der Ostsee bis in die Toskana
Manfred Traunmüller hat seine Radleidenschaft zum Geschäft gemacht: Seine "Donau Touristik" bringt jedes Jahr Tausende Gäste zum Radeln.
"Ob ich mir das noch einmal antun würde? … Nach den letzten beiden Jahren eher nicht", sagt Manfred Traunmüller über seine "Donau Touristik". Er gilt als Erfinder des Donauradweges und sein Unternehmen bringt alljährlich Tausende zum Radeln. Selbst ist er ständig auf dem Rad unterwegs, Mountainbike im Winter und Rennrad im Sommer – nur E-Bike-Testfahrten sind ihm ein Gräuel.
Angefangen hatte Traunmüllers Radleidenschaft mit einem klapprigen Puch-Rad, das ihm seine Mutter geschenkt hatte mit den Worten "Das stiehlt dir wenigstens keiner!" Beruflich suchte er später im OÖ Tourismus mit anderen nach einem Weg, das Land attraktiver zu vermarkten: "Die Tiroler haben ihre Berge, das Salzkammergut Berge und Seen, aber was haben wir hier eigentlich im Norden? – Das haben wir uns damals gefragt und sind auf die Idee mit der Radroute entlang der Donau gekommen", erinnert sich Traunmüller. In seiner Freizeit fuhr er das Flussufer ab, damals überwiegend noch illegal. "Der Treppelweg war gesperrt, der gehörte der Schifffahrt", so Traunmüller.
Letztlich fand sich zwischen Linz und Aschach ein Abschnitt, der durch den Kraftwerksbau schon gut ausgebaut war und für den man eine Freigabe für die Radler aushandeln konnte: "Wir haben eine Beschilderung hingehängt wie für eine Autobahn, riesengroß", erheitert sich Traunmüller heute – aber es war ein Erfolg, die Radler kamen. Bald wurden neue Abschnitte hinzugefügt, mehr Gäste brachten mehr Bekanntheitsgrad und mehr Nächtigungen. "Damals war gerade Privatisierung angesagt, man hätte am liebsten alles ausgelagert", kommt Traunmüller zu seinem nicht ganz freiwilligen Start einer Unternehmerkarriere: Die Vermarktung der Donau-Radreisen sollte privatisiert werden und letztlich wagte er den Schritt.
Zu Spitzenzeiten vor der Corona-Pandemie wurde daraus ein Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern und Stützpunkten an Donau, Bodensee und Etsch in Südtirol, das jährlich rund 50.000 Passagiere auf Schiffen befördert und mehr als 40.000 Radler betreut. Während der Pandemie verkaufte Traunmüller ein Schiff, daher sind es jetzt wieder 160 Beschäftigte – aber: "Wir mussten niemand entlassen", sagt Traunmüller stolz.
Wels-Linz: Pendeln per Rad
Er pendelt heute noch mit dem Rad von Wels zur Arbeit nach Linz, gönnt sich aber viermal die Woche eine Rückfahrt mit dem Zug: "Besonders im Winter, da wird’s mir zu früh finster", sagt er. Die wirklich schlechten Tage seien gar nicht die mit vielen Minusgraden, sondern mit Kälte und Regen. Weil sein Weg kilometerlang durch die Traunauen führt, scheut er auch Glatteis mit dem Risiko, nach einem Sturz vielleicht stundenlang hilflos liegen zu bleiben. "Für mich war das Radfahren immer ein Hobby, aber ich bin nie Rennen gefahren", sagt Traunmüller. Radfahren empfinde er gar nicht als anstrengend, im Gegensatz zu den 35 Minuten Gymnastik täglich, die er für Beweglichkeit und Muskelaufbau macht.
