Architekturkritik: Das hohe Schwarze
In Hagenberg entstand 2023 ein Einfamilienhaus, das gewohnte Bauformen auf dem Land neu denkt und um überraschende Nuancen erweitert.
Dass Architekten ihre modernistischen Wohnhäuser gerne für die Kundschaft entwerfen, jedoch selbst am liebsten in schick renovierten, urbanen Altbauwohnungen leben, ist ein lang gehegtes Klischee. Sicher, an Klischees ist manches wahr. Doch bis heute kennt die Baugeschichte der Moderne viele faszinierende Häuser, die Architekten für sich selbst entworfen haben.
Ein aktuelles Beispiel plante Andreas Pühringer vom in Neumarkt/Mühlkreis ansässigen Büro SLP-Architekten für seine Familie und sich in der Ortschaft Anitzberg in Hagenberg. Nicht nur rein höhenmäßig (vier Geschoße, erschlossen durch Treppe und Fahrstuhl), sondern auch architektonisch setzt das 2023 fertiggestellte Einfamilienhaus ein Zeichen. Dies liegt an einer selten zu beobachtenden gestalterischen Konsequenz und Homogenität im Äußeren und Inneren, wie sie Architekten wohl nur bei ihren eigenen Häusern realisieren können. Hier spricht ihnen (außer der Baubehörde) niemand rein.
Großes und kleines
Natürlich spielt der Name des Hauses an das in den 1920er-Jahren von Coco Chanel entworfene "kleine Schwarze" an. Und tatsächlich gibt es neben dem monochromen Schwarz der Außenhülle weitere Parallelen zwischen legendärem Etuikleid und Wohnhaus. Die Silhouette ist schlank, die Linienführung klar und "aufgeräumt", und beide prägt eine puristische Eleganz, die neben der einfachen Grundform von den perfekt ausgeführten Details lebt.
Dass das hohe Schwarze auf den ersten Blick in seinem dörflichen Kontext als baulicher Fremdkörper wahrgenommen werden könnte, liegt an seiner ungewöhnlichen Höhe. Vier Geschoße erheben sich ohne horizontale Zäsuren auf einer klein bemessenen Grundfläche. Die Folge ist ein klar konturierter, ausgewogen proportionierter Baukörper, in den 19 gleich große Fenster eingeschnitten sind. Sie lassen die innere Gliederung im Äußeren erahnen. Ein schlichtes, geradezu "klassisch" geneigtes Aluminium-Satteldach schließt den Bau nach oben ab. In Summe abstrahiert der Entwurf das Schema Haus.
Helle Räume in dunkler Hülle
Weiter befremdlich mag die monochrom schwarze Außenerscheinung sein. Sie konterkariert die am Ort üblichen Formen des "Bauens auf dem Land". Andreas Pühringer möchte sich hierdurch selbstbewusst von der Tradition absetzen und einen baulich auffälligen Markstein setzen. Aber darüber hinaus unterstreicht die Farbgebung den bereits erwähnten Hang zu Klarheit und Abstraktion.
Ein weiterer Grund liegt in der radikalen Kontrastierung zwischen Außen- und Innengestaltung. Während sich das Haus nach außen von seiner dunklen Seite zeigt, sind die Innenräume vollständig mit hellem Holz verkleidet. Es herrscht eine fast überbordende Lichtfülle, die durch die Oberflächen und die Wärme des Materials ihre atmosphärisch notwendige Brechung erhält. Der klaren Disposition des Äußeren entspricht eine unaufgeregte, funktional überzeugende Raumaufteilung über alle vier Geschoße hinweg. Der demonstrativ schlichte Grundriss, der auf überflüssige Spielereien verzichtet, unterstreicht dies.
