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Mithäftling geschlagen, gewürgt und versucht zu vergewaltigen: "Das ist der Teufel höchstpersönlich"

Von Thomas Streif, 09. August 2024, 12:39 Uhr
Hohe Sicherheitsvorkehrungen beim Prozess im Schwurgerichtssaal in Ried. Bild: Streif

RIED. Wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung und versuchter Vergewaltigung musste sich am Freitag ein erst 19-jähriger Innviertler verantworten. Der Hauptangeklagte wurde zu sechs Jahren unbedingter Haft verurteilt. Zudem wurde eine bedingt verhängte Haftstrafe in der Dauer von elf Monaten aus der Vergangenheit widerrufen. Ein 37-Jähriger Mittäter wurde zu acht Monaten Haft verurteilt. Das Opfer sagte: "Ich verstehe das bis heute nicht, warum so auf mich eingeprügelt wurde. Wenn es nicht mir passiert wäre, dann vielleicht einem anderen. Das ist der Teufel höchstpersönlich."

Selten herrschte in der jüngeren Vergangenheit ein derart großes Sicherheitsaufkommen im Landesgericht Ried wie am Freitagvormittag. Drei Männer, 19, 37 und 32 Jahre alt, müssen sich vor einem Schöffengericht wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung verantworten. Bewacht wird das Trio von sechs Justizwachebeamten, vier davon tragen eine Sturmhaube. Insgesamt hat das Trio 29 Vorstrafen auf dem Kerbholz, beim „Spitzenreiter“ sind es 14.

Als Haupttäter sitzt ein 19-jähriger Innviertler auf der Anklagebank. „Wir bleiben heute ruhig, egal was passiert“, sagt Richter Stefan Kiesl zum jungen Mann. Man kennt sich offenbar aus anderen Verhandlungen. Der 19-Jährige soll laut Anklage von Staatsanwalt Franz-Joseph Zimmer einen „neuen“ Mithäftling am 6. und 7. Jänner über einen langen Zeitraum immer wieder massiv geschlagen haben. Zimmer berichtet von Faustschlägen ins Gesicht, Oberkörper und Bauch sowie von Schlägen mit Gürtel und Pantoffel. Zudem wurde der Mithäftling bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt. Der Mann erlitt schwere Verletzungen, unter anderem wurden ein Abriss des Halswirbels, Wirbelbrüche, Rippenbrüche und Prellungen am gesamtem Körper diagnostiziert.

Vergewaltigung im Haftraum 

Der 19-jährige Hauptangeklagte, der athletisch und fast 1,90 Meter groß ist, muss sich außerdem wegen Vergewaltigung und Nötigung verantworten. Die brutalen Schläge und das Würgen alleine reichten dem mehrfach vorbestraften Mann offenbar nicht aus. Als wäre die Gewalteskalation nicht schon genug gewesen, hat er den Zellengenossen mit einem Bleistift vergewaltigt. „Mein Mandant beschönigt nichts. Er möchte Verantwortung übernehmen. Es ist ihm zuvor zugetragen worden, dass das Opfer offenbar in Zusammenhang mit dem Missbrauch von Kindern stehen soll. Es hat sich dann herausgestellt, dass das gar nicht stimmt. Mein Mandant weiß auch nicht, was passiert ist. Er möchte die Zeit zurückdrehen“, sagte der Verteidiger des Angeklagten. Der Richter ist überrascht: „Diese Verantwortung, dass sie meinten, das Opfer sei ein Vergewaltiger gewesen, höre ich heute zum ersten Mal.“ Die Befragung zum Vorwurf der Vergewaltigung ist dem Angeklagten unangenehm, er stammelt herum. Aufgeflogen sind die brutalen Übergriffe offenbar erst am 8. Jänner, auch das wirft Fragen auf, die jedoch nicht Gegenstand des Prozesses sind. Ein Justizwachebeamter bemerkte an diesem Tag im Duschraum die vielen Blutergüsse am Körper des Opfers.