Mit seiner Firma ist Traunmüller heute Herr über 6500 Räder. Ständig werden neue nachgekauft und nach drei bis vier Jahren im Verleih die alten auch wieder abverkauft, Mechaniker in den Service-Stationen kümmern sich um einen einwandfreien Zustand. Dazu kommen 1200 E-Bikes, die spätestens alle drei Jahre ausgetauscht werden müssen. In Zeiten der Materialknappheit keine leichte Aufgabe. "Wir mussten gerade einen neuen Lieferanten dazunehmen, jetzt sind es drei – das macht die Lagerhaltung bei den Ersatzteilen wieder komplizierter", so Traunmüller. Mindestens 70 km müssen die E-Bikes schaffen, damit bloß keinem Gast am Ende einer Tagesetappe der Saft ausgeht. "Da müssen wir auch mit Gegenwind rechnen oder dass einer die ganze Zeit voll aufdreht und mit der Turbo-Einstellung fährt", so Traunmüller.
Telefondienst: "Holen Sie mich ab!"
Er macht selbst noch an Wochenenden Telefondienst und kennt die Anrufe, die dann kommen. "Da heißt es dann: ‚Ich steh irgendwo zwischen Passau und der Schlögener Schlinge, holen Sie mich sofort ab!‘", erzählt er. Das ist allerdings eine Erfahrung, die Traunmüller bei seinen unzähligen Test-Touren selbst auch schon machen musste: "Einmal haben wir Wege in der Lüneburger Heide besichtigt, von einem Hotel aus mit Tagestouren in verschiedene Richtungen. Da hat uns die Chefin einen guten Gasthof empfohlen in 35 Kilometer Entfernung, und als wir hingekommen sind, hatte der schon seit einem Jahr geschlossen. Wir sind dann mit knurrendem Magen wieder zurückgefahren", berichtet er.
Auch in Linz war die Überzeugungsarbeit anfangs nicht einfach: "Die Gäste erwarten Komfort, die wollen nach dem Radeln dann mindestens ein Vier-Stern-Hotel", sagt Traunmüller. Das sei mit der Etappenplanung nicht so einfach, immer passende Unterkünfte zu finden, selbst in Linz nicht. So pilgerte er zum damaligen Direktor des Hotels Schillerpark und schlug ihm eine Zusammenarbeit vor. "Was? Radfahrer?", war die Antwort. "Die verdrecken mir ja den Perserteppich am Empfang!" Traunmüller konnte den Hotelier überzeugen, dass die Räder draußen blieben – aber während der Radsaison war trotzdem der Teppich im Foyer verschwunden. Nach mehr als 40 Jahren schickt Traunmüller jetzt Radler von der Ostsee bis zur Toskana auf Touren, über mehr als 1600 Kilometer muss dafür das Netz an Verleih- und Servicestationen reichen.
"Der Bodensee-Radweg und die Etsch in Südtirol haben die Donau längst überholt, auch unser Schiff MS Primadonna macht uns mit mehr als 90 Prozent Auslastung eine Riesenfreude", erzählt er. Rückschläge habe es natürlich auch gegeben: So zum Beispiel der Versuch, die berühmten Loire-Schlösser in Frankreich mit einer Radroute am Fluss zu verbinden. "Das wäre eine traumhafte Landschaft, aber da ist oft 50 Kilometer nix, kein Gasthaus, kein Hotel, beim Einkaufen in einem kleinen Laden dachten die, wir wollen sie überfallen, und hätten uns fast rausgeworfen", erinnert er sich an die Testfahrt. Auch die Tour Richtung Donaudelta sei letztlich ein Flop gewesen: In Bulgarien entpuppte sich der vermeintliche "Radweg" als vierspurige Schnellstraße mit lebensgefährlichem Lkw-Verkehr.
Trotzdem sieht Traunmüller für das Radfahren und den Rad-Tourismus eine erfolgreiche Zukunft: "Es kommen immer mehr Kleingruppen mit Ehepaaren, die gemeinsam Touren unternehmen, und Damen- oder Herrenrunden, für die man dann halt lauter Einzelzimmer im gleichen Haus finden muss, denn aufteilen wollen sie sich auf keinen Fall", berichtet er. Gemischte Gruppen mit normalen Rädern und E-Bikes seien häufig, denn "der Gegenwind an der Donau entlang kann an manchen Tagen wirklich bös sein" und da helfe dann der Motor sehr. Für den Chef selbst ist ein E-Bike trotzdem noch keine Option: "Das ist für mich eine Strafe, wenn ich Testfahrten machen muss".
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