Heiße Sache: Das zweite Leben der Reifen
Ein Rieder Unternehmen beherrscht die hohe Kunst des Vulkanisierens und fertigt runderneuerte Reifen.
- Ein Rieder Unternehmen beherrscht die hohe Kunst des Vulkanisierens und fertigt runderneuerte Reifen.
Der Markt ist heiß umkämpft – nicht erst, seit chinesische Unternehmen den deutschsprachigen Raum mit 2,9 Millionen Reifen fluteten. "Die Hälfte dieser Pneus", sagt der Reifenhändler Franz Doblhofer, "war von minderer Qualität." Doch Abnehmer fand selbst dieser Gummi-Schrott – weil der Preis im Keller war. Die Bilanz: "Zwei Betriebe in Österreich, die Alt-Reifen runderneuerten, mussten heuer im Frühjahr schließen." Zwei von sechs.
200.000 Kilometer Laufleistung
"Wir erneuern pro Jahr 4000 Altreifen", erzählt der 56-Jährige. Und rechnet vor: Ein neuer Lkw-Reifen für 40-Tonner kostet neu zwischen 350 und 550 Euro – je nach Qualität. Die Laufleistung pendelt im Fernverkehr zwischen 160.000 und 200.000 Kilometer. Ein Runderneuerter kostet die Hälfte, erreicht aber 80 bis 85 Prozent der ursprünglichen Laufleistung. "Die Rechnung geht auf." Vor allem, weil Doblhofer wie alle anderen Mitbewerber sechs Jahre Garantie gewähren muss.
Reifen ein zweites Leben einzuhauchen, bedarf viel Wissen rund um das Vulkanisieren. "Da geht’s um die richtige Temperatur, den richtigen Druck, die richtige Kautschuk-Mischung", sagt der 56-jährige Innviertler.
1. Die alte Lauffläche wird abgefräst. Nach der Prozedur wiegt der Pneu statt 65 nur noch 45 bis 50 Kilogramm. Schäden an der Karkasse durch Scherben oder Metallteile (Nägel etc.) werden sichtbar, ein Arbeiter fräst die Schnitte weg. Dabei wird teilweise der Stahlgürtel freigelegt. Weil das beschädigte Metall rosten kann, muss die Stelle mit Gummi versiegelt werden.
2. Der Reifen wird einer Druckprüfung (10 bar) unterzogen.
3. Auf die raue Lauffläche wird aufgelöster Kautschuk gesprüht – als Vorbereitung für das Aufbringen des neuen Profils.
4. Die herausgefrästen Dellen werden mit Kautschuk aufgefüllt – mit einem Gerät, das einer Heißklebepistole ähnelt.
5. Der exakte Reifenumfang wird gemessen und die neue Lauffläche auf den Millimeter genau in dieser Länge abgeschnitten.
6. Das neue Profil wird mit Druck aufgebracht und die Enden miteinander verbunden – mittels einer großen Klammerlmaschine.
7. Die Reifen werden mit einer Gummimanschette ummantelt, aus der die Luft abgesaugt werden kann. Denn beim Vulkanisieren, also bei der Umwandlung von Kautschuk in Gummi, darf keine Luft an die klebrige Masse kommen.
8. Die Reifen werden in einem Ofen ("Autoclave") drei Stunden lang bei 6 Bar und 105 Grad gebacken. Dabei verbindet sich die Karkasse mit der neuen Lauffläche..
"Eine Karkasse kann drei Mal wiederverwertet werden: zuerst für den Fernverkehr, dann für den Nahverkehr und zuletzt für Baustellen-Lkw", sagt Franz Doblhofer.