Missbrauch: Ex-Pater aus Kremsmünster muss vor Gericht
KREMSMÜNSTER. Dem 79-jährigen August M. drohen nun zwischen fünf und 15 Jahren Haft.
August M., ehemaliger Stiftspater und Internatsdirektor des Stiftsgymnasiums Kremsmünster, muss sich wegen der gegen ihn getätigten Missbrauchsvorwürfe vor Gericht verantworten. Das gab die Staatsanwaltschaft Steyr am Dienstag bekannt. Für den 79-Jährigen gilt die Unschuldsvermutung. Die Vorwürfe in der Anklageschrift gegen August M. (ehemaliger Pater A.) sind allerdings massiv. Er soll im Zeitraum zwischen September 1973 und Juni 1993 an insgesamt 15 zum Tatzeitpunkt unmündigen Zöglingen des Stiftes Kremsmünster „sexuelle Handlungen unterschiedlicher Intensität vorgenommen haben“. Außerdem wird dem Angeklagten der fahrlässige Besitz einer verbotenen Pumpgun angelastet.
24 Opfer befragt
„Insgesamt wurden 24 Opfer eingehend befragt, bei zwei heute erwachsenen Männern haben die Handlungen bis heute nachweislich schwere psychische Folgen“, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Steyr, Andreas Pechatschek. Deswegen seien die Taten, die M. vorgeworfen werden, noch nicht verjährt. Der Fall war ins Rollen geraten, weil am 10. März 2010 ein ehemaliger Stiftszögling den OÖNachrichten von seinen Erlebnissen berichtet hat. Daraufhin begannen das Landeskriminalamt Oberösterreich und die Staatsanwaltschaft Steyr mit den rund drei Jahre dauernden Ermittlungen.
Ein Prozess gegen August M., der nun in einem Welser Kloster leben soll, könnte im Juni beginnen. Vorerst hat der Beschuldigte allerdings 14 Tage Zeit, um gegen die Anklage zu berufen. In diesem Fall müsste das Oberlandesgericht Linz den Akt erneut prüfen.
Der Linzer Anwalt Oliver Plöckinger vertritt den ehemaligen Pater des Stiftes. Er prüfe einen Einspruch. Allerdings sagt der Anwalt auch: „Kompliment für die Arbeit der Staatsanwaltschaft. Als Strafverteidiger wünscht man sich so eine Anklageschrift nicht.“
Im Stift Kremsmünster wird die Entwicklung im Fall gegen den Ex-Pater A. begrüßt: „Wir wissen ja, dass es zu Missbrauch gekommen ist“, sagt Abt Ambros Ebhart.
Gegen einen weiteren Ordensbruder, Pater P., läuft ein kirchenrechtliches Verfahren wegen „Ausnutzung eines Autoritätsverhältnisses“. Der Akt liegt bei der Diözese Linz. Ein Zivilprozess, den zwei Missbrauchsopfer gegen das Stift führen, ist ebenfalls noch offen. Das Urteil wird noch im April erwartet.
Chronologie
April 2008 - Einstellung: Die Staatsanwaltschaft Steyr stellt erste Ermittlungen und eine Anzeige gegen Pater A. ein, weil die Vorwürfe des Missbrauchs verjährt sein sollen.
Anwalt prüft Einspruch gegen die Anklage
Ob es sinnvoll sei, Einspruch gegen die Anklage zu erheben, will jetzt nach Bekanntwerden der Linzer Anwalt Oliver Plöckinger prüfen: „Weil es doch in Zusammenhang mit der Verjährung eine spannende Frage gibt.“
Im Konkreten gehe es um den Vorwurf des unerlaubten Waffenbesitzes. Denn die Pumpgun sei zurückgegeben worden. Deshalb sei zu prüfen, ob dieses Delikt herangezogen werden könne. Es ist einer der Punkte, die die Staatsanwaltschaft als Verjährungsfrist hemmend ins Treffen führt. Ein weiterer sei, so Plöckinger, ein Opfer mit Dauerfolgen. Alles andere sei verjährt, sagt der Jurist, der nun zwei Wochen Zeit hat, zu reagieren. Oder eben nicht. „Das ist die spannende Frage, ob man jetzt schon Einspruch erheben soll, oder abwarten, wie das Gericht entscheidet.“ Und bei Bedarf in weitere Instanzen ziehen.
„Es ist natürlich positiv zu sehen, dass es nach sehr langer Zeit doch zu einer Anklage kommt. Aber was wichtig ist: dass dort nicht nur ein Einzelner vor Gericht steht, mit dem das Stift ja nichts mehr zu tun haben will, sondern das ganze System Kremsmünster“, sagt einer der betroffenen ehemaligen Schüler des Stiftsgymnasiums Kremsmünster im Gespräch mit den OÖNachrichten. „Es geht von uns niemand ernsthaft davon aus, dass der Hauptbeschuldigte einen einzigen Tag ins Gefängnis kommt. Der ist alt, die Verteidigung wird auf Zeit spielen. Aber es geht für uns nicht so sehr darum, dass er hinter Gittern verschwindet. Es geht uns darum, dass endlich das System abgestraft und aufgedeckt wird.“
Es sei für einen Ort und ein Stift nicht angenehm, immer wieder negativ in den Schlagzeilen zu stehen. Deshalb zeigt sich Kremsmünsters Bürgermeister Gerhard Obernberger „froh, wenn es geklärt wird“. Nun müsse das Gericht entscheiden, so der VP-Politiker. Es sei gut, wenn es abgeschlossen werden könnte.