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Eine Spur ins Nichts: Bergsteiger stürzte am Traunstein 500 Meter in den Tod

Von OÖN, 18. Februar 2020, 00:04 Uhr
Eine Spur ins Nichts: Bergsteiger stürzte am Traunstein 500 Meter in den Tod
Die Südseite des Traunsteins Bild: (geg)

GMUNDEN. Die Suche nach Sebastian U. brachte gestern Mittag traurige Gewissheit: Der Vermisste war beim Versuch, auf der Südseite abzusteigen, ausgerutscht und tödlich verunglückt.

Sebastian U. war umgekehrt. Seine einsame Spur, die über eine verschneite Latschengasse zurück in Richtung Traunsteingipfel führte, war gestern deutlich auszumachen. Nach nur 50 Metern hatte der 37-Jährige erneut die Richtung geändert, war scharf nach rechts abgebogen und über einen latschenbewachsenen Hügel in Richtung der steilen Südseite des Berges abgestiegen. Dann endet seine Spur.

Dort, auf glatten, nassen Platten und direkt oberhalb einer Felswand, hatte Sebastian U. Sonntagvormittag den Halt verloren. Der Familienvater aus Desselbrunn (Bezirk Vöcklabruck) stürzte 500 Meter tief in eine Schotterrinne, er war auf der Stelle tot. 15 Gmundner Bergretter und fünf Alpinpolizisten, die, wie berichtet, seit Sonntag nach dem 37-Jährigen gesucht hatten, konnten nichts mehr für ihn tun.

Dabei hatte für den jungen Werkstättenleiter alles so vielversprechend begonnen. Am vergangenen Sonntag war er zeitig in der Früh über den im oberen Bereich tief verschneiten Hernlersteig in Richtung Gipfel aufgestiegen. Alles verlief nach Plan. Gegen 10 Uhr Vormittag erreichte Sebastian U. den 1691 Meter hohen Gipfel, meldete sich per Telefon bei seiner Frau und berichtete ihr, dass alles in Ordnung sei. Danach herrschte Funkstille. Weil er sich auch um 14.30 Uhr noch nicht wieder aus dem Tal gemeldet hatte, alarmierte seine Frau die Bergrettung.

Eine Spur ins Nichts: Bergsteiger stürzte am Traunstein 500 Meter in den Tod
Der Bergsteiger stürzte rund 500 Meter tief in eine Schotterrinne. Bild: (BRD Gmunden)

"Wir haben keine Erklärung"

Was in der Zwischenzeit passiert war, kann Bernhard Ebner, Ortsstellenleiter der Bergrettung Gmunden, nur erahnen: "Er dürfte zuerst auf dem Normalweg in Richtung Naturfreundehaus abgestiegen sein. Sicher ist, dass er dann aber die Richtung geändert und zurück in Richtung Gipfel marschiert ist."

Zwei Gmundner Bergretter folgten gestern Vormittag den Spuren, die in einer Latschengasse plötzlich weit nach rechts verliefen und über der Felswand endeten. "Wir haben keine gesicherte Erklärung. Entweder hat der Bergsteiger den Einstieg zum Mairalm-Abstieg deutlich verpasst, oder er wollte auf einer anderen, unmarkierten Route absteigen", sagt Ebner.

Eine Spur ins Nichts: Bergsteiger stürzte am Traunstein 500 Meter in den Tod
Bernhard Ebner, Ortsstellenleiter der Bergrettung Gmunden

Gestern, kurz vor elf Uhr, beorderten die Gmundner Bergretter schließlich den Polizeihubschrauber Libelle aus Linz zum vermutlichen Absturzort.

Die Hubschrauberbesatzung entdeckte den vermissten Bergsteiger in 1050 Meter Seehöhe. Sein Leichnam wurde vom Salzburger Polizeihubschrauber kurz nach Mittag geborgen. "Die schwierigsten Einsätze sind immer jene, bei denen wir nicht mehr helfen können. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen", zeigte sich die Leitung der Bergrettung Oberösterreich gestern tief betroffen.

Sebastian U., der mit seiner Familie vor fünf Jahren nach Desselbrunn gezogen war, galt als ausdauernder und bedachter Sportler.

Der 37-Jährige, dessen Leidenschaft vor allem dem Radsport in all seinen Facetten galt, fühlte sich in den Bergen zuletzt immer wohler, war vor allem von den schroffen Wänden des Traunsteins begeistert. Der liebevolle Familienvater hinterlässt seine Frau und einen neunjährigen Sohn.

"Ein Berg wie der Traunstein verzeiht keine Fehler"
Bergretter und Autor Christoph Mizelli

"Ein Berg wie der Traunstein verzeiht keine Fehler"

Glück und Unglück liegen am Traunstein nahe beieinander. Auch Sebastian U. war von den schroffen Wänden und der Silhouette, die an klaren Tagen bis weit in den Zentralraum sichtbar ist, begeistert. Am Sonntag endete das Leben des jungen Familienvaters beim Abstieg vom Traunstein viel zu früh. Es ist der 139. Todesfall in den vergangenen 140 Jahren.

Christoph Mizelli, stellvertretender Leiter der Bergrettung Gmunden, kennt den Berg wie kaum ein anderer. In seinem Buch „Mythos Traunstein“ hat er die Geschichte des Berges penibel aufgearbeitet und ist bei fast jeder Alarmierung im Einsatz. „Ein Berg wie der Traunstein verzeiht keine Fehler“, sagt er.

„Kein blutrünstiger Berg“

Deswegen sei er aber „noch lange kein blutrünstiger Berg“. Alpine Erfahrung und ausreichend Kondition seien für eine erfolgreiche Besteigung jedoch unerlässlich.

Bis zu 20.000 Bergsteiger sind jährlich auf dem Traunstein unterwegs. Einige davon auch im Winter. „Dann ist er nur den versierten Bergsteigern vorbehalten. Steigeisen und Pickel sind ohnehin obligatorisch. Die Verhältnisse sind vom Tal aus nur ganz schwer einzuschätzen“, sagt Mizelli. Grundsätzlich rate er, nur Routen im Abstieg zu begehen, die man bereits kenne. „Der Traunstein kann schon bei einer geringen Schneeauflage ein ganz anderes Gesicht zeigen.“ Zudem sei es wichtig, Verwandten oder Freunden über die geplante Route Bescheid zu geben. Zunehmenden Leichtsinn kann Mizelli nicht erkennen: „Mit der Frequenz steigen auch die Unfälle.“

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