Vor 100 Jahren wurde die Bahn unter Strom gesetzt
ATTNANG-PUCHHEIM. Nach Ende des Ersten Weltkriegs war die Bahn für 22 Prozent des Österreichischen Kohleverbrauchs verantwortlich. Die junge Republik reagierte, indem sie 1920 die schrittweise Elektrifizierung des Bahnverkehrs beschloss.
Im Salzkammergut hatte der Industriepionier Josef Stern (1849– 1924) bereits zur Jahrhundertwende den Elektrolok-Einsatz auf der Salzkammergutbahn angeregt. Er wollte dazu ein Wasserkraftwerk im Gosautal errichten. Stern war ein Elektrotechnik-Pionier. Auf den Lokalbahn- und Straßenbahnlinien, die er gemeinsam mit seinem Partner Franz Hafferl errichtete, fuhren fast ausschließlich elektrische Triebwagen.
Stern war als junger Techniker in Bad Goisern dabei, als die Bahnstrecke zwischen 1875 und 1877 errichtet wurde. Gedacht war sie für die Salzindustrie: Mit der Bahn konnte die Braunkohle aus dem Hausruck effizienter zu den Sudhäusern gebracht werden. In die andere Richtung wurde der Salztransport erleichtert.
Technische Pionierleistung
1922 wurde die Elektrifizierung der Salzkammergutbahn schließlich in Angriff genommen. Es war eine technische Pionierleistung, an der sich die Unternehmen AEG Union, Siemens-Schuckert und Brown-Boveri beteiligten. Dabei wurde ein Fahrleitungssystem entwickelt, das später in ganz Österreich Anwendung finden sollte – von den genieteten Stahlstützen bis zur Nachspannvorrichtung der Drähte. Ende 1924 war die Salzkammergutbahn durchgängig elektrifiziert – als erste Vollbahnlinie der Staatsbahnen. Josef Stern erlebte den historischen Moment nicht mehr: Er war wenige Monate zuvor gestorben.
Anstelle von Dampfloks zogen nun elektrische Lokomotiven des Herstellers AEG die Züge auf der 107 Kilometer langen Strecke. Ganz anders als auf der Westbahn, wo rauchende Dampfzüge noch Jahrzehnte das Bild prägen sollten. In Attnang-Puchheim musste deshalb ein eigener, elektrifizierter Bahnsteig für die Salzkammergut-Züge errichtet werden. Dieser "Salzkammergut-Bahnsteig" war bis zum Umbau des Bahnhofs vor zehn Jahren in Betrieb.
Heute erinnert nichts mehr an die alten Elektroanlagen. Die Metallmasten wurden nach und nach durch Betonmasten ersetzt. Derzeit investieren die ÖBB 193 Millionen Euro in die historische Strecke durch das Salzkammergut. Das Geld fließt hauptsächlich in die Erneuerung der Bahnstationen und in moderne Steuertechnik.