Ein Mithäftling bezeichnete laut Gerichtsprotokoll den 19-Jährigen als extrem gewalttätig, dem es Spaß mache, andere Leute zu quälen. Richter Kiesl liest die Einvernahme eines Gefängnisinsassen vor, der den Vorfall mitbekam: „Warum wir nicht den Notfallknopf gedrückt haben, weiß ich nicht. Aber ich glaube, wir hatten Angst, sonst wären wir die nächsten gewesen.“ Die Lichtbilder mit einigen Verletzungen des Opfers, die gezeigt werden, will sich der Angeklagte nicht ansehen. „Nein, ich mag nicht“, sagt er. 

"Ich fühle mich auch schuldig"

„Es ist jetzt acht Monate her. Ich hatte Zeit, nachzudenken und ich fühle mich auch schuldig“, sagt der Zweitangeklagte. Er habe bis heute die Version, das Opfer sei ein Vergewaltiger, noch nie gehört, sagt der 37-Jährige. Er sagt, er habe drei Schläge auf die rechte Schulter und einen ins Gesicht verteilt. Er habe sich in einer Art Schockzustand befunden: „Das mit dem Bleistift war für mich eine Liga zu groß, auch wenn ich schon viel mit Kriminalität zu tun gehabt habe. Ich bin froh, wenn ich das alles vergesse. Ich bin kein Engel und war schon öfters in Haft, aber so etwas heb ich noch nie erlebt. Es belastet mich und ich habe ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht geholfen habe. Ich hatte selber Angst“, sagt der Angeklagte.

Der 32-jährige Drittangeklagte, der sich ebenfalls in der Zelle befand, bestreit eine Mittäterschaft. Er habe zu einem Justizwachebeamten gesagt, dass man das (spätere) Opfer aus der Zelle nehmen solle. Es habe aber niemanden interessiert, erzählt der Beschuldigte. Die Tat selber konnte er nicht verhindern. „Wir wollten einfach nur, dass es aufhört.“

Ein weiterer Insasse der Zelle, der in den Zeugenstand tritt, spricht von einem für ihn „traumatisierenden Erlebnis“. Er sei das erste Mal in Haft gesessen. Das Opfer habe ihm sehr leid getan, geholfen habe er aus Angst nicht. „Man ist eingesperrt in einer Zelle und kann nicht weg“, sagte der Mann.

"Das ist der Teufel höchstpersönlich" 

Auszüge der Befragung des Gewaltopfers, das kontradiktorisch einvernommen wurde, sind auf einer Videoleinwand zu sehen. „Ich verstehe das bis heute nicht, warum so auf mich eingeprügelt wurde. Wenn es nicht mir passiert wäre, dann vielleicht einem anderen. Das ist der Teufel höchstpersönlich, sagt der Innviertler. Der Haupttäter hat den Kopf gesenkt und sieht sich die Sequenz nicht an. 

Nach rund 45-minütiger Beratung gibt der Schöffensenat das Urteil bekannt. Der 19-Jährige wird zus sechs Jahren unbedingter Haft verurteilt. Zudem kommen noch elf Monate aus einer widerrufenen bedingt verhängten Haftstrafe dazu. Der 37-Jährige kommt mit acht Monaten Haft davon. Der Drittangeklagte wird freigesprochen. 

"Das ist Sadismus, das muss man so sagen. Ihr Märchen, dass sie gehört hätten, das Opfer sei ein Vergewaltiger, hat sich in Schall und Rauch aufgelöst. Ihr Opfer war wehrlos, sie haben sich daran ergötzt. Eine solche Gewalt über Stunden hinweg, kommt nicht alltäglich vor. Wir beide kennen uns. Die Aggressionsspirale dreht sich bei ihnen immer mehr", begründet Richter Kiesl das Urteil.

"Es ärgert mich massiv, dass sie gar nichts unternommen haben. Haben wir uns verstanden", sagt Richter Kiesl zum freigesprochenen Drittangeklagten. Die Urteile sind bereits rechtskräftig. 

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Autor
Thomas Streif
Redaktion Innviertel
Thomas Streif
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