In zweiter Reihe
Bei der Gewöhnung an das hohe Schwarze mag helfen, dass es innerhalb der Dorfstruktur nicht direkt an der Straße, sondern in der zweiten Reihe steht. Dass diese Lage kein Nachteil sein muss, belegt das hohe Schwarze eindrucksvoll. Im Zusammenspiel mit den umliegenden Häusern ergibt die Höhenstaffelung der Gebäude am Übergang vom Ort zur Landschaft eine reizvoll dynamische Gesamtwirkung.
Der ästhetische Anspruch dieser Architektur erfordert eine handwerkliche Fertigungsgüte (Vater Franz Pühringer hat als gelernter Tischlermeister intensiv mitgewirkt), die mit dem Entwurf Schritt hält. Insofern ist Pühringers Architektenhaus ein Paradebeispiel für den essenziellen Zusammenhang sorgfältig ausgeführter Details und stimmiger Gesamtwirkung. Auch deshalb behauptet das Haus mit gelassenem Selbstbewusstsein seinen Platz im und am Ort. Und spätestens beim zweiten Hinsehen wirkt es überraschend und vertraut zugleich. In diesem kalkulierten Spannungsverhältnis entfaltet sich der architektonische Reiz des hohen Schwarzen.
Datenblatt
Architektur: Schneider Lengauer Pühringer ZT GmbH (projektverantwortlich: Andreas Pühringer)
Bauherrschaft: Sandra und Andreas Pühringer
Planung: 10/2019 – 12/2020
Ausführung: 10/2020 – 04/2023
Bebaute Fläche: 85 m² / Nutzfläche: 180 m²
Baumaterial: Holzbau (einschließlich Türen, Fenster), Innenflächen: naturbelassenes Sperrholz, außen Tannenbretter
Nachhaltigkeit: Wärmepumpe
Der Bauherr hat es schön. Er sitzt drinnen, sieht hinaus und geniest die Aussicht. Im Gegensatz dazu die Leute, welche das Gebäude von außen ansehen müssen.
Der Bauherr liest bestimmt die Einträge hier, zumal er der Veröffentlichung zugestimmt wenn nicht gar diese "beauftragt" hat.
Ich frage mich, wie sich die schwarze Wandverkleidung im Sommer aufheizen mag? 50 Grad plus um?
Das schönste am Bau ist die Höhe.
Im 4. Stock schaut niemand mehr rein, man erspart sich die Gardinen und genießt am Fenster das schöne unverbaute Landschaftsbild.
Man schaut förmlich nicht nur auf die Ortsbeleuchtung sollte es eine geben runter sonder auch auf seine Nachbarn runter.
Abgehoben wohnen
Denen das im Dorf gefällt das Allerhöchste.
Typisch Mühlviertel. Passt dort hin.
Ganz schön hässlich haben's es da.
Sehr schön! Wendigkeit nicht diese Häuslbauer Buden. Ändert Furt den Bausparkassen Spießer eine Provokation denn die Architekten haben die Frechheit die primitivität oberösterreicher zersiedelungshütten II kontrastieren. Die Lösung ist keine Steuergelder mehr für Einfamilienhäuser und die Infrastruktur dazu! An in zumindest verdichteten Flachband und Zufahrtsmaut in die Stadt! Nicht pauschal sondern jedesmal!
Der Stadtbewohner hat dementsprechend auch zu zahlen wenn er die Stadtgrenze übertritt. Nicht pauschal sondern jedesmal. Die Bundeserwerbsanteile werden natürlich angepasst, es ist ungerecht, dass ein Linzer mehr wert ist als ein Afiesler, Hallstätter, Moosdorfer,...Die Mieten werden nicht mehr gestützt sondern dem freien Markt unterworfen. Auch ist zu überlegen, wie die Lebensmittelversorgung der, ach so überlegenen, Städte neu gestaltet wird.
Detusch ist schwer, gell?
Lieb, wie der Autor dieses Textes so ein hässliche Gebäude schönreden möchte.
Bemerkenswert
der Artikel,endlich, eeol wer dieses Haus entdeckt hat musste damit rechnen.
Worüber handelt der Inhalt des Artikels?
Hier ist die Rede von der architektonischen Formsprache am Lande. Blicken wir auf Formen, Strukturen und Fassaden alter Mühlviertler Bauernhöfe so berühren uns die Ausdrucksformen und Lebensräume jener Zeit. A. Pühringer hat es geschafft diese Kultur- und Baugeschichte neu zu interpretieren indem er einen neuen Lebensraum schaffte, der für alle sichtbar ist und umgekehrt. Groß-artig.
Sehenswert: Man muss die neue ländliche Architektur neu sehen lernen, dann erfasst man erst den Wert dieses Lebensraums am Lande.
? Siehst du schlecht? Ich empfehle gerne gute Ophtalmologen!
Die alten Mühlviertler Höfe mit diesem Haus zu vergleichen und das noch zu beglückwünschen?
Da ist 1 Kommentar schon zu viel.
Bei dieser Bauweise spart man im Vergleich zu den üblichen Einfamilienhäusern auf jeden Fall Grundfläche. Allen wird es nicht gefallen, aber deshalb ist es nicht schlecht. Sobald etwas ungewohnt ist, löst es bei manchen Menschen negative Reflexe aus. Das war schon immer so, auch bei den feuerspeichenden Dampfrössern. Fortschritt und Neues haben wir immer nur einer Minderheit zu verdanken.
Zum speiben
G'scheiter wäre es gewesen, er hätte PV-Module als Fassade verwendet. Wäre zwar genau so hässlich gewesen, hätte aber einen Nutzen gehabt.
Na Ja. Geschmack ist Privatsache.
Nicht ganz, denn die Öffentlichkeit muss dieses hässliche Gebäude ja anschauen!
einfach nur grauslich doch man gewöhnt sich an alles 🤮
ob der Holzturm der Klimaveränderung stand hält❔
Es ist mir ein Rätsel wie man es schafft, eine Baugenehmigung für ein 4-geschoßiges Gebäude am ländlichen Ortrandgebiet zu erhalten. Ob einem das Gebäude gefällt ist Geschmackssache, aber zur Verschönerung des Ortsbildes trägt es sicher nicht bei.
Welcher Bürgermeister erlaubt einen viergeschoẞigen Getreidesilo in einer Wohnsiedlung? Auch mit noch so viel Herumgeschreibsel des Kritikers ist dieses „Wohnhaus“ in Zeichen des Klimawandels völlig daneben.
Scheußlich von außen!
Hat diese Hütte keine Dachrinne? Da wird die Drecksuppe bald vom Dach über die gesamte Fassade runterrinnen und der Schimmel drinnen sprießen. Nicht mal ein Vordach.
Wie steht's mit Keller? Garage? Komplett vermurkster Dilettantenbau. Hat der Architekt auch mal was studiert? Oder gab's beim Wifi einen 2-Wochen-Kurs für Anfänger, die gerne Anfänger bleiben wollen?
Vielleicht sieht man eine Dachrinne bloß nicht aufgrund der Tarnfarbe? Aber am besten wäre es, rund um dieses grottenhäßliche Gebäude irgendwelche schnell wachsenden Bäume zu pflanzen, damit es bald verdeckt ist!
Gratiswerbung in der Gazette für den Architekten?
Werbung eher nicht, bei dem Erscheinungsbild kann es nur eine Warnung vor diesen Architekten sein!
Schaut aus wie ein Getreidespeicher.
Ein " Normaler" hätte nie die Genehmigung dafür bekommen.
Investitions- u. Betriebskosten für den Lift und die Abhängigkeit bei Gebrechlichkeit der Bewohner, werden wie zumeist üblich von diesen "Künstlern" ignoriert!
In diesem Fall muss er selbst damit leben.
Sie glauben, dass der Architekt tatsächlich für längere Zeit da drinnen wohnen möchte? Nie und nimmer!