Gerlinde Schimpl: Die Kräuter, die sie rief
Dem Vitus Mostdipf wird ja eine Liebe zum Most nachgesagt. In Zukunft wird seine Passion wohl um Kräuter erweitert werden müssen. Gerlinde Schimpl hat ihn überzeugt und eingekocht.
Wäre Gerlinde Schimpl ein Kräutl, sie würde wohl als Pfefferminze in den Gärten wachsen. "Die Pflanze ist nicht zum Ausrotten, und sie schmeckt gut", antwortet die Kräuterwirtin mit einem breiten Lächeln auf die Frage, welches Kraut ihr am besten entspricht. Allerdings vergisst sie dabei die anderen guten Eigenschaften, die der Pfefferminze zugeschrieben werden. Immerhin zählt die Arzneipflanze des Jahres 2004 zu den beliebtesten Heilpflanzen. Sie wirkt antimikrobiell und antiviral, und sie besticht durch erfrischende, angenehme Kühlung und ätherischen Wohlgeruch. Gerne wird sie auch bei Migräne, Kopf- und Nervenschmerzen eingesetzt.
Heilwirkungen stellen sich ebenso nach einem Besuch und dem belebenden Gespräch mit Gerlinde Schimpl ein. Die authentische Art und Weise, wie sie sich um Gäste kümmert, die Bodenständigkeit, das herzliche, gewinnbringende Lachen der Wirtin – und die Sorgen scheinen vorbei zu sein. Die Kräuterwirtin ist Balsam für die Seele, und sie stärkt die Lebensgeister. Dass sich dazu auch kulinarische Glücksgefühle ergeben, ist unter erwünschte Nebenwirkungen einzureihen. Aber Achtung: Je früher man anfängt, in Hirschbach bei der Kräuterwirtin einzukehren, desto schwieriger kommt man los. "Hucknbleibn" ist garantiert. Viele Gäste erinnern sich noch an die musikalischen Abende "A lustige Eicht" mit Musikerlegende Toni Pichler.
Jungspund mit Bodenhaftung
Gerlinde Schimpl hat früh mit der Gastwirtschaft begonnen. 21 Jahre war sie alt, als sie auf dem Bauernhaus nahe dem Flugplatz Hirschbach/Freistadt die Fallschirmspringer mit Speckjause, Bratl und Most verköstigte. "A bissl’ kochen hob’ i können. So wie jeds’ Mensch bei den Bauern halt", sagt Schimpl schelmisch. Dass es ein bissl mehr war als normal kochen, zeigte sich bereits nach kurzer Zeit: Zusätzlich zu den Fallschirmspringern und Urlaubern auf dem Bauernhof füllte sich die Gaststube mit mehr Gästen. "Die Leute waren neugierig, was ein junges Mensch mit 21 Jahren auf die Füße stellt. Kochen und ein paar Spezialitäten waren damals für ein Bauernwirtshaus nicht üblich. Gut gelaufen ist es von Anfang an", erinnert sich die Kräuterwirtin.
Bald reichte die Stubn’ nicht mehr aus, die Schimpls vergrößerten die Räumlichkeiten, Taufen und Geburtstagsfeiern wurden mehr, das Wirtshaus lockte erste Busgruppen an.
Den Beginn kennzeichnete eine charmante Anekdote. "Ich bin schon seit 20 Jahren Buschauffeur, aber so lange habe ich noch nie auf das Essen gewartet", erzählt Schimpl von den Eindrücken der ersten Busgesellschaft.
Ehrliche Kräuterküche
Das hat sich heute freilich verbessert. Gleich geblieben ist der Qualitätsanspruch. Die Melange aus Handwerk und Regionalität ist stets ein Markenzeichen des Kräuterwirts gewesen. Auch wenn darum kein Bahö gemacht wird. "Das war immer schon so. Hühner, Eier, Kalbfleisch, Felder, Erdäpfel, Kraut. Das hat man einfach gehabt. Wir machen nicht bewusst auf regional. Heute schmückt sich jeder mit Regionalität. Aber es muss authentisch bleiben", sagt die 61-Jährige, die sehr wohl stolz darauf hinweist, keine italienische oder griechische Woche anzubieten.
"In einer Pizzeria gibt’s auch kein Bratl. Bei uns gibt es nur Süßwasserfisch, keinen Meeresfisch. Auch die handelsüblichen Kracherl wurden aussortiert. Die machen wir lieber selbst", sagt Schimpl.
Das passt auch besser zur Kräuterwirtin. Den Namen führt das Wirtshaus seit 2007. Immerhin wird in Hirschbach seit über 30 Jahren Kräuteranbau betrieben. Heute verarbeiten zirka 50 Betriebe gut 200 Tonnen Kräuter. "Kräuter wurden anfangs belächelt. Mittlerweile hat sich das fantastisch entwickelt. Die Mühlviertler waren halt immer schon weitsichtig", sagt Schimpl.
Auch sie gilt als Trendsetterin und beschreitet Wege, die andere nachgehen. "Wir leben Transparenz. Das ist unser Image. Das kann dir keiner nehmen und niemand kann dich kopieren."
Nunmehr führen der Sohn Gerald und die Schwiegertochter Carolin den Betrieb mit der gleichen Herzlichkeit wie die Mostdipfpreisträgerin. "Wir sind bekannt für unser Wild, für das Bratlschießen und die zwei Kegelbahnen", sagt der Sohn.
Gerlinde Schimpl bleibt im Garten und betreut die Kräuterbeete. 60 bis 100 Kräuter sind durcheinander gesetzt und strecken sich der Sonne entgegen. Darunter Zitronenmelisse und Pfefferminze. "Daraus mach’ ich Säfte. Weil sonst wird mir ja fad."