Digitalisierung: Quo vadis, Oberösterreich?
LINZ. Die OÖNachrichten luden zum Frühstück mit Digitalisierungs-Experten Angst vor unbekannten Folgen der Digitalisierung verhindert Fortschritt.
- Die OÖNachrichten luden zum Frühstück mit Digitalisierungs-Experten
- Angst vor unbekannten Folgen der Digitalisierung verhindert Fortschritt.
Oberösterreich hat Nachholbedarf. Die Position Oberösterreichs beim Thema Digitalisierung entspricht nicht seinem sonstigen Gewicht als Wirtschafts- und Industriebundesland. Woran das liegt und wie sich unser Bundesland der digitalen Zukunft stärker öffnen kann, diskutieren die OÖNachrichten in einem neuen Format: dem Digital-Frühstück.
Dabei sitzen drei Gäste, die in der oberösterreichischen Digital-Szene Bedeutung haben, völlig altmodisch bei analogem Kaffee und Gebäck zusammen und debattieren. Zum Start dabei waren Christoph Steindl, Geschäftsführer des Linzer Software-Unternehmens Catalysts, Martina Mara, Medienpsychologin am Ars Electronica Futurelab, und Markus Seiringer von der Kommunikationsagentur Vorauer & Friends in Thalheim bei Wels.
Der Anspruch an diese (jedes Mal wechselnde) Runde ist auch, die Ankündigungen der Landesregierung zur Digitalisierung zu überprüfen und an der Realität zu messen. Weiters interessiert uns der persönliche Umgang der Frühstücksgäste mit der Digitalität. Dazu gibt es online Kurz-Videos mit den Frühstücksgästen im kurzweiligen Word-Rap-Format.
OÖNachrichten: Ist Oberösterreich ein guter Boden für eine digitale Zukunft?
Steindl: Man kann sicher etwas daraus machen, besonders leicht wird es einem nicht wirklich gemacht. Es ist zwar von Seiten der Politik ein gewisses Wollen, quasi weg von der Stahlstadt hin zur Smart City, zu bemerken. Doch gibt es keine besonders großen Initiativen, die einen wirklichen Anschub geben könnten. Ich möchte Oberösterreich nicht schlechtreden, aber wenn wir global gesehen nicht extrem gut werden, werden wir kaum eine Rolle spielen. Großes Potenzial sehe ich für die Digitalisierung in der Tabakfabrik.
Mara: Eigentlich sind die Voraussetzungen in Oberösterreich dafür gar nicht so schlecht. Große Industrie, ein paar gut etablierte Start-ups, Fachhochschule, Kunstuni, Ars Electronica Center, Business Angels. Doch wir im AEC Futurelab merken, dass es extrem schwierig ist, junge Leute nach Linz und Oberösterreich zu bekommen. Wir haben superinteressante Jobs an der Schwelle von Technik zur Kreativität, werden aber oft gefragt: "Warum seid ihr nicht in Wien? Dorthin würde ich sofort gehen." Mich ärgert, dass Linz und Oberösterreich zu wenig aus dieser möglichen digitalen Identität machen. Man muss natürlich viel ändern und fördern, aber gerade für Studenten gäbe es schon ein sehr attraktives Netzwerk im digitalen Bereich. Es werden Initiativen gestartet wie die Unesco City of Media Arts, wo großartig die tolle Marke angekündigt wurde. Gemacht wird damit offenbar nichts.
Seiringer: Unsere Marktforschung und Erfahrung zeigen, dass sehr viele Menschen hier einfach Angst vor der Digitalisierung haben, weil sie das alles gar nicht verstehen. Institutionen wie die Oberösterreichischen Nachrichten und große Industriebetriebe sollten die Bürger an die Hand nehmen und, ich möchte fast sagen, ein gutes Gefühl zur Digitalisierung verkaufen. Man muss den Menschen sagen, was sie von der Digitalisierung haben.
