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Charlie Watts macht sich einen Karl

Von Von Bernhard Lichtenberger, 13. Jänner 2010, 00:04 Uhr
Charlie macht sich einen Karl
Zwei von vier im mit 400 Besuchern ausverkauften Lehartheater: Charlie Watts (li.) und Dave Green Bild: ANDREAS ZEPPELZA

Wenn das Wollen über das Müssen siegt, trommelt es sich glückselig. Diesen Lebenstakt gab Rolling-Stones-Schlagzeuger Charlie Watts am Montag im Bad Ischler Lehartheater als Teil der Genussmusikanten „The ABC & D of Boogie Woogie“ vor.

„Da oide Sack in Ischl – a Waunsinn!“ Hinter der derben Note des einheimischen Wortspenders schwingt hymnische Verehrung für jenen Kerl mit, der seit 47 Jahren als stoischer Kern der Rolling Stones die rhythmischen Felle bearbeitet. Als Echo kam reichlich Geld zurück. Aber so ein Charlie will auch einmal einen Karl haben, ein entspanntes Vergnügen als Ausgleich zur beschränkten Satisfaktion, die Stadionshows bereiten.

Das alte Steckenpferd Boogie-Woogie sattelte ihm der britische Tastenkünstler Ben Waters (35) neu, als er Ende 2009 Watts (68), dessen Jugendkumpel Dave Green (67) und den deutschen Stil-Giganten Axel Zwingenberger zum gemeinsamen Musizieren unter dem Namen „The ABC & D of Boogie Woogie“ einlud.

Lässig legt der Sir im saloppen lila Poloshirt mit Stöcken und Berserln im Verein mit Kontrabassist Green einen Rhythmusboden, auf dem es die beiden Pianisten an den Bösendorfer-Flügeln bunt treiben, von denen einer einst dem großen Gulda gehörte.

Wie Kartenspieler, die um ihre Trümpfe in der Hinterhand wissen, lizitieren sich Waters und Zwingenberger im Boogie-Spiel gegenseitig hoch. Der eine akrobatisch, nach dem Unmöglichen greifend, Zitate einflechtend, der andere präzise und kunstfertig, weit über den Tastenrand hinausschauend. Ein berauschender Finger-Ritt durch einen Parcours aus Klassikern von Jerry Lee Lewis („Whole Lotta Shakin’ Goin’ On“), Little Richard („Jenny, Jenny“) oder Gershwin („Lady Be Good“) und Eigenhändigem, der im Finale mit Überraschungsgast Martin Pyrker aus Wels einen sechshändigen Höhepunkt an einem Klavier bietet.

Den Raum zwischen Doppelpässen der Tastendribbler nützt Dave Green für solistische Lust. Wie ein Trunkener an den Laternenmast, klammert sich der Hartbesaitete an seinen Kontrabass und schickt die Finger auf ihre Läufe.

Und Charlie lässt gediegen seine Werkzeuge tänzeln, rollt mit den Augen und fällt von einem breiten genüsslichen Grinsen ins nächste. So straft er jeden Lügen, der da „I Can’t Get No Satisfaction“ singt.

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