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Seit 500 Jahren nennt man es "Salzkammergut"

Von Edmund Brandner, 20. Juli 2024, 00:04 Uhr

BAD ISCHL. Vor 500 Jahren entstand ein Buch mit dem Titel "Reformationslibell". Sein Name täuscht, es hat nichts mit Religion zu tun. Das Druckwerk sollte den damaligen Istbestand des Salzwesens im oberen Trauntal beschreiben und zugleich eine Anleitung für dessen Weiterentwicklung sein. Dabei wird die Region erstmals nachweislich als "Camerguet des Salzes" bezeichnet. Ein Begriff, der eine illustre Karriere machen sollte.

Rechtliche Bezeichnung

"Kammergut" war eine rechtliche Bezeichnung. Während die Kaiser ihr ganzes Reich Adeligen verliehen ("Lehen"), die es wiederum von leibeigenen Bauern bewirtschaften ließen, behielten die Kaiser das lukrative Salzabbaugebiet am Fuß des Dachsteins in der eigenen Hand. Die reichen Erträge daraus flossen in ihre "Kammer". Der Rechtsbegriff "Kammergut" fasste also die Betriebe und die Region zusammen, die im Privatbesitz der Kaiser waren.

Doch aus dem Rechtsbegriff wurde mit der Zeit eine Gebietsbezeichnung. Diese taucht zum ersten Mal im dritten Reformationslibell aus dem Jahr 1656 auf, wie der Goiserer Historiker Michael Kurz recherchierte. (Ein historischer Aufsatz von ihm ist die Basis dieses Berichts.) Anfangs waren das grob gesagt die Grundherrschaften Wildenstein mit Sitz in Ischl und Pflingsberg im Ausseerland. "Mit der Zeit schälte sich ein Gebiet heraus, das von Ebensee bis zum Dachstein reichte", erklärt Kurz. Gesteuert wurde die damals bereits industrielle Salzproduktion vom Salzamt in Gmunden aus. Dieses war seinerseits direkt der Wiener Hofkammer unterstellt.

Als unzugängliche und abgeschirmte Enklave (die leitenden Beamten fürchteten Industriespionage) war das Salzkammergut aus der Sicht Außenstehender ein "wildes Kurdistan", wie der Linzer Historiker Michael John es bezeichnet. Der Begriff "Salzkammergut" erhielt seine romantische Bedeutung erst, als kurz vor 1800 erste Reisende (Joseph August Schultes, Alexander von Humboldt) die Gegend erforschten und fasziniert darüber schrieben.

Im frühen 19. Jahrhundert erregte das Salzkammergut die Aufmerksamkeit von Ärzten, die nach dem Vorbild britischer und belgischer Kurbäder am Meer sich vom Salzwasser der Alpen (Sole) eine heilende Wirkung erhofften. Die Kaiserfamilie begann, ihr Kammergut zur Erholung zu nutzen. Der Rest ist Tourismusgeschichte.

Interessant ist, dass der Begriff "Salzkammergut" heute – anders als vor 500 Jahren – alles andere als klar definiert ist. Was daran liegt, dass das Salzkammergut keine Verwaltungseinheit mehr ist. 1868 wurde aus den Gerichtsbezirken Gmunden und Bad Ischl ein einheitlicher politischer Bezirk mit 20 Gemeinden.

Touristische Marke

Der Name "Salzkammergut" überlebte als schillernde touristische Marke. Er muss heute aber für einiges herhalten. Die gleichnamige Tourismusregion reicht inzwischen vom Almtal bis Hof bei Salzburg. Die OÖNachrichten packen auf ihren Salzkammergut-Lokalseiten die beiden Bezirke Gmunden und Vöcklabruck zusammen. Orte wie Lambach bezeichnen sich als "Tor zum Salzkammergut". Und die Kulturhauptstadt Europas vereint 23 Gemeinden zwischen Pettenbach und Bad Mitterndorf. Der Historiker Michael Kurz zitiert einen Gmundner Arzt, der bereits um 1900 schrieb: "Der touristische Begriff Salzkammergut hat mit dem eigentlichen Wesen des Salzkammerguts nichts gemein."

Kein Wunder, dass bis heute über die Verwendung des Begriffs gestritten wird. Die Menschen im historischen Salzkammergut (südlich des Löwendenkmals) betrachten ihre Region zurecht als "das wahre Salzkammergut": Sie haben ihren eigenen Dialekt, ihre eigene Mentalität und ihre einzigartige Wirtschafts- und Kulturgeschichte.

Aber Gmunden? Die Bezirkshauptstadt verweist gerne auf ihre zentrale Rolle in der Verwaltung der Salzgewinnung und im Handel mit dem "weißen Gold". Südlich des Traunsees ist die Skepsis dagegen bis heute groß. Jahrhundertelang wurden die Salzarbeiter vom Gmundner Kammerhof aus mit Strenge beherrscht, und noch heute blicken manche Gmundner herablassend auf Ebensee. Der Wille Gmundens, Teil des Salzkammerguts zu sein, zeigt aber immerhin, welche Strahlkraft der Mythos "Salzkammergut" bis heute hat.

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Autor
Edmund Brandner
Lokalredakteur Salzkammergut
Edmund Brandner
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