Kindesmissbrauch per Webcam: Innviertler Amtsleiter in U-Haft
BRAUNAU. Sogar auf dem Gemeinde-Computer soll der 58-Jährige aus dem Bezirk Braunau für Livestreams, in denen Kinder auf den Philippinen missbraucht wurden, bezahlt haben
Es ist ein perfides Geschäft: Philippinische Kriminelle missbrauchen gegen Bezahlung Kinder in Livestreams im Netz. Auch in Österreich häufen sich derartige Fälle, nun wurde ein weiterer in Oberösterreich bekannt: Ein 58-Jähriger aus dem Innviertel soll von Jänner 2021 bis Februar 2023 mehrmals rund 35 Euro dafür bezahlt haben, über Internetplattformen beim Missbrauch mehrerer minderjähriger Mädchen aus dem südostasiatischen Inselstaat zuzuschauen. Am Montag verhängte die Staatsanwaltschaft Ried die Untersuchungshaft über den Mann, der Amtsleiter in einer Gemeinde im Bezirk Braunau ist. Er soll umfassend geständig sein.
Auf die Spur des Verdächtigen kamen die Beamten des Landeskriminalamts dank eines Tipps des „Nationalen Zentrums für vermisste und ausgebeutete Kinder“ (NCMEC) in den USA. Die gemeinnützige Organisation hat schon mehrmals die österreichischen Behörden über ähnliche Fälle informiert – zuletzt im Fall eines 37-Jährigen aus dem Salzkammergut, der ebenfalls für derartige Livestreams bezahlt hat. Später wurde bekannt, dass er auch Mädchen in seinem Umfeld missbraucht hatte – er wurde im November in Wels zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
„Besonders erniedrigend“
Im Fall des 58-jährigen Innviertlers ist noch nicht bekannt, ob er auch persönlich Kinder missbraucht hat. Das ist nun Gegenstand der weiteren Ermittlungen. Fest steht, dass er in den Livestreams Erwachsene angeleitet hat, die Kinder in „besonders erniedrigender Weise“ zu quälen. Dazu soll er sogar einen Computer der Gemeinde benutzt haben. Wie viel Geld der Verdächtige ausgegeben hat, ist laut Staatsanwaltschaft Ried noch nicht bekannt. Angesichts des Zeitraums von mehr als zwei Jahren gehen die Ermittler aber von mehreren Überweisungen aus.
Bis zuletzt suchte der 58-Jährige zudem über verschiedene englische Chat-Plattformen im Ausland den Kontakt zu mehreren unmündigen Mädchen. Er habe Kinder dazu verleitet, sexuelle Handlungen an sich selbst zu vollziehen, berichtete die Polizei. Am vergangenen Montag klickten für ihn die Handschellen.
Bei einer Hausdurchsuchung wurden mehrere Datenträger gefunden. Diese werden jetzt ausgewertet, berichtet Gottfried Mitterlehner, Leiter des Landeskriminalamts Oberösterreich: „Dazu arbeiten wir mit einem Sachverständigen zusammen. Außerdem setzen wir eigene Programme ein, die uns bei der Durchsicht der großen Datenmengen unterstützen.“
Bereits seit einigen Jahren tauchen in Österreich immer wieder Fälle solcher Kindermissbrauchs-Livestreams aus den Philippinen auf. Diese gelten als Zentrum für Kindesmissbrauch – die Nichtregierungsorganisation „International Justice Mission“ beschäftigt sich seit Jahrzehnten intensiv mit dem Thema.
Alleine 2022 wurden laut einer Studie, die die Organisation gemeinsam mit der Universität Nottingham in England erstellt hat, fast 500.000 philippinische Kinder sexuell misshandelt, um kinderpornographische Bilder, Videos und Livestreams zu erstellen. Ein Großteil der Opfer ist laut dem Bericht jünger als zwölf Jahre, die Täter in den Philippinen sind zumeist Familienmitglieder.
Die Zunahme derartiger Fälle nimmt LKA-Leiter Mitterlehner mit Sorge zur Kenntnis: „Dass es innerhalb kurzer Zeit zwei Fälle in Oberösterreich gegeben hat, zeigt, dass leider auch in diesem Bereich die Globalisierung greift.“ Die Arbeit der Gruppe Sexualdelikte verlagere sich immer stärker zu Verbrechen im Netz. Die Suche nach mehr Personal gestalte sich aufgrund der belastenden Arbeit als schwieriget.