Wenn sie dann die Digitalisierung akzeptiert haben, wird der Schwung in diese Richtung gehen. Der Amerikaner hat keine Angst davor, er probiert. Auch wir Österreicher der jüngeren Generation freuen uns, was mit der Digitalisierung alles möglich ist, dass wir durch sie besser leben. Aber die anderen 90 Prozent haben einfach Angst davor.
Die Angst als Hindernis für die Digitalisierung?
Mara: Vieles ist sehr abstrakt: künstliche Intelligenz, Robotik, Industrie 4.0. Ich als Technik-Psychologin kann sagen, dass viele dieser Themen sehr stark angstbesetzt sind, weil die Menschen nicht abschätzen können, was das für ihren Alltag bedeuten kann. Da sehe ich zum Beispiel auch die OÖNachrichten gefragt, ausführlicher darüber zu berichten.
OÖNachrichten: Dazu ein aktuelles Beispiel aus unserem Haus: Wir haben begonnen, Seminare für Senioren zum Umgang mit dem Smartphone anzubieten. Wir werden bei diesem Angebot praktisch überrannt.
Wie kann man die Ängste nehmen?
Mara: Offen kommunizieren. Mich stört es, dass die Industrie bloß von mehr Arbeitsplätzen und Wohlstand durch die Digitalisierung spricht und nicht davon, dass die Automatisierung auf der anderen Seite viele Jobs vernichtet. Wir sollten diskutieren, was uns die Digitalisierung wirklich bringt, welche Freiheiten sie uns ermöglicht.
Seiringer: Ja, zu erzählen, dass es toll ist, sich mit so vielen Leuten zu verknüpfen, dass mit Digitalisierung die Lebensqualität vorne steht. Wir müssen ehrlich mit dem Thema umgehen, auch sagen, was alles passieren kann, die Leute mit Emotionen abholen.
Steindl: Es gab immer Angst vor Neuerungen. Zuletzt bei der Globalisierung. Und heute: Wer hat sich nicht an den Euro und an Grenzen ohne Passkontrolle gewöhnt? Und wir können uns heute fast alle Informationen aus dem Internet holen. Natürlich gibt es bei Neuerungen nicht für alle eine Garantie, dass sie überleben.
Linz war vor 30, 40 Jahren einmal das Zentrum der Informatik in Österreich. Hat man das verspielt?
Steindl: Das ist nichts Außergewöhnliches. Der Trend geht zu größeren Strukturen und Städten. Im Web haben wir das mindestens so, wo die großen Firmen wie Google, Facebook, Amazon quasi Monopolisten geworden sind. Der Zug zu großen Städten wie Berlin, Zürich und London für junge, talentierte Leute ist stark, Linz und Österreich sind austauschbar. Dass wir da wieder die Leuchtkraft entwickeln, dafür müssen wir viel tun.
Beim Regionenindex, in dem rund 80 Regionen verglichen werden, sind wir aktuell von Platz 49 auf 51 abgerutscht. Das ist nicht toll. Ich selbst bin vom Waldviertel nach Linz gekommen, um das damals neue Studium Mechatronik zu studieren. Im Uni-Orchester hab ich meine Frau kennengelernt und bin deswegen in Linz hängengeblieben.
Haben wir bei der Digitalisierung ein Nachwuchsproblem in Oberösterreich?
Seiringer: Wir haben ein massives Nachwuchsproblem. Wir tun uns extrem schwer, nach Wels die richtigen Leute zu bekommen. Von unseren drei Software-Entwicklern ist nur einer aus Österreich, die anderen aus Ägypten und Kroatien. Die bleiben ungefähr ein halbes Jahr, dann gehen sie nach Berlin, London. Die Suche beginnt von Neuem. Leute aus der Kreativbranche wollen nicht in die Linzer Gegend ziehen, unser größter Konkurrent ist aus meiner Sicht Salzburg. Von den Top-5-Digitalagenturen in Österreich sitzen drei dort. Wir hätten die Aufträge, um locker 20 Entwickler aufzunehmen, finden sie aber nicht.
Steindl: Es wäre gut, im Kindergarten schon mit Mathematik, die Freude macht, zu beginnen. Coding, also das Programmieren, sollte die erste Fremdsprache werden. Junge Talente sollten auch sichtbar gemacht werden, dann können sie gefördert werden und bekommen gute Trainings- und Praktikumsmöglichkeiten. Wenn wir unsere digitale Zukunft voranbringen wollen, brauchen wir auch Kräfte aus dem Ausland. Wir suchen jedes Jahr weltweit Talente mit unserem Coding-Contest, bei dem in zehn Ländern mittlerweile 2200 Programmierer teilnehmen.
Klassische Betriebswirtschaftsregeln gelten offenbar nicht mehr in der digitalen Welt. Gibt es ein neues Gebot von Tempo, Begeisterung, Experimentieren?
Steindl: Ganz klar ja! Die digitalen Start-ups von heute experimentieren vor allem. Und ja, man muss es sich auch leisten können – 15 von 20 Start-ups werden kein großer Erfolg. Deshalb sind die jüngsten Finanzierungsinitiativen in Oberösterreich ganz wichtig. Da kommt auch die Industriestruktur Oberösterreichs positiv ins Spiel, weil diese starken Unternehmen den weltweiten Markt für die digitalen Ideen erschließen können. Industrie und Digi-Start-ups wachsen zusammen. Wer als Unternehmen die Digitalisierung in zehn bis fünfzehn Jahren nicht gelernt hat, den gibt es dann nicht mehr.
Wo sehen Sie die Schattenseiten der Digitalisierung?
Mara: Grundsätzlich verhandeln wir als Gesellschaft gerade, wie wir mit diesen Technologien umgehen sollen. Diese digitalen Medien sind ja trotzdem etwas sehr Neues, Junges in Relation zur Zeitung oder zu einem Buch. Es wird noch eine Zeit dauern, bis wir für uns den besten Weg finden, damit umzugehen.
Wir sollten über die Risiken und Schattenseiten auch offen reden. Viele Menschen haben beispielsweise das Gefühl, sie kommen mit der Geschwindigkeit nicht mehr mit. Andere schaffen die dauernden Push-E-Mails kaum mehr, wieder andere haben am Abend 350 E-Mails im überfüllten Postfach. Digital Detox ist nicht umsonst ein Trendwort geworden.
Zu den beängstigenden Nebenwirkungen der Digitalisierung gehört, dass die Menschen vor lauter Smartphone-Tippen das Reden miteinander verlernen. Ist das so?
Mara: Nachgewiesen ist das nicht. Da sind wir gerade im Lernprozess. Die Regeln kann man nicht verordnen, mit Verboten kann man bei Jugendlichen zum Beispiel wenig erreichen. Die Leute spüren schon, dass sie zu viel Zeit hinter Bildschirmen verbringen. Seiringer: Beängstigend finde ich das eigentlich gar nicht, wenn eine Familie am Esstisch sitzt und jeder sein Handy neben sich liegen hat.
Meine Frau zum Beispiel ist Bloggerin, ich habe eine Firma zu führen. Mein kleiner eineinhalbjähriger Sohn hat noch kein eigenes Smartphone. Ich schaue E-Mails, meine Frau die Conversions (conversion rate = Begriff aus dem Online-Marketing, Anm.). Nein, ich finde das nicht beängstigend. So kann man die Geschichten dahinter verstehen lernen, was der andere eigentlich tut.
Unsere Gäste waren...
Christoph Steindl: Gemeinsam mit Christian Federspiel gründete der Waldviertler vor zehn Jahren in Linz das IT-Unternehmen Catalysts, spezialisiert auf individuelle Softwarelösungen. Aus einem Start-up wurde ein Unternehmen mit rund hundert Mitarbeitern und Standorten in Hagenberg, Wien, Frankfurt und Rumänien.
Martina Mara: Die oberösterreichische Medienpsychologin leitet am Ars Electronica Futurelab den Forschungsbereich RoboPsychology. Dabei untersucht sie, wie Roboter künftig aussehen und kommunizieren sollen, damit wir Menschen uns mit ihnen wohlfühlen. Mara schreibt jeweils dienstags für die OÖN eine Kolumne.
Markus Seiringer: Der auf digitale Kommunikation spezialisierte Werbefachmann ist bei der Agentur Vorauer&Friends mit 50 Mitarbeitern in Thalheim bei Wels Kreativdirektor und geschäftsführender Gesellschafter. Peter Vorauer ist der Mehrheitseigentümer. Seiringer wird laut Vorauer in den nächsten Jahren übernehmen.
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das eigentliche problem ist doch, dass die meisten arbeitgeber gar nicht wissen was sie da einfordern wollenund sollen! die meisten leute denken einfach noch nicht digital. iphone und facebook und instagram machen mich noch lange nicht dazu solange ich nicht weiss, was ich damit alles machen kann! digitalisierung bedeutet vor allem auch nicht im büro zu sitzen wie üblich sondern neue wege zu nutzen die mir diese digitalisierung bringt. aber wie so oft hier im land … schall und rauch bestimmt das bild. viele wort ohne inhalt! schade auch das österreich keine pionierrolle in europe einnehmen kann! bandbreiten und abdeckungen und freies wlan z.b. wären gute themen.
Das ist ein bezahlter PR-Artikel oder ein Gefälligkeitsinterview. Es wimmelt von Schlagworten, die nicht erklärt werden - das wichtigste dabei: Was verstehen diese "Experten" unter "Digitalisierung" (da gibt's je nach Branche wechselnde Definitionen)? Das wäre für die Lesenden hilfreich zu erfahren. Überzogen interpretiert läuft es gar darauf hinaus, den Umgang mit dem Smartphone am Frühstückstisch als digitale Revolution darzustellen.
Inhaltlich falsch ist, dass Herr Seiringer die "jüngere Generation" mit einem Anteil von 10% einschätzt (außer er meint damit alle Unter-12-jährigen); Fragen zur Ethik wurden erst gar nicht gestellt. Wenn ein "Experte" meint, "Coding" sollte die erste Fremdsprache sein, die junge Menschen lernen, dann hat er wohl noch nicht die Zeit gehabt, sich mit mit den Erkenntnissen der Gehirnforschung auseinanderzusetzen. Dort wird der Einsatz digitaler Medien mitunter sehr kritisch gesehen.
Insgesamt: Gute Idee, das Thema aufzugreifen, jedoch: schwache Ausführung.
Zitat: "Seiringer: Wir haben ein massives Nachwuchsproblem. Wir tun uns extrem schwer, nach Wels die richtigen Leute zu bekommen. Von unseren drei Software-Entwicklern ist nur einer aus Österreich, die anderen aus Ägypten und Kroatien. Die bleiben ungefähr ein halbes Jahr, dann gehen sie nach Berlin, London. Die Suche beginnt von Neuem. Leute aus der Kreativbranche wollen nicht in die Linzer Gegend ziehen, unser größter Konkurrent ist aus meiner Sicht Salzburg. Von den Top-5-Digitalagenturen in Österreich sitzen drei dort. Wir hätten die Aufträge, um locker 20 Entwickler aufzunehmen, finden sie aber nicht."
Ich könnte mir vorstellen, daß das Lohnniveau auch nicht den Erwartungen entspricht. Ein Bekannter aus Deutschland, der sich gelegentlich Angebote österr. Firmen angesehen hat, lächelt immer spöttisch über die finanziellen Offerte.
Die größte Auswirkung liegt darin, dass in Mitteleuropa ein extremes Senioritätsprinzip vorherrscht: junge verdienen wenig und haben nichts zu sagen, mit steigendem Dienstalter wird das anders.
Junge dynamische Unternehmen mit neuen Technologien durchbrechen diese uralten Regeln. Da regieren die Könner und Experten, und das sind oft junge Hupfer. Hierarchien werden flacher, immer mehr tägliche Entscheidungen fallen auf Ebene der Experten. Die Geschäftsführung gibt nur mehr die Stoßrichtung (Strategie) vor, alles andere läuft wie auf Schienen.
Unsere Sozialpartner sind damit überfordert, denn Priviliegien und ersessenes Recht haben in solchen Strukturen keinen Raum!