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Stelzer nach Corona-Demo vor Hort: "Lasst unsere Kinder in Ruhe"

Von Valentin Bayer, 20. Jänner 2022, 17:27 Uhr
"Vorhang auf" skandierten die Demo-Teilnehmer vor dem Hort-Gebäude.

LINZ. Nach jener Corona-Demo, die am Mittwoch auch an einem Hort in Linz vorbeigeführt hat, sehen Politiker eine Grenze überschritten, auch Eltern fordern Konsequenzen. Kommen jetzt Schutzzonen um Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen?

Auch gestern protestierten in Linz wieder 1400 Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen. Der Kundgebungszug verlief von der Innenstadt zur Herz-Jesu-Kirche. Zu unschönen Szenen kam es vor dem Hort der Brucknerschule in der Wiener Straße. Laut einer Aussendung der Hortleitung, die zwei besorgte Mütter an die OÖNachrichten weiterleiteten, sollen Teilnehmer mit den Parolen Kinder verschreckt sowie Kinder und Eltern gefilmt haben. Damit wurde eine Grenze überschritten, waren sich LH Thomas Stelzer (ÖVP) und Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) einig. Luger will Schutzzonen um Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen. 

Video: "Er hatte Angst, dass die Demonstranten hereinkommen", berichtet eine besorgte Mutter im Interview mit OÖN-TV. 

"Vorhänge auf"

Laut der Hortleitung, sollen einige Kinder während der Demo ans Fenster getreten sein. Dass sie dabei Masken trugen, erweckte das Interesse der Demonstranten. Aus der Menge sollen mehrere Rufe ertönt sein. Die Pädagoginnen bemerkten, dass Demonstranten Videos von den Kindern machten, und zogen die Vorhänge zu. Daraufhin soll auf der Straße der Ruf „Vorhänge auf“ ertönt sein. Da der Endpunkt der Demonstration, die Herz-Jesu-Kirche, in der Nähe liegt, verharrten die Demonstranten vor dem Hort.

"Mein Sohn hatte unglaubliche Angst"

Von Kindern und wartenden Eltern sollen Fotos gemacht worden sein. „In der Zeit von 15.25 Uhr bis 16 Uhr wurden die Kinder und die Pädagoginnen terrorisiert", heißt es in der Mitteilung des Horts an die Eltern. "Im ganzen Haus kümmerten sich unsere Pädagoginnen um die weinenden Kinder aller Altersstufen“. Die Mutter eines siebenjährigen Hortkindes zeigte sich im Gespräch mit den OÖNachrichten empört: "Mein Sohn hat überhaupt nicht gewusst, was da los ist. Er hatte unglaubliche Angst. Was soll das?"

Bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich hieß es, dass der Demozug zwar im Bereich des Hortes zum Stillstand kam, weil er dort wendete, um wieder zurück in Richtung Innenstadt zu ziehen. Man habe aber keine Zwischenfälle im Zusammenhang mit dem Hort wahrgenommen. Auch sei es nicht richtig, dass das Gebäude beschützt werden habe müssen. Allerdings sei - wie auch die übrige Zeit der Demo - immer wieder "Maske weg!" skandiert worden.

Schule früher beendet

Auch die Direktorin des BRG Fadingerstraße, Sylvia Bäck, weiß unterdessen von verängstigten Schülern. Als etwa vor Weihnachten bereits zu Mittag Tausende Impfgegner durch die Innenstadt zogen, seien Kinder auf dem Weg zu einer Öffi-Haltestelle mitten in die Kundgebung geraten, berichtete sie der APA. Ein Bub aus der Unterstufe sei weinend zurück in die Schule gekehrt.

Um all ihren Schülern und Schülerinnen einen sicheren Heimweg zu ermöglichen, entschied die Direktorin, dass am Demotag bereits um 11 Uhr Unterrichtsschluss war. Die Lehrer hätten die Eltern telefonisch darüber informiert und breite Zustimmung für die Aktion erhalten. So konnten alle unbehelligt das Schulgebäude in der Innenstadt verlassen und ohne Zeitverzögerung - etwa wegen Unterbrechung der Straßenbahn wegen des Demozugs - nach Hause gelangen.

Luger fordert Schutzzonen

Aufgrund der aktuellen Ereignisse veranlasste Luger am Donnerstag "die sofortige Prüfung, Schulen, Kinderbetreuungs-, Senioren- und Gesundheitseinrichtungen als Schutzzonen zu deklarieren". Auch sein ÖVP-Stellvertreter Bernhard Baier tritt dafür ein. Luger sieht aber auch die Polizei gefordert, derartige Aktionen "unverzüglich zu unterbinden".

Deutliche Worte fand der Landeshauptmann. Es sei "unerträglich, wenn einzelne radikale Demonstrierende vor einem Hort aufziehen und mit ihren Parolen und mit ihrem Geschrei - wenn auch nur vielleicht unbewusst - Kinder verängstigen. Lasst unsere Kinder in Ruhe", fordert Stelzer. Auch wenn Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht in einer Demokratie "hohe Güter" seien, die es zu beschützen gelte, müsse jedoch ein Weg gefunden werden, "damit eine laute Minderheit, das Leben der schweigenden Mehrheit nicht ständig beeinträchtigt".

Seine Stellvertreterin Christine Haberlander, die für Kinderbetreuung und Bildung zuständig ist, hat noch am Donnerstag mit Landespolizeidirektor Andreas Pilsl ein Gespräch geführt. Sie strich hervor, dass für Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen "besondere Sensibilität an den Tag zu legen" und "ein strenges Auge auf Störungen" zu werfen sei. Auch sie appellierte an den Bund, die gesetzlichen Regelungen für Schutzzonen auf jene Institutionen zu erweitern.

"Kindertränen sind nicht zur akzeptieren"

"Überaus besorgt und erschrocken" zeigt sich auch die oberösterreichische Kinderschutz-Landesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ). Das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit dürfe nicht zu belagerungsähnlichen Zuständen rund um einen Kinderhort führen, in dem sich sechs bis zehnjährige Kinder aufhalten. Es sei zu prüfen, ob Schutzzonen möglich sind. "Was absolut nicht geht, ist, wenn Erwachsene ihren Frust und ihre Aggressionen über die Maßnahmen gegenüber Kindern entladen, wie das gestern passiert ist. Kindertränen sind nicht zur akzeptieren", so Gerstorfer, die Konsequenzen für die Rädelsführer forderte. 

"Dunkeltiefrote Linie weit überschritten"

Der grüne Landessprecher Landesrat Stefan Kaineder sieht "eine dunkeltiefrote, fette Linie weit überschritten. Was hier passiert ist, ist ein Ausbund an Verantwortungslosigkeit und eine Szenerie, die wir hier Oberösterreich nicht haben wollen. Das darf erstens niemals wieder passieren und kann zweitens so nicht ohne Konsequenzen bleiben." Er erwarte sich "klare Worte" und einen "deutlichen Aufruf zur Mäßigung" von FPÖ und MFG. "Sonst drohen alle Dämme zu brechen." Zudem forderte er "mehr Sensibilität bei der Genehmigung von Demo-Routen".

Auch die Neos verurteilten das Verhalten der Impfgegner gegenüber kleinen Kindern. "Wir stellen uns vor sie, vor ihre Eltern und vor alle, die das Gemeinsame fördern wollen. Wer im Zuge der Ausübung des Demonstrationsrechtes - eines der wichtigsten demokratischen Rechte - Kinder in Angst und Panik versetzt, stellt sich klar außerhalb des friedlichen Diskurses", so der pinke Klubobmann Felix Eypeltauer.

Auch die Kinderfreunde Oberösterreich reagierten "bestürzt und fassungslos": Nun sei es so weit, dass Demonstranten und Demonstrantinnen "kleine Kinder instrumentalisieren und durch aggressives Verhalten massiv verstören".

Zahlreiche Anzeigen

Gemeldet wurden nach der Demo am Mittwoch 21 Anzeigen wegen der Nichteinhaltung der Maskenpflicht, je zwei wegen Verstößen gegen das Vermummungsverbot, Ordnungsstörung und Anstandsverletzung sowie eine Anzeige nach dem Suchtmittelgesetz. Zu Festnahmen kam es nicht. An einer weiteren Demo am Linzer Bindermichl, die sich gegen das Einschreiten der Polizei richtete, nahmen 20 Personen teil. Es setzte neun Anzeigen wegen Verstoß gegen die Maskenpflicht und eine wegen Vermummung